Die Glaubensgeschwister in der Universitätsstadt und die aus ihren Nachbargemeinden erleben gemeinsam den Gottesdienst am vorletzten Sonntag vor Weihnachten
"Macht hoch die Tür, die Tor` macht weit; .."
(Nr. 1, Gesangbuch für den neuap. Gottesdienst, Text Georg Weissel, 1590 - 1635)
spielte vor dem Gottesdienst die Tübinger Instrumentalgruppe. Die Vorsteher aller Gemeinden des Kirchenbezirks waren der Einladung zum letzten Gottesdienst im Jahr 2016 im Bezirk Tübingen mit dem Apostel gefolgt. Bezirksvorsteher Klaus von Bank und sein Stellvertreter Werner Lampprecht waren gekommen. Und nicht nur die Tübinger, sondern auch die Glaubensgeschwister aus Pfrondorf, Ammerbuch-Pfäffingen und Rottenburg waren zum Gottesdienst gekommen.
"Herzlich willkommen zum Dritten Adventssonntag", begann der Apostel. Es ist schön, diese alljährlich wiederkehrende Zeit mit Freude und Leben zu erfüllen. Advent beschränkt sich nicht auf ein kalendarisches Erlebnis. "Öffne dich für den Herrn." Schon vor Jahrhunderten haben sich die Kirchenväter etwas dabei gedacht, die Adventszeit an den Beginn des Kirchenjahrs zu stellen. Alles bedeutet Jesus Christus und seine Geburt. Ein großes Geschenk und Gottes Weg zu Heil und Erlösung. Bis heute - das Heilsereignis. Der Advent ist ein Spiegelbild unserer heutigen Erwartung des Seelenbräutigams. Die Aufforderung, in die Richtung unser Leben zu gestalten. "Machet die Tore weit..." (Ps 24, 9) bedeutet: Mach dein Herz für ihn auf!
M. Schnaufer ging anschließend auf besondere Stationen im Leben Jesus` ein:
Jesus weinte vor Jerusalem. Er hatte versucht, die Menschen um sich zu versammeln. Er hatte seine göttliche Sendung gezeigt und bewiesen. Mit menschlicher Philosophie hatte das nichts zu tun, was zu Missverständnissen führte. Allen ausnahmslos wollte er nichts als helfen. Niemanden ausschließen. Er appellierte an jeden: Mach dein Herz auf für deine Erlösung. Vergebens.
Beim Abschied von seinen Jüngern konnte er ihnen Schmerz nicht ersparen. Er wusste und sagte es auch, dass sie nun Traurigkeit haben werden. Und dennoch hieß es: Eure Freude soll niemand von euch nehmen. Die Adventszeit heute, die Zeit der Erwartung des Gottessohns, ist auch mit mancher Niederlage und vielen Enttäuschungen verbunden. Im Vordergrund steht dennoch Jesus` Zusage: Ich will euch wiedersehen. Dieses zu ihm Heranführende soll die Adventszeit für uns sein. In eine Zukunft, die alles Irdische überstrahlt. Eine Adventszeit mit "Zukunftsvertrag" und Geborgenheit in der Gegenwart. Mit jedem Tag voll Freude und Hoffnung, sich auch in einer Niederlage geborgen in Gott fühlen können.
Zu Beginn des Gottesdienstes war ein Text aus dem Alten Testament vorgelesen worden:
"So spricht der Herr, dein Erlöser, der Heilige Israels: Ich bin der Herr, dein Gott, der dich lehrt, was dir hilft, und dich leitet auf dem Wege, den du gehst." (Jes 48,17)
Das Textwort fordert uns auf: Sei dir bewusst, in welcher besonderen Situation du bist mit deinem Gott. Ich lehre dich, was dich weiterbringt. Als das Volk Israel aus Ägypten zog, zeigte Gott auf dessen Weg seine Allmacht. Aber es musste auch bereit sein, das anzuerkennen und sich danach auszurichten. Der Herr schuf die Voraussetzungen dafür, den schweren Gang durch die Wüste schaffen zu können. Sein Volk musste ihm folgen, das war dessen Aufgabe.
Jesus hat mit seinem Leben und seinem Opfertod die Grundlage für unsere Erlösung gelegt. Ohne ihn und das, was er getan hat, wäre alle Hoffnung auf Erlösung vergeblich. Für uns gilt auch, uns danach auszurichten und Unbequemlichkeiten in Kauf zu nehmen. Das geht nur im Glauben an ihn. Und bedeutet, seine Lehre anzunehmen und alles, was wir tun, an seinem Evangelium auszurichten.
Gott ist der Maßgebende - ohne sein mächtiges Eingreifen wären die Voraussetzungen für ein ewiges Leben nicht gegeben. In der Folge göttlichen Handelns ist es an uns, sein Angebot demütig anzunehmen: Ich will dir eine Zukunft schenken, die alles andere toppt.
Das Evangelium schadet auch dem, der christliche Grundsätze ablehnt, als ethische Grundlage für sein Handeln nicht, Vielmehr sind sie gut für eine Gesellschaft. Aber das Evangelium ist mehr: Es soll uns zu unserem Heil führen. Zu Christus in eine Gemeinschaft, die mehr ist. Die Regeln des Evangeliums als Garantie für ein erfolgreiches Leben? Sicher nicht, auch wenn es kein Nachteil ist, sie zu befolgen. Aber sie sind nicht dazu gedacht, unser irdisches Leben zu optimieren. Man kann danach sein menschliches Profil entwickeln. Das kann durchaus hilfreich sein. Entscheidend aber ist, dass es zu Christus hinführt, alles andere ist nachrangig. Der wahre Nutzen ist die ewige Gemeinschaft mit Gott. Es annehmen ist Voraussetzung, um als Erstling dabei sein zu können, wenn Christus wiederkommt. Wer das annimmt, der nimmt auch die Aufgaben an, die Gott stellt. Ist bereit zum Verzicht auf anderes. Jesus wird wiederkommen und wir können sicher sein, dass er das zum richtigen Zeitpunkt tun wird. Sein Kreuz auf sich zu nehmen, ist nicht immer angenehm. Es verpflichtet, die eigene Kreatur abzulegen und gegen die Knechtschaft der Sünde anzukämpfen. "Lasst uns `ja` sagen zum Hinführen zu Jesus. Er ist bei uns alle Tage in unserer persönlichen Adventszeit, die nicht vom Kalender abhängt. Jesus wird uns hinführen zu seinem Vater."
Evangelist Hans-Jürgen Stegmeyer, Vorsteher der Gemeinde Bondorf, betonte, dass die Aussage des Textworts Grundlage der Geborgenheit in Gott ist. Sie vermittelt ein besonderes Gefühl der Sicherheit, Wärme und Zuwendung. Was muss ich tun, um den größtmöglichen Erfolg meines Glaubens erleben zu können. Was fehlt mir noch dazu? Orientiere dich an Gott. Halte seine Gebote. Versuche, aus dem Glauben heraus das Gute zugunsten des Besseren zu lassen. Nachfolge muss aus dem Befolgen des Evangeliums resultieren. Paulus lehrte, ihr seid zur Freiheit geboren. Im Alten Testament war das Gesetz allein maßgebend. Im Neuen Testament führt die Freiheit dazu, dass das Gebot des Handelns aus unserer Herzenseinstellung resultiert.
Werner Lampprecht ging auf die zeitlichen Dimensionen ein: Dankbar sein dürfen für Vergangenes, in der Gegenwart der Advent mit dem Erwartungsgefühl und die Zusage, eine ewige Zukunft haben zu dürfen. In der Vergangenheit Jesus` Opfer, heute in den Aposteln Gott erleben dürfen und einen Glauben haben können, daran, dass Jesus wiederkommen wird, um die Seinen zu sich zu nehmen. "...der dich liebt auf dem Weg, den du gehst...", das bedeutet nicht, dass unser natürliches Leben durch ihn optimiert wird. Jesus kam, um uns eine Zukunft bei ihm und seinem Vater zu ermöglichen. Er starb für alle Menschen, die diese Zukunft wollen.
Vor der Feier des heiligen Abendmahls betonte M. Schnaufer noch einmal, dass Advent das Hinführen in eine Zukunft bedeutet, in der Jesus die Seinen holen wird, um sie mit zu sich zu nehmen. Ein wesentlicher Teil des Evangeliums, der Frohen Botschaft, ist die Erlösung von den Sünden. Dazu bedarf es unseren Glaubens und der richtigen Einstellung. Gegen manche Unversöhnlichkeit, die über Jahre gehen kann, steht Gottes Großzügigkeit. Es liegt an einem selbst, man muss dafür, jeder für sich, kämpfen, um seine Gnade vollen Umfangs erleben zu können. Wenn das auch oft schwerfällt, dann sich fragen, wie passt mein Verhalten zu Jesus` großem Opfer.
Drei kleine Kinder sollten in diesem Gottesdienst das Sakrament der Heiligen Versiegelung empfangen. "...der dich lehrt, was dir hilft...", so der Apostel zu Beginn seiner Ansprache an die Eltern. Das bezieht sich nicht auf den Erziehungsauftrag der Eltern. Wir sind nicht Gott. Aber er schenkt den Eltern großes Vertrauen und will sie lehren, was nützlich ist, um ihre Aufgaben zu erfüllen. "Er hat das Vertrauen, dass ihr die richtigen Eltern für eure Kinder seid." Die ihnen Schwerpunkte vermitteln. Vieles beibringen im Alltag. Rat geben können. Ihnen schrittweise deutlich machen, dass es mehr gibt als das irdische Leben. Ihnen das Gefühl geben, sich in einer Welt, die das so nicht kennt, nie verlassen fühlen zu müssen. "Aus der Liebe heraus werdet ihr die Weisheit haben, die Kinder dies spüren zu lassen. Ihr Empfinden dafür zu schärfen, dass Gott mit im Boot ist, der sie schützt. Wenn ihr unsicher seid, könnt ihr Gott immer darum bitten, dass er euch diese Weisheit schenkt."
Nach dem Gottesdienst wünschte Martin Schnaufer allen gesegnete Tage und schöne Stunden in der kommenden Weihnachts- und Festzeit.
"Sich hinführen lassen, zu Jesus, das ist immer wieder ein Grund zur Freude."