Viele Vorsteher aus dem noch neuen, „großen Bezirk Nagold“ nehmen am Gottesdienst teil.
„Hier ist Jesus, hier ist Gnade, unverdient aus Gottes Hand. …“
(Gesangbuch der neuapostolischen Kirche Lied Nr. 138, Textdichter unbekannt)
Vor dem Gottesdienst war u. a. die Melodie dieses Lieds von einem weiblichen Instrumentaltrio - Orgel und Violinen – gespielt worden. Im Eingangsgebet dankte Apostel Martin Schnaufer für die Möglichkeit, Gott erleben zu können. Der Heilige Geist möge Enttäuschten, Verzweifelten eine andere Perspektive schenken: Auch wenn es oft anders scheint, Gottes Gnade ist da, für alle. Das möge Mut und Zuversicht bewirken.
„Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr`s denn nicht? Ich mache einen Weg in der Wüste und Wasserströme in der Einöde.“ (Jes 43, 19). Nach der Verlesung des Bibelworts hatte das Trio musikalisch um „seligen Frieden, köstliche Gab, … Frieden, den keine Wolke mehr trübt“ (Gb Nr. 290, Text Erhard Christoph Poppe, 1804 – 1878) gebeten. Der Apostel erinnerte an die Befindlichkeit der Jünger Jesu. Sie hatten in der Zeit mit ihm so Vieles von ihm erfahren, mit ihm zusammen erlebt, und doch überkam sie, nachdem er nicht mehr als Lebender unter ihnen war, Unbehagen, sie bekamen Bedenken. „Friede sei mit euch!“, war sein Gruß, wenn er noch einmal zu ihnen kam (vgl. Lk 24, 36). Sie wussten, er ist da. Das Vertrauen kam wieder. Der Kreislauf von Enttäuschungen und Verletzungen gehört zum Menschen dazu. „Lasst uns auf Jesus schauen. Wenn er da ist, bleiben wir nicht in negativen Erfahrungen gefangen.“
„Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jes 43, 1), begann der Apostel auf den Kontext des Bibelworts einzugehen. Der liebende Gott hat dich erwählt. Nicht etwa, weil du etwas Besonderes bist. Sondern, „weil du teuer bist in meinen Augen … und weil ich dich lieb habe.“ (vgl. Jes 43, 4). Gott wollte mit der Menschwerdung seines Sohns einen „neuen Adam“ schaffen, der zu 100 % seinen Willen lebt. Einen neuen Bund sollte es geben, der keine Grenzen kennt, keine Unterscheidung nach Völkern. Vielmehr ein neues Ziel hat: Ausgerichtet nicht mehr „nur“ auf Frieden und Wohlstand, sondern auf ein ewiges Leben bei Gott. „Ich bin getauft und Gott geweiht …“ (Gb Nr. 309, Text Friedrich Dörr, 1908 – 1993) zitierte der Apostel aus dem zu Beginn des Gottesdienstes gespielten Lied. Damit ist eine Erneuerung verbunden. Wir müssen uns von manchem vertrauten menschlichen Denken verabschieden wie etwa: Allen, die nichts glauben, geschieht nichts Übles. Andere genesen schneller als ich, sie reüssieren im Beruf und überhaupt… Ich dagegen, ich bekomme eine ganz schlechte gesundheitliche Prognose - hast du, Gott, mich vergessen? Es ist falsch, zu denken, dass, geht es jemandem gut, das der Segen Gottes ist und im umgekehrten Fall seine Strafe. Den Zusammenhang gibt es nicht. Wir halten seine Gebote nicht und schon kommt „schlechtes Wetter“? Tappen wir auch nicht immer wieder in die Falle, dass Gott uns vergessen haben könnte. Das ist ein gedanklicher Trugschluss. Wir können erleben, dass er für uns Türen öffnet.
Zum neuen Ziel, ewig bei Gott, gilt das nur für die Erstlinge? Gott will bis zum Ende des Tausendjährigen Friedensreichs jeden eingeladen haben (vgl. Offb 20). Es gibt eine nicht nur kleine Chance. Uniformität ist nicht gefordert. Unterschiede können uns nicht trennen, denn alle werden von Jesus geliebt. Vielmehr bereichern sie, denn jeder hat eine andere Aufgabe. Aber nur, wenn wir untereinander durch Liebe verbunden sind, gelingt es uns, entsprechend dem Jahresmotto neuapostolischer Christen 2022 „Gemeinsam in Christus“ etwas zu schaffen.
Ja, das weiß ich alles, aber dann, im Alltag tappe ich in die Falle: Die Dinge laufen nicht so … Aber fest steht, der Herr will sein Werk vollenden. Paulus hatte unter seinem „Pfahl im Fleisch“ zu leiden (vgl. 2. Kor 12, 7), den Gott ihm nicht hinweg nahm. Der Herr vollendet in Schwachheit (1. Kor 12, 9). Seine Kirche, sein Werk „schwächelt“, ist nicht überall stark und glänzend? Trotzdem: Gott wendet sich jedem Einzelnen zu. Der Heilige Geist wird uns von einer Wahrheit zur anderen führen (vgl. Joh 16, 13), im Hinblick auf Christi Wiederkunft. „Lasst uns die Augen offen haben, nicht nur Wüste und Einöde sehen. Es gibt einen Weg und Wasserströme zu unserer Erquickung. So wird es auch die Erfüllung der großen Verheißung von Christi Wiederkunft geben.“
Priester Joachim Kienle, Vorsteher in der Gäugemeinde Bondorf, freute sich zu Beginn seines Beitrags über das Zusammenwachsen, das Entstehen eines Zusammengehörigkeitsgefühls der „alten“ und der „neuen“ Nagolder Gemeinden. Freuen wir uns daran, trotz aller Unterschiedlichkeit. Darin liegt ein Segen. „Gott hilft gerade mir nicht? Und ich habe alles getan und gemacht. Trotzdem kommt immer wieder was um die Ecke. Wie soll das bloß weitergehen?“ Dann nicht wegrennen. „Freuen wir uns vielmehr auf die gemeinsame Zukunft und gehen so auf unser aller Glaubensziel zu!“
Apostel Schnaufer weiter: Die Wiederkunft Christi ist nicht unser „Notausstieg“. Wir dürfen unser Leben genießen im Bewusstsein, es gibt etwas, das darüber hinaus geht. Gott sagt: Sieh es doch wieder richtig. Es geht nicht darum, Recht zu haben. Um gewinnen und verlieren. Sondern um Liebe und Gnade. Gott zählt nicht unsere Verdienste. „Wir treten jetzt vor ihn, ohne jeden Anspruch, gemeinsam um Gnade bittend, um dann vorbehaltlos gemeinsam neu anfangen zu können.“
Nach der Sündenvergebung und der Feier des heiligen Abendmahls wurde für die Gemeinde Ebhausen ein Diakon ordiniert. Martin Schnaufer bedankte sich für dessen Bereitschaft, dem Ruf Gottes zu folgen, in dessen Hand sein Werkzeug zu sein. „Die Verbindung zu ihm halten, eins zu sein im Brüderkreis, das bedeutet die neue Aufgabe.“ Oft ist man bei deren Erfüllung in der Situation, keine Antwort zu haben. Aber ich weiß, Gott ist die Liebe. Ihm kann ich vertrauen. Im darauf folgenden Schlussgebet war eine Bitte, nicht nur für den Diakon, sondern für alle: „Lass uns erleben, dass du zu uns hältst!“
Nach dem Gottesdienst bedankte sich Martin Schnaufer für die offenen Herzen an diesem Abend. Und die Musikerinnen drückten mit der Musik von Johann Sebastian Bach „Jesu, meine Freude“ (BWV 147) mal andächtig verhalten, mal schwungvoll aus, wer die Herzen öffnet und wem man sie getrost öffnen kann:
„Jesu, meine Freude, meines Herzens Weide, Jesu, meine Zier.
Ach, wie lang, ach lange ist dem Herzen bange und verlangt nach dir!
Gottes Lamm, mein Bräutigam,
außer dir soll mir auf Erden nichts sonst lieber werden.“