Die Glaubensgeschwister in Horb nehmen per Livestream am Gottesdienst teil.
„Komm heute, komm!“
(Refrain Lied Nr. 135 Gb der Neuap. Kirche: O kaufe aus die Gnadenzeit, Textdichter unbekannt)
Aus gutem Grund konnten auch die Horber dank technischer Möglichkeiten am Gottesdienst teilnehmen. Aber dazu später. Im Eingangsgebet wies der Apostel darauf hin, dass Menschen nun eben mal so sind: Sie haben ihre Grenzen. Es gelingt ihnen nicht alles. Trotzdem – Gott sind sie willkommen. Er gibt Gnade. Dafür sind wir dankbar. Wir dürfen mit offenen Fragen zu ihm kommen. “Lass die Kraft deines Geistes wirken!“
Danach hieß es: Wir können uns gemeinsam freuen, dass Gott uns als Gemeinde haben will. Kommt her, nicht nur die mit Sorgen beladenen Seelen. In einer Gemeinde treffen die unterschiedlichsten Befindlichkeiten aufeinander. Der eine freut sich über seine Erfolge in der letzten Woche. Der andere hätte gut auf die gerade vergangenen Tage verzichten können. Jetzt im Gottesdienst in kurzer Zeit alle ansprechen, ein unlösbares Problem? Nein, Gott schenkt Gedanken. Es gibt keinen Zustand, der dafür ein unüberwindbares Hindernis wäre. Die Gemeinschaft mit dem Herrn ist völlig unabhängig von der jeweiligen Verfassung des Einzelnen. Ob gerade Freude oder Leid erlebt werden, immer ist die persönliche Begegnung mit Gott möglich. So, wie bei Christi Wiederkunft die persönlichen Verhältnisse unerheblich sind. Der eine wird angenommen, der andere nicht, obgleich sich beide in derselben Situation befinden (vgl. Mt 4, 40 ff). An uns liegt es, würdig zu sein. Die Begegnung mit dem Herrn zu pflegen und die dauerhafte Verbindung zu ihm zu halten. Sich fragen, wie hätte Jesus gehandelt? Was hätte der Heilige Geist dazu gesagt? Unser Leben ist die Vorbereitung auf die ewige Gemeinschaft mit Gott und seinem Sohn. Dabei dürfen wir auf seine Allmacht und sein Verständnis setzen.
„Jesus sprach zu ihm: Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib`s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!“ (Mt 19, 21). Das Bibelwort für den Gottesdienst war der Schilderung von Jesus` Begegnung mit dem Reichen Jüngling entnommen. Zur Erläuterung des Hintergrunds ging der Apostel auf die damaligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ein: Pflicht der Juden war, gesetzesorientiert zu leben. Wer das tat, durfte stolz sein auf sich. Äußerlich sichtbarer Wohlstand galt als persönliches Verdienst: Reichtum, viele Nachkommen und Gesundheit. Andere, die krank, kinderlos und arm waren, waren damit die Underdogs. Sie galten nichts. Der Reiche Jüngling durfte daher aus seinen äußeren Lebensumständen schließen, dass er alles richtig gemacht hatte. Nun ging es ihm um das ewige Leben. Für ihn folgerichtig stellte sich die Frage, was er dafür zu tun habe (vgl. Mt 19, 16). Jesus verweist auf die Einhaltung einzelner Gebote, die er aufzählt (Mt 19, 18 ff). Aber, das allein reicht nicht zur Vollkommenheit. Vielmehr folgt: Verzichte auf deinen Reichtum. Das kann der Jüngling nicht. Fragen wir uns, ob uns diese Haltung immer völlig fremd ist.
Jesus verweist auf die Einhaltung der Gebote und zusätzlich auf das der Nächstenliebe (Mt 19, 19). Er verknüpft das Erreichen des ewigen Lebens mit der Einstellung zum Nächsten. Werden wir dem gerecht? Wie sieht es mit meinem Beitrag zur Gemeinschaft aus, wie viel wert ist mir mein Nächster? Wir alle sind jeweils Teil einer Familie und auch einer Gemeinde. Merkt man unserem Verhalten das Streben nach dem ewigen Leben an? Oder sehen wir nur das eigene Tun und der andere ist mir egal. Der Reiche Jüngling hatte seinen Wohlstand, seinen Erfolg. Darauf verzichten? Wir halten auch Manches für nicht verzichtbar, aber das entspricht nicht dem göttlichen Maßstab.
Gott gibt nicht alles. Er erklärt uns nicht alles. Vielmehr sagt er: Willst du vollkommen sein, dann verzichte auch mal und vertrau mir. Lass dieses und jenes mal los. Das ist die Einladung zur ewigen Gemeinschaft mit ihm. Im Irdischen wird nicht immer alles so weitergehen wird, wie es uns vielleicht recht ist. An der Stelle setzt das Thema „Vertrauen“ ein.
Auf den „Reichtum verzichten“ umfasst nicht nur das Eigentum, sondern auch die innere Haltung, die eigenen Gedanken. Wie schätze ich meinen Nächsten ein? Nicht so toll und ich distanziere mich von ihm? Jesus wandte sich jedem zu. Er verdammte den Reichtum nicht, aber er wollte, dass der Mensch verantwortungsvoll damit umgeht. Die Jünger hatten, um Jesus nachfolgen zu können, alles aufgegeben, was ihnen wichtig gewesen war. Wer das tut, dem soll es hundertfach vergolten werden und er soll das ewige Leben haben (vgl. Mk 10, 30). Halten wir die Verbindung zu Gott, auch dann, wenn die äußeren Umstände mal nicht so sind. Er kann auch im irdischen Leben helfen, ja. Wichtiger aber sind ewiges Leben und ewiges Heil. Priorität: Die dürfen durch nichts gefährdet werden. Auf Gott vertrauen – beginnt dort, wo das Verstehen aufhört. Er will Gemeinschaft mit uns haben. Nichts sollte uns dafür zu schwer oder zu leicht sein. „Meine Liebe zum Herrn sieht man an der zum Nächsten und zu Gott. Die macht unser Leben reich.“
Danach folgte die Überleitung zur Sündenvergebung und Feier des heiligen Abendmahls: Jetzt lädt Jesus uns zum heiligen Abendmahl ein. Wir können das, was wir mit uns herum tragen, los werden. Darauf gibt es keinen Anspruch. Es ist ein Gnadengeschenk. „Komm heute, komm!“, wurde dazu mit dem eingangs zitierten Refrain des zur Vorbereitung gespielten Lieds liebevoll eingeladen.
Drei kleinen Kindern sollte das Sakrament der Heiligen Versiegelung gespendet werden. Zuvor erklang die Melodie eines Lieds mit einem innigen Wunsch als Refrain: „Sei du mit mir!“ (Chorbuch Nr. 148, „Herr, den ich tief im Herzen trage, sei du mit mir.“, Text Emanuel Geibel, 1815 – 1884). „Dass wir ihn im Herzen tragen, sieht man an dem, was wir tun.“, begann Martin Schnaufer vor der Heiligen Versiegelung der Kinder durch Handauflegung seine Ansprache an deren Eltern. Die Kleinen werden schnell mitbekommen, wie wir leben, was für uns normal sein sollte: Dass wir uns bemühen, Jesus als Vorbild zu nehmen. Kinder haben ein Gespür dafür, was uns wichtig ist oder ob wir nur so tun als ob. Jesus als Vorbild nehmen, sich an ihm orientieren, um im irdischen Leben eine ewige Perspektive zu haben. „Ich wünsche euch dazu Weisheit und das Erleben, dass der Herr da ist.“
Danach wurde ein Priester aus der Gemeinde Horb in den Ruhestand versetzt. Er war nach vorn zum Altar gekommen. Der Apostel zitierte aus einem Schreiben des Horber Gemeindevorstehers: Der Priester habe alles mit ganzem Herzen getan und so, mit seiner offenen, sympathischen und freundlichen Art, Zugang zu den Glaubensgeschwistern gehabt. Ihn prägte ein unerschütterliches Gottvertrauen. Immer war er da, wenn er gebraucht wurde. Er war sich für nichts zu schade. Sein Umgang mit den anderen ließ ihn deren Herzen gewinnen. „Sie treten nur formell in den Ruhestand, aber werden weiter der in Ihrer Gemeinde sein, als den man sie schätzt.“ Der Dank des Apostels für 34 Jahre Amtsträgertätigkeit galt auch der Familie des jetzt „Priesters im Ruhestand“, denn ohne deren Unterstützung wäre dessen Tun nicht möglich gewesen.
Nach dem Gottesdienst bedankte sich Martin Schnaufer für die schöne Gemeinschaft in der Gemeinde Nagold, die nicht zuletzt auch durch die Musik an diesem schon vorfrühlingshaften Sonntagmorgen ein besonderes Gepräge hatte. Ein Streichquartett und eine Organistin hatten sich dieser Aufgabe angenommen und sie einfühlsam, wohl- und nachklingend wunderbar bewältigt. Dafür herzlichen Dank.