„ Ihm zu glauben, zu vertrauen,…“ In diesen Tagen zwischen den Jahren, in denen nicht nur auf Vergangenes geschaut wird, sondern auch der gelegentlich bange Blick in die Zukunft sich aufdrängt, da ist guter Rat noch mehr als sonst erwünscht.
Und den gab es am letzten Sonntag des Jahrs 2013 im Kirchenbezirk Tübingen im Gottesdienst mit Apostel Martin Schnaufer. In Gärtringen, die äußerste Randgemeinde des Bezirks im Gäu, freuten sich die Glaubensgeschwister, auch die aus den Gemeinden Nufringen und Kuppingen und ?(Erstere waren eingeladen, aber unter den rund 200 Gottesdienstbesuchern am Sonntagmorgen gab es außer fast allen Gemeindevorstehern des Bezirks die/den eine/n oder andere/n, die/der woher noch gleich kam?…) über den hohen Besuch. Für die Gärtringer war die Fülle kein Problem, sie sind für ihre Gastfreundschaft bekannt in der Regio. Bis zum letzten Stuhl aus der Reserve war alles besetzt in der sonnenbeschienenen Kirche. Wie eine Gottesdienstbesucherin anmerkte, eine schöne Übung für die Diakone, jede/n irgendwie irgendwo unterzubringen. Die Herausforderung wurde souverän gemeistert.
„Schön, dass ihr Weihnachten alle gut überstanden habt,“ begann M. Schnaufer. Was er meinte, war, sich nicht vom Weihnachtsstress vollends vereinnahmt haben zu lassen. Nicht an den falschen “Baustellen“ kämpfen und dabei das Wesentliche, was mit Weihnachten verbunden ist, aus den Augen zu verlieren. Das Fest von Christi Geburt wird aus Freude gefeiert. Und nicht das Glaubensziel aus den Augen verlierend, dem gläubige Christen jeder Tag um 24 Stunden näher bringt. Sich Gottes Hand überlassend und so erleben, wie die Dinge sich gut weiterentwickeln.
„Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir!“ (Lk 1, 28) Diesen Text des Evangelisten hatte M. Schnaufer zu Beginn des Gottesdienstes verlesen. Damit ging es, abweichend vom aktuellen Kalender 2013, wieder in die Zeit vor Christi Geburt zurück. Maria seinerzeit, so der Apostel, hat sicherlich nicht, schon gar nicht sofort, verstanden, was ihr prophezeit wurde. Aber, sie hat es im Glauben aufgenommen und alles bewältigt. Ein Sinnbild für die Kirche heute, durch die Jesus an die Menschen herantritt. Jesus später am Kreuz hat seine Mutter an den Jünger und danach Apostel Johannes übergeben. Eine Parallele zur heutigen Zeit, in der Gott die weitere Entwicklung der Kirche in die Hand der Apostel gegeben hat. Er gibt so immer wieder die Möglichkeit, Vergebung und Gnade zu empfangen und das Leben mit Sinn zu erfüllen:
- Jeder Tag bringt uns um 24 Stunden der Wiederkunft Christi näher.
- Wir dürfen im Bewusstsein von Gnade und Vergebung leben.
- Menschliche Größe ist es auch, selbst großzügig zu sein, nicht nachtragend. Denn schönere Dankbarkeit für die Gnade, die einem selbst von Gott gewährt wird, kann es nicht geben.
Der Apostel griff Jesus` Gleichnis von den Weinbergsarbeitern auf: Jeder von ihnen, egal, wie lange er gearbeitet hatte, bekommt denselben Lohn. Das weckte Unzufriedenheit bei denen, die schon früh am Morgen mit der Arbeit angefangen hatten. Warum eigentlich? Sie bekamen doch das, was ausgemacht worden war. Es entspricht dem Anspruchsdenken unserer Zeit, ständig zu vergleichen im Gefühl, dauernd benachteiligt worden zu sein. Maria damals stellte sich dem Herrn und wurde dankbar. Das kann man gar nicht dick genug „unterstreichen“. Vergebungsbereit sein, die einem selbst gewährte Gnade nicht aus den Augen verlieren, das lässt zufrieden sein. Wie überhaupt soll ich einschätzen können, was einem anderen zusteht?
Maria damals – biologisch unmöglich, aber sie sollte Gottes Sohn zur Welt bringen. Bei seiner Geburt im Stall – niemand wollte die Hochschwangere und Josef überhaupt bei sich haben. Aber das sollte doch der Sohn des Höchsten sein, den sie unter ihrem Herzen trug? Ein allmächtiger Herrscher, der letztlich machtlos am Kreuz hing. Maria blieb bei ihm bis nach Golgatha. Ein Vorbild der Treue, verließ sie nicht die Gemeinschaft mit den anderen Gläubigen. Glaube hilft, Phasen zu überbrücken, in denen die Frage aufkommt, lieber Gott, siehst du eigentlich noch, was hier gerade geschieht? Maria hat ihre Partnerschaft mit Josef aufs Spiel gesetzt. Der aber bekam von Gott die Sicherheit, die er brauchte. Maria in ihrer Unerschütterlichkeit ist ein grandioses Beispiel, nicht zuletzt auch dann, wenn es um Fragen in einer Partnerschaft geht, die das Glauben schwer machen können. Wenn wir zu unserem Glauben stehen, dann kann Gott sich auch heute dazu bekennen. Aus dem Glauben heute soll das Schauen werden. Christus lässt uns nicht allein. Gott war mit Maria. Das werden wir auch erleben. Sogar dann, wenn es ganz anders kommen kann als wir uns das vorgestellt haben. Das Evangelium „funktioniert“ auch heute noch. Wir haben die Möglichkeit, Gottes Kraft durch uns sichtbar werden zu lassen im Bewusstsein: Unser Herr kommt.
Der Vorsteher des Nachbarbezirks Nagold, Werner Schick, ein Gärtringer, war auch eingeladen worden. Er ging in seinem Beitrag zum Gottesdienst u. a. auch noch einmal auf Maria ein. Bei der Hochzeit zu Kanaan, als der Wein ausging, war sie sich sicher: Jesus würde ein Wunder bewirken können. „Was er euch sagt, das tut!“. Was mag sie vorher schon alles mit ihrem Sohn erlebt haben, dass sie sich so sicher sein konnte? Wir heute sollen auch sicher sein im Bewusstsein, Gott wird seine Verheißungen wahr machen. Das weiß auch der Böse, deshalb lässt er nichts aus, wenn er es schon nicht verhindern kann, es doch zu verzögern, dass er auf ewig gebunden sein wird. Seine Machenschaften sollen uns nicht irritieren können.
(Mindestens) ein Geburtstagskind zählte zu den Gottesdienstbesuchern: Der Vorsteher der Nachbargemeinde Nufringen, Dietmar Marquardt. Er freute sich über sein besonderes Geburtstagsgeschenk, den Gottesdienst am Sonntagmorgen mit hohem Besuch. Damals bei Maria ging es um den Glauben. Heute in unserer hoch technisierten Welt, in der alles möglich erscheint, wenn nicht heute, dann morgen, was soll da noch Glaube? Wichtig ist, dass wir ihn (vor-)leben, dann können wir ihn auch anderen nahe bringen.
Bischof Georg Kaltschmitt zitierte aus dem zu Beginn gemeinsam gesungenen Lied (Neuap. Gesangbuch Nr. 329, Text Gerhard Tersteegen, 1697 – 1759). In der dritten Strophe heißt es: „Ich umfasse, die dir dienen…“ . Auf die besondere „Dienerin“ Maria eingehend, freute er sich geradezu, dass es hier eine Frau war, die im Mittelpunkt steht. Sonst ist es meist so, dass die Männer in biblischen Texten angesprochen werden, was dann den Zusatz erfordert…gilt auch für die Glaubensschwestern…Damals hat Maria, eine Frau, den Herrn aufgenommen, erkannt, dass er alles ist. „Ich wünsche mir eine Gemeinde, in der jede/r weiß, es ist Gottes Gnade, dass ich dort sein darf. Deren Grund ich nicht kenne. Und damit keinen Grund habe, auf andere herabzusehen.“
Und, auf die zweite Strophe eingehend. „O wie lieb ich, Herr, die Deinen,…“ Maria ist auch da ein Beispiel. Sie hat letztlich nur drei Jahre „aktiver“ Zeit ihres Sohns miterlebt. Und sie ist ihm treu geblieben. Was haben wir schon mit Gott erlebt. Und da sollten wir ihm nicht die Treue halten?
Nicht sich selbst zum Maß aller Dinge machen. Ein Gegenbeispiel ist Johannes der Täufer. Letztlich hatte er eigene Vorstellungen, trotz allem, was er mit Jesus erlebt hatte, die ihn davon abhielten, ihm folgen zu können. Damit soll Johannes nicht verurteilt werden. Aber Vorsicht ist angebracht, um nicht in den Fehler zu verfallen, die eigene Meinung überzubewerten. Mit der Folge, Gnade für sich selbst für überflüssig zu halten.
M. Schnaufer machte vor der Feier des heiligen Abendmahls die im Vaterunser enthaltenen Bitten ganz besonders bewusst:
Mit dem Hochhalten der eigenen Meinung schaffen wir nur Konflikte – im Bewusstsein eigener Schwäche sich vor Gott verneigen: Dein Wille, Dein Name…und als Sünder sich beugen und um Vergebung von Schuld zu bitten. „Im Bewusstsein göttlicher Gnade treten wir jetzt in unserer ganz persönlichen Situation vor den Herrn.“
Die Gärtringer Glaubensgeschwister bekamen ein besonderes nachträgliches Weihnachtsgeschenk: Einer ihrer Diakone wurde zum Priester ordiniert. Immer freundlich, immer präsent und zuverlässig und insbesondere bei der stattlichen munteren Knabenschar in der Gemeinde – das munter ist wörtlich zu nehmen – sehr beliebt, schätzen ihn alle Gemeindemitglieder. Außerdem gibt es unter den hochbetagten Glaubensgeschwistern in der Gemeinde niemanden, der nicht schon Gelegenheit gehabt hätte, sich von dem Diakon umsorgt fühlen zu können. Und das wird sich im neuen Amt gewiss nicht ändern. „Als Priester Gottes für Versöhnung stehen, in seinem Namen Vergebung aussprechen, das kann man als wunderschönes Erlebnis verspüren und noch viel mehr erleben. Sie werden erfahren, schon bevor Sie eine Aufgabe angehen, der liebe Gott ist schon da.“ Und, auf den Nachnamen des zu diesem Zeitpunkt noch zukünftigen Priesters anspielend, hieß es: „Die Gemeinde freut sich auf einen Priester, dessen `Schönheit` nicht nur im Namen steckt.“ Tut sie ganz gewiss, die Gemeinde Gärtringen.
Das war er dann, der Gottesdienst mit dem „neuen“ Apostel in Gärtringen. Wie hieß es doch am Ende „Ich freue mich aufs nächste Mal und auch aufs Schlusslied.“ Vorfreude ist ganz schön, aber zu lange ausdehnen sollte man sie auch nicht…
Das Schlusslied folgte schon mal schnell. „Jauchzet und singet in dankenden Chören…“ stimmte der gemischte Chor, bewährte und wie immer souveräne Leitung Bärbel Hagenlocher, an (Neuap. Chorbuch Nr. 267, Text nach Heinz Wigmann, 1904 – 1983). Der hatte mit vielen SängerInnen aus allen drei Gemeinden für die musikalische Umrahmung des Gottesdienstes gesorgt. Einem der gesungenen Lieder ist auch das Eingangszitat entnommen (Neuap. Chorbuch Nr. 274, Text nach Hermine Rau von Gustav Krüger, geb. 1925).