„Kleine gute Taten, jedes liebe Wort, machen diese Erde dir zur Himmelspfort.“
Eine große Gemeinde hatte sich in Herrenberg versammelt. Die Pandemie bedingten aktuell gültigen Hygienevorschriften hatten es erlaubt, die Glaubensgeschwisteraus Gäufelden-Nebringen, Gäufelden-Öschelbronn, Jettingen und Mötzingen einzuladen. Gärtringer und Nufringer konnten am Gottesdienst per Live-Übertragung in die Gärtringer Kirche teilnehmen. „Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir ! (Jes 60, 1). Eine Vertonung dieses Bibeltextes, der Zions Herrlichkeit beschreibt, spielten ein Pianist und ein rein weibliches Instrumentalensemble zu Beginn. Apostel Martin Schnaufer ging darauf ein: „Nein, es wird nicht verschwiegen, dass es die Finsternis und das Dunkel gibt. Aber, über dir geht auf der Herr mit seiner Herrlichkeit.“ Was mag wohl noch alles kommen, fragt sich bange der Mensch. Nein, das lässt sich auch nicht schönreden. Es hinterlässt seine Spuren. Aber, das ist nicht das Ende der Geschichte, denn über dir geht auf der Herr. Gideon konnte die Midianiter besiegen, weil der Herr für ihn die Schlacht schlug (vgl. Ri 8). Elia, mutlos angesichts einer Übermacht, bekam von Gott zu hören: Erfülle deinen Auftrag, ich bin doch auch noch da. (vgl. 2. Kön). Jesus` Verheißung seiner Wiederkunft, um die Seinen zu sich zu nehmen, die steht immer noch über allem. Gott hat uns nicht aus seinen Augen gelassen. Er sorgt für uns, aber nicht nach unseren Vorstellungen. Christus` Wirken sollte nicht die irdischen Probleme lösen. Ja, er warf die Ungläubigen aus dem Tempel in Jerusalem (vgl. Joh 2, 12 - 22). Aber der Gottessohn hatte eine andere Perspektive. Sein Reich war nicht von dieser Welt.
Danach ging Martin Schnaufer auf das eingangs verlesene Textwort ein. „Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (1. Joh 4, 16). Gott ist Liebe – der dreieinige Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Der Sohn als wahrer Mensch und wahrer Gott. Er war der erste Mensch, der beim Vater einzog. Der Heilige Geist, der einen Tempel schafft, der nicht aus Stein gebaut ist, sondern aus lebendigen Seelen. Gott ist Liebe. Im Johannesevangelium (Joh 10, 30) heißt es dazu: Ich und der Vater sind eins. So, wie er mich liebt, liebt er die Meinen. Der Heilige Geist macht die Liebe erfahrbar. Er ist überall präsent und erfüllt Jesus` Zusage, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. (Mt 28, 19). Es ist immer Gott, der wirkt. Er, der will, dass wir mit ihm in enger Gemeinschaft sind. Entsprechend der Sohn, der will, dass die, die ihm vom Vater gegeben sind, mit ihm sind in seiner Herrlichkeit. (vgl. Joh 17, 24).
Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen. Von Jesus` Wesen können wir lernen. Seine Sendung war, das Opfer zur Erlösung der Menschen zu bringen. Als einziger Mensch, der zu 100% dem Willen Gottes entsprach. Gott wurde Mensch und starb aus Solidarität zu den Menschen. Gott wird Mensch, stirbt, fährt gen Himmel und kommt wieder. Seltsames Procedere, könnte man meinen. Aber das kann dahinstehen. Wichtig ist, dass der Heilige Geist uns führt und leitet, wir ihm vertrauen und Gott lieben.
Im 1. Johannesbrief heißt es, du kannst nicht Gott lieben und deinen Bruder hassen. (vgl. 1. Joh 4, 20). Den Nächsten zu lieben wie sich selbst (vgl. Mk 12, 31) bedeutet auch, sich selbst annehmen zu können. Das Wesen Gottes ist Liebe. Er ist Liebe. Auch mein Wesen soll immer mehr Liebe werden. Das geschieht nicht auf Knopfdruck, sondern braucht Zeit. Viele kleine Dinge, die zusammenkommen, können auf Dauer Großes bewirken, so wie es die Verfasserin des eingangs zitierten Liedtextes beschreibt. (Gesangbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 235, Vers 4, Text Julia A. Carney, 1824 – 1908). In ihrer Gesamtheit führen sie zum Ziel. Vor dem Gottesdienst war vom Klavier ein Potpourri mit Variationen der Melodie des Lieds gespielt worden.
„Gott ist Liebe und wer darin bleibt, der bleibt auch in der Gemeinschaft, die aus dem gleichen Wesen besteht. Ich will die Liebe weitertragen, von der ich lebe und in der ich bleiben will. Gott möge mit uns sein. Wir freuen uns auf die enge Gemeinschaft mit ihm, wenn wir ihn sehen wie er ist.“
Drei weitere Beiträge zum Gottesdienst gab es. Der stellvertretende Bezirksvorsteher Holger Knop (Tuttlingen): Liebe – Liebe hat uns in unserem Leben Menschen zur Seite gestellt. Was tun wir? Das Wichtigste ist, dass wir selbst auch Liebe geben. Sie ist uns ins Herz gegossen. Und einer ist immer da, der Liebe schenkt: Gott. Das erkennen, Liebe geben, ist einfach, wenn es gut läuft. Und wenn nicht? Wir wollen immer mit der Liebe leben und immer soll sie von uns ausgehen.
Der stellvertretende Leiter des Bezirks Schwenningen, Jürgen Armbruster, wies darauf hin, dass, wenn wir uns immer bewusst machen, Gott ist Liebe, ich noch viel an mir arbeiten muss. Erkenne ich wirklich seine Liebe? Adam und Eva hatten ihr Problem damit. Gott verwies sie aus dem Paradies, weil sie der Sünde nicht widerstanden hatten. Und zeigte aber auch seine Liebe zu den Menschen, indem er versprach, seinen Sohn zu schicken. Zu deren Erlösung von der Sünde. „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“ (1. Joh 4, 19). „Tragen wir es so weiter.“
Bischof Urs Heiniger ermunterte dazu, aus der Liebe heraus die eigenen Gaben einzusetzen. Andere können viel mehr? Was ich immer tun kann ist beten. Wer die Liebe in sich trägt, der bewertet andere nicht. Als Jesus seine Jünger diskutieren hörte, wer denn nun der Größte unter ihnen sei, gab er die Antwort: Der, der allen dient. (vgl. Mt 23, 11). „Lasst uns darum kämpfen, dem Heiligen Geist mehr Raum zu geben. In Gedanken, im Alltag, in unseren Herzen!“
Martin Schnaufer fuhr fort: Die Gemeinschaft ist keine Einbahnstraße. Vielmehr ist für die Richtung Gottes Wille maßgebend. Weil wir ihn lieben und ihm vertrauen. Nehmen wir uns Jesus als Vorbild. Mit dem Vorsatz: Der Heilige Geist soll der Tröster und die treibende Kraft in meinem Leben sein. Im Heiligen Abendmahl jetzt erleben wir eine besondere Gemeinschaft. Wir werden nicht zurückgewiesen. Die Liebe sagt: Komm, wie du bist. Wir sind demütig, bedauern, was nicht so gut gelaufen ist und wollen es zukünftig anders und besser machen. Dazu möge Gott seinen Segen geben.
Zwei kleine Kinder, ein Junge aus Nebringen und ein Mädchen aus Herrenberg, sollten das Sakrament der Heiligen Versiegelung gespendet bekommen. Weshalb sich auch Musiker aus beiden Gemeinden die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes teilten. Der Orgelspieler war ein Herrenberger, Pianist und Instrumentalensemble kamen aus Nebringen. Vier von Spielerinnen daraus waren das Gesangsquartett, das jetzt die Heilige Versiegelung musikalisch vorbereitete: „Wo Gottes große Liebe in einen Menschen fällt, da wirkt sie fort in Tat und Wort hinaus in unsre Welt.“ (Jugendliederbuch der Neuap. Kirche Nr. 96, aus Vers 1, Text Manfred Siebald, 1973). Apostel Martin Schnaufer zu Beginn: Mit dem Heiligen Geist wird Gottes Liebe ausgegossen. (vgl. Röm 5, 5). Das möge auch die nächste Generation erkennen: Gott ist Liebe. Sein Geschenk an euch ist euer Kind. Stellt Gott in die Mitte. Seid den Kindern ein Vorbild. Ihr könnt ihnen das Urvertrauen zum himmlischen Vater mitgeben. „Schenk die Gabe des Heiligen Geistes. Sei du nun der Wirkende.“, so der Apostel, bevor er das Sakrament durch Handauflegung spendete.
Im Schlussgebet folgte der Dank an Gott: Du liebst uns jeden Tag. Dein Wesen ist die Liebe. Es gibt so viel Leid, Sorgen, Krieg, Hunger … „Schenk Frieden und das, was Menschen brauchen.“
Schon zu Beginn hatte Martin Schnaufer „die etwas größere Besetzung als sonst im Gottesdienst in Herrenberg“ angesprochen. Der Grund: Seit fast drei Jahren – die Pandemie – war es wieder möglich, im Kreis der Bezirksämter des Bereichs Freiburg/Tübingen, aktiv und im Ruhestand, und ihrer Familien zusammenzukommen. Sie nahmen am Gottesdienst teil. Dank an die Glaubensgeschwister in Herrenberg gab es schon vorab: Sie hatten die Verpflegung der Gäste und einen späteren Ausflug organisiert. Aus zuverlässiger Quelle ist bekannt, dass es zwar noch nicht in himmlische Höhen, unter anderem aber zum Schönbuchturm gehen sollte. Von dort oben hat man einen wunderbaren Ausblick über Baumwipfel hinweg bis zu Alb und Schwarzwald. Den Herrenbergern war es auch gelungen, wie hatten sie das geschafft, den für diesen Tag angesagten Gewitterregen in die späteren Abendstunden zu verlegen.