Die Trauerfeier unter der Leitung von Bischof Urs Heiniger fand am Dienstag, 19. Dezember 2017, im bis fast auf den letzten Platz besetzten Kirchenschiff statt.
"Vater, ich weiß, dass alles Leid, sei`s Trübsal oder Schmerz,
mir Segen bringt, mich näher führt zu dir ans Vaterherz."
(Vers 3 Nr. 220, Chorbuch für den neuap. Gottesdienst, Text Helen R. Young 1900, Allie Starbright)
Dankbarkeit dafür, Walter Stockinger gehabt haben zu dürfen, als großer Segen für die ihm Anvertrauten, sei es in der Familie oder in der Gemeinde. Und sicher auch Dankbarkeit bei ihm, der nun sehen darf, was er geglaubt hat. In seinem Gebet zu Beginn des Gottesdienstes brachte der Bischof beides zum Ausdruck.
Auf das von einem großen gemischten Chor zuvor gesungene und eingangs zitierte Lied eingehend, hieß es: Großes Leid, ja, denn der Ehemann, Vater und Großvater ist in die Ewigkeit gegangen. Aber der würde sagen, bei aller Trauer, denkt daran, mit diesem Schritt von der Zeitlichkeit in die Ewigkeit bin ich etwas näher beim himmlischen Vater. "Näher zu dir, mein Gott ...", wie es im Refrain des Lieds heißt. Jeder Schritt muss auch ein Glaubensschritt sein, das hat der Heimgegangene vorgelebt. Und er weiß sicher, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Obwohl es von der Trauerfamilie so schmerzhaft erlebt wird: Er ist nicht mehr da. Das tut weh. Der himmlische Vater möge in allem Leid Kraft und Mut geben.
"Aber ich achte mein Leben nicht der Rede wert, wenn ich nur meinen Lauf vollende und das Amt ausrichte, das ich von dem Herrn Jesus empfangen habe, zu bezeugen das Evangelium von der Gnade Gottes." (Apg 20, 24). Ein Text aus der Abschiedsrede Paulus` in Ephesus. Ihm war klar, dass er nie mehr dorthin kommen würde. Er resümierte, wie großartig der himmlische Vater immer mit ihm gewesen war. Die Bedeutung des eigenen Lebens war ihm nicht wichtig, sondern nur, seinen Amtsauftrag zu erfüllen und so seinen Lauf zu vollenden.
Damit leitete der Bischof zum Lebenslauf Walter Stockingers über, den der zum Teil selbst aufgeschrieben hatte. 1936 in Herrenberg geboren und später nach Stuttgart verzogen. Der Vater fiel im Zweiten Weltkrieg und der erst sieben Jahre alte Walter verspürte es. Sah das vor sich und empfand es ganz deutlich, bevor überhaupt der Brief mit der offiziellen Todesnachricht kam: "Mama, der Papa kommt nicht mehr." Stuttgarter Bombennächte, Wohnungsnot und Mangel am Notwendigsten ließen die Mutter mit Walter und seiner jüngeren Schwester wieder in ihren Heimatort Oberjettingen ziehen. Nachkriegselend, Besatzungszeit, unzulänglicher Schulunterricht ...
Es kam ab 1950 eine Ausbildung zum Blechner "beim Daimler" und anschließend dort die berufliche Tätigkeit. 1952 bekam Walter Stockinger über die Großmutter väterlicherseits Kontakt zur Neuapostolischen Kirche und wurde dort Mitglied. Schnell war er Unterdiakon. Weitere Ämter folgten, bis er 1978 das des Evangelisten empfing. Zuerst war er Gemeindevorsteher in Mötzingen, ab 1992 in Jettingen, bis zum Ruhestand im Juli 2001. Das ergibt 49 Jahre in einem Amtsauftrag, mit zusätzlichem Aufgabenbereich, sei es als Dirigent und auch als Jugendleiter.
Noch in jungen Jahren lernte er "seine" Else kennen. Geheiratet wurde 1956. Nach einer Totgeburt wurden der Sohn Hilmar und später die Tochter Sonja geboren. Inzwischen gibt es vier Enkelkinder. Die ehrenamtliche seelsorgerische Tätigkeit war eine Herausforderung auch für die Familie, die den Ehemann und Vater immer mit anderen teilen musste. Im Ruhestand blieb er bis fast zuletzt unermüdlich tätig: Als Sänger im Chor. Und zusammen mit seiner Frau besuchte er Glaubensgeschwister in Heimen und Krankenhäusern. Dem Nächsten helfen und nicht das Irdische in den Vordergrund stellen, nach dieser Maxime hat er gelebt. Und durfte feststellen, so seine eigenen Worte: Mein Leben war Gnade.
Noch einmal zum Textwort: Auch Walter Stockinger wollte das Evangelium bezeugen. Er hat es gelebt. In dessen Sinn gearbeitet, indem er einfach für die ihm Anvertrauten da war. In jeder Situation das Evangelium leben, das bezeugt mehr als noch so viele Worte es vermögen. Er hat bewusst die Gnade ergriffen. Das soll auch das Bild bleiben, das den Angehörigen vom Ehemann, Vater und Großvater bleibt. Kein Heiliger, aber jemand, der ernsthaft seinen Glauben gelebt hat. Er wusste, wenn ich die Welt verlasse, habe ich ein Heim, wo ich nicht im Ungewissen bin. "Lasst uns das mitnehmen als sein Vermächtnis."
"Und wir dürfen uns auf das Wiedersehen mit ihm freuen", so Erich Maier, jetzt Gemeindevorsteher in Jettingen. Er hatte als Jugendlicher Stockinger erlebt, der als sein Jugendleiter, zuständig für die Gäugemeinden, allen immer an vorderster Stelle voranging. Und dabei ein Vorbild an Demut und Bescheidenheit war. Erich Maier hatte ihn jetzt während dessen Krankheit ein dreiviertel Jahr lang intensiv begleitet. "Ein Pionier im Werk Gottes", so Maier zum Schluss. "Wir freuen uns auf das Wiedersehen mit ihm."
Es wird den Opa gefreut haben, so die Anmerkung des Bischofs zum musikalischen Abschluss: Überirdisch schöne Klänge, für die eine Enkeltochter mit ihrer Geige zusammen mit dem Orgelspieler sorgte.
"Treff ich dich wohl bei der Quelle in dem Reich der Herrlichkeit? ...
Lass uns streben zu der Quelle, dort beim Vater ist es schön.
O wie freut sich meine Seele auf ein solches Wiedersehen!"
(Aus Vers 2 Lied Nr. 411, Gesangbuch der Neuap. Kirche, Melodie Philipp Paul Bliss)