Am Nachmittag des dritten Adventssonntags gab es in der neuapostolischen Kirchengemeinde Tübingen ein ganz besonderes Event.
In dem fast bis auf den letzten Platz gefüllten Gebäude wurde ein Musical aufgeführt. Auch oder gerade wer über gute Bibelkenntnisse verfügt, musste stutzig werden. Hatte man was überlesen oder vergessen? Bethlehem und Räubernest?
Aufführende waren 28 Kinder, kleine und größere, als, ja tatsächlich, auch Räuber, ausgesprochen finstere Gesellen, unrasiert und ob sie sich schon mal gewaschen hatten, lassen wir besser dahinstehen, neben Hirten, Engeln, den Weisen aus dem Morgenland u.a. Dazu zahlreiche Instrumentalisten und zwei Glaubensschwestern, die die Leitung wie schon zuvor die gesamte Probenarbeit übernommen hatten. Eine der beiden war auch die Erzählerin, die dem Publikum das Geschehen erläuterte.
Das Ganze begleitet von einer Rahmenhandlung: Ein älterer Mann, Jakob, erzählt seiner Nichte Rahel aus seinem früheren Leben. Im Blickpunkt ist die altbekannte Weihnachtsgeschichte der Geburt Jesu Christi, allerdings zusätzlich mit den bislang unbekannten Protagonisten. Eine Räuberbande, zu der vor vielen Jahren eher unfreiwillig, aus der Not heraus, auch Onkel Jakob gehörte. Die rauen Gesellen hatten sich heimlich im Stall von Bethlehem eingenistet und werden nun Zeugen des zum Teil auch ihr Leben verändernden Geschehens: Josef und die hochschwangere Maria werden von einem mildtätigen Wirt in genau diesem Stall einquartiert, weil wegen einer Volkszählung, zu der jede/r sich eben in diesen Tagen in seinem Geburtsort einzufinden hat - Anweisung der römischen Besatzungsmacht - es im ganzen Ort kein freies Bett mehr gibt. Josef ist schon ganz bang wegen der unmittelbar bevorstehenden Geburt. Er macht ein sehr skeptisches Gesicht. Das lässt einen der Räuber zur Freude des Publikums frohlocken, dass er ein Mann ist, die glücklicherweise keine Kinder bekommen können.
Die wegen der Volkszählung gekommenen Menschenmassen wären normalerweise für die Räuber fette Beute gewesen. Dieses Mal nicht. Es ist alles plötzlich so anders: Ein Engel verkündet den Hirten auf dem Feld die Frohe Botschaft von der Geburt des Heilands. Die lassen sogar ihre Schafe im Stich, um nach Bethlehem zu gehen. Das gefundene Fressen für uns, denkt sich die Bande, denn nagender Hunger plagt sie. Da käme ein Lammbraten gerade recht. Man hört auch die Schafe blöken, aber zu sehen, geschweige denn für die Räuber zu finden, ist partout keins. Wieder etwas, was den Rahmen des Üblichen sprengt.
Nun ist schon alles egal, wenn sowieso nichts klappt, jetzt können wir auch nach Bethlehem gehen, lautet der Beschluss der Bande. Was sie dort sehen zu sehen bekommen… auch drei Weise, Könige, aus dem Morgenland, sind angereist. Mit Schätzen als Geschenke für das in der Krippe liegende Kind, die jedes Räuberherz höher schlagen lassen müssen. Aber die alten Verhaltensmuster, wo sind sie geblieben?
Und da passiert es - einige Räuber bis auf die (hoffentlich nicht) auf ewig Unbelehrbaren stimmen mit ein in den allgemeinen Jubel des Schlusschors, gemeinsam mit Engeln, Hirten, den drei Königen, Josef, Maria und wer sonst noch da ist:
„Ein heller Stern in dunkler Nacht, hat uns zu diesem Kind gebracht. Wo dieser Schein ein Herz erhellt, zeigt sich der Retter dieser Welt.
Ehre sei Gott in der Höhe!“
Zurück zur Rahmenhandlung: Onkel Jakob fand natürlich aus der Illegalität heraus und wurde später ein Begleiter Jesus` - Ende gut, alles gut. Und das Schöne daran - kein Märchen, diese Weihnachtsgeschichte, sondern 2000 Jahre später immer noch lebendige Verheißung. Schwungvoll wurde sie dem Publikum an diesem Adventsnachmittag mit temperamentvollem Spielen, Singen und Musizieren aus der „Räuberperspektive“ nahegebracht. Großen Applaus gab es. Und auch an dieser Stelle ein herzliches Danke an alle, die mit Engagement, viel Arbeit, aber bestimmt nicht ohne Spaß an der Sache - jedenfalls sah es auf der „Bühne“ ganz so aus, dass die Akteure mit viel Freude dabei waren - zu einem besonders schönen Dritten Advent beigetragen haben.
Aber damit nicht genug – am Dienstag, 27.12.2011 um 17 Uhr gibt es hier noch mal die Aufführung des Stücks:
Forum Fasanenhof, Fasanenhofstr. 27, 70565 Stuttgart
(Der Eintritt ist frei, Spenden sind sehr gern gesehen…)