Am Mittwochabend fand in der Gemeinde Jettingen nach 74 Jahren der letzte Gottesdienst statt.
In den letzten Jahren sind die Mitgliederzahlen zurückgegangen und für ein eigenständiges Gemeindeleben stehen nicht mehr ausreichend Amts- und Funktionsträger zur Verfügung. Viele Glaubensgeschwister, auch etliche ehemalige Jettinger und Amtsträger im Ruhestand hatten sich zu diesem besonderen Gottesdienst versammelt. Zukünftig gehören die Glaubensgeschwister zur Nachbargemeinde Öschelbronn. Einige der Gemeindemitglieder werden auch die Gottesdienste in Herrenberg besuchen.
Apostel Martin Schnaufer wählte als Grundlage für den Gottesdienst aus Psalm 23 die Verse 1 und 2: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser“.
Der Gemeindechor stimmte ein mit dem Lied: „Meine Seele ist stille in dir“. Darauf nahm Apostel Schnaufer Bezug und meinte, dass er beim Anhören des Liedes an so manche Veränderungen gedacht habe, die man als Mensch erlebt. Und wie man dann damit umgeht. Gut, wenn man mit Veränderungen so umgehen kann, wie es der Liederdichter gemeint habe, nämlich die Kraft aufzubringen, stille zu Gott zu sein und sich Gott und seiner Führung anzuvertrauen.
„Ich bin überzeugt, dass dieser 23. Psalm schon für viele Menschen eine große Kraftquelle ist. Im Bild vom Hirten und den Schafen wird das besondere Verhältnis von Jesus Christus zu den Glaubenden beschrieben“.
Bis heute sei Gott für seine Kinder als Hirte zu erleben, in der Weise, dass er sie mit allem Notwendigen versorgt, in Wort und Sakrament, er Kraft gibt in Belastungen und durch sein Nahesein Sicherheit und Geborgenheit schenkt. „Er ist da, für jeden Einzelnen, in allen Verhältnissen und sorgt dafür, dass niemand Mangel haben muss, so der Apostel.
In weiteren Gedanken vertiefte der Apostel das Wort des Herrn: „Ich bin der gute Hirte“ und das damit verbundene besondere Verhältnis der Gläubigen.
Er freute sich auch darüber, dass er vor dem Gottesdienst erfahren habe, dass das gewählte Textwort dasselbe ist, das beim Gemeindegründungsgottesdienst verwendet wurde. „Da schließt sich ein Kreis“ empfand der Apostel und zog eine positive Bilanz über das Wirken Gottes in der Gemeinde in vielen Jahren. Voller Dankbarkeit könne die Gemeinde den Blick zurück wenden für alles, was in der Gemeinde im Segen gewirkt wurde. Und es sei heute nicht das Ende, sondern die Entwicklung gehe weiter, an einem anderen Ort. „Der Hirte bleibt der gleiche!“ Er forderte alle Zuhörer auf, sich in der neuen Gemeinde aktiv einzubringen und mitzugestalten, nicht auf der „Zuschauertribüne“ Platz zu nehmen. Am Beispiel der „goldenen Regel“ rief er dazu auf: „Warte nicht ab, sondern tue das, was du dir von anderen wünschst, mache du den ersten Schritt“. So mögen alle den Blick zuversichtlich nach vorne richten.
Bezirksevangelist Werner Lampprecht, der seit 2021 auch als Vorsteher der Gemeinde diente, wurde anschließend um eine Predigtzugabe gebeten.
Im Gottesdienst empfingen zwei Kinder das Sakrament der Heiligen Versiegelung. Nach der Feier des Heiligen Abendmahls setzte Apostel Schnaufer mit herzlichen Worten der persönlichen Wertschätzung und des Dankes den langjährigen und bewährten Amtsträger Priester Klaus Illner in den Ruhestand.
Bezirksevangelist Lampprecht gab im Anschluss mit dem Verlesen der Gemeindechronik noch einen Einblick in die Geschichte der rund 74 Jahre eigenständigen Kirchengemeinde. Neben seinem persönlichen Dank brachte er auch seine Zuversicht zum Ausdruck, dass durch Bündelung der Kräfte beider Gemeinden, zukünftig ein intensiveres und lebendiges Gemeindeleben möglich werde.
Mit dem Chorlied; „Freuet euch in dem Herrn“ klang der letzte Gottesdienst in der Gemeinde Jettingen aus.