…alle Jahre wieder… folgt auf die Adventsfeier der Senioren aus den Gäugemeinden die für die Glaubensgeschwister aus Tübingen, Tübingen-Pfrondorf, Ammerbuch-Pfäffingen und Rottenburg.
Am Dienstag nach dem Zweiten Advent war es wieder so weit. Trotz neuerlichen Frühlings im Dezember 2015. In den Vorgärten der alten Häuser in der Umgebung der Tübinger Kirche blühten die im Herbst zurückgeschnittenen Forsythien um die Wette und die Vögel zwitscherten. Viel zu milde für die Jahreszeit. Das ließ eher Frühlingsgefühle aufkommen. Aber schon wieder war ein ganzes Jahr vorbei und die Senioren zog es zur Adventsfeier. Mit dem Fahrrad, zu Fuß, teils mit Unterstützung von Rollator oder Krücken, mit eigenem Pkw oder per Taxi – so gegen dreiviertel elf herrschte reges Treiben vor der Kirche und in deren Foyer. Im Saal des Gartengeschosses warteten liebevoll weihnachtlich dekorierte Tische auf Gäste. Die Stühle davor blieben nicht lange leer. Etwa 45 der nicht mehr ganz so jungen Glaubensgeschwister aus den Tübinger Gemeinden waren gern der Einladung ihres Seniorenbeauftragten Fred Kächele gefolgt. Schon vor Beginn der Feier entwickelte sich eine nicht zu überhörende Geräuschkulisse. Ein Durcheinander von Begrüßungen und der Austausch gemeinsamer Erinnerungen. Wiedersehens- und Vorfreude auf die Feier hatten die Besucher im Herzen, und die ließen den Mund nicht still stehen.
Nach der Begrüßung durch Fred Kächele, an seiner Seite die unverzichtbare Helferin und Ehefrau Renate, sprach der Tübinger Gemeindeevangelist im Ruhestand, Werner Staiger, ein Gebet. Dann, reden macht durstig, wurde es Zeit, etwas zu trinken. Von allem war reichlich da und auch bereits Vergorenem wurde gern zugesprochen. Immerhin galt es, sich für die bevorstehenden Anstrengungen ausreichend zu stärken. Da sollte es ein reichhaltiges Mittagessen – zweierlei Fleisch, Spätzle und Kartoffelsalat – zu bewältigen geben. Alles von einem einheimischen Metzger pünktlich geliefert und so zubereitet, dass es den hohen Qualitätsansprüchen der schwäbischen Hausfrau durchaus gerecht werden konnte. Herzlichen Dank fürs Organisieren wie auch für die Gestaltung der Adventsfeier an Fred und Renate Kächele. Ersterer setzte sich nach Begrüßung und Gebet ans Keybord und spielte die Begleitmusik zum gemeinsamen Gesang: „Macht hoch die Tür“. Damit fing der musikalische Teil an. Danach „rieselte“, bei strahlendem Sonnenschein draußen, drinnen bei Kerzenlicht „leise der Schnee“, bevor die „Fröhliche Weihnacht“ besungen wurde. Fred Kächele las Geschichten vor, passend zur Adventszeit. Von einem kleinen Jungen, der aus der Weihnachtsausstellung, vom Pfarrer beobachtet, nacheinander erst Josef, dann eine Woche später Maria stibitzt. Wobei er deren Sohn in der Krippe bedroht: „Wenn ich zu Weihnachten nicht das Mountainbike bekomme, siehst du deine Eltern nie wieder!“ Nicht immer alles ganz friedlich in diesen Tagen. Da kämpft mancher höchst unchristlich mit harten Bandagen. Es folgte die Geschichte vom Tante Klärle. Der war kein Geschenk recht. Nichts Gekauftes, nichts selbst Gebasteltes. Nichts Teures. Nichts Symbolisches. Ja, so die Tante seufzend zum Schluss, das waren noch Zeiten, als das Christkindle die Geschenke noch selbst gebracht hat… “Schwätze oder singe?“, lautete die Frage. Antwort: „Vorlese!“ Na dann. Es folgte die Geschichte vom Fritzle und dem Lebkuchenherz vom Weihnachtsmarkt. Dem Buben passiert ein Missgeschick mit dem Gebäck. Das hängt an einem Band, das er um seinen Hals geschlungen hat. Nun muss er, sich hinter einer Hütte versteckend, in ziemlicher Enge einem menschlichen Bedürfnis nachgehen. Das lässt den Lebkuchen etwas feucht werden. Der gutmütige Opa stiftet einen neuen. Und, wir sind in Schwaben, den „anderen bekommt die Oma, die tunkt sowieso.“ Na dann…
Nun trat nacheinander das schon bewährte Glaubensschwestern-Duo nach vorn zum Vorlesen. Eine der Geschichten sei nachfolgend wiedergegeben. „A bissle ebbes Frommes“, so die einleitenden Worte. Ein Gebet, das einer Äbtissin zugeschrieben wird, die im 17. Jh. gelebt hat. Viele Wünsche einer älter Gewordenen an sich selbst: Geduld, kein Selbstmitleid, die eigenen Erinnerungen nicht über die anderer setzen, Hilfsbereitschaft, ohne sich aufzudrängen, Fehler zugeben können…Die Liste war lang. Fred Kächele ließ es nicht zu nachdenklich werden. Ehe das Grübeln und in sich Gehen überhand nahmen, zitierte er den Schlaumeier, der völlig einsichtig erklärte: Ja, wenn ich Fehler hätte, würde ich sie auch zugeben.
Es folgte das ausgiebige Mittagessen. Da musste der Magen durch, auch wenn an diesem Tag die anstrengende Verdauungstätigkeit ohne Mittagsschlaf oder Spaziergang zu bewältigen war. Kein Problem. Man unterhielt sich gut miteinander und im Nu war es auch Zeit fürs Kaffeetrinken. Kuchen, Torten, Butterbrezeln und, sehr geschätzt und sehr fein, Quittenbrotschnitten, fanden regen Zuspruch. Wie schon zuvor bei der Adventsfeier in Herrenberg hatten sich die Backkünstlerinnen mal wieder selbst übertroffen. Kuchen und Torten verschwanden in Windeseile vom Buffet und wurden ausgiebig und mit sichtlichem Vergnügen genossen. An diesem Tag waren gesundheitliche Rücksichten und Kalorienzählen einfach tabu.
Inzwischen war auch ein „alter Tübinger“ dazugekommen: Bezirksevangelist im sogenannten Ruhestand, Manfred Bayer. Freudige wechselseitige Begrüßung. Man hatte sich viel zu erzählen. Von lange zurück liegenden Zeiten in Tübingen und denen, die, damals noch „im Jugendlenze“, zur dortigen Kirchengemeinde zählten. Versteht sich von selbst, wenn man schon mal deren profundesten Kenner befragen kann.
Und noch eine Geschichte las F. Kächele vor. Die vom Knecht Ruprecht in der schwäbischen Fassung. Etwas bodenständiger und nicht ganz so heilig tritt die himmlische Hilfskraft im Ländle auf bei ihrem Ausflug auf die Erde. Und muss feststellen, soll man es begrüßen oder bedauern? „Bei de Badenser gibt es die auch, die Weihnachtszeit.“ Nicht zu glauben. Es folgte ein Gedicht. Die in Versform gekleidete, bei allen Gelegenheiten immer wieder formulierte Frage eines Kindes: „Mama, wann kommt`s Christkind?“ Die Antwort darf jeder sich gern selbst geben.
Man blieb gern noch länger beieinander zusammen. Wer weiß, vielleicht wurde wahr, was Fred Kächele bei seiner Begrüßung gesagt hatte. „Wenn es so richtig gemütlich ist, bleibt nur hocken. Und wenn am Abend dann die SängerInnen zur Gesangstunde kommen und auch Platz brauchen, mit denen werden wir uns schon einigen…“