Im großen Saal eines Herrenberger Hotels weihnachtet es schon mal sehr.
Renate Wießner, zuständig für die Organisation und Durchführung der Veranstaltungen für Senioren in den acht Gäugemeinden des Bezirks Tübingen, und ihr Team von Helfern hatten wieder ganze Arbeit geleistet. Pünktlich um 11 Uhr standen schön gedeckte und weihnachtlich dekorierte Tische bereit für die Gäste. Renate begrüßte sie und gab das Mikrofon weiter an Bezirksevangelist Werner Lampprecht. In seinem Eingangsgebet lag ihm am Herzen, dass die Feier jedem das Gefühl gebe, in einer Gemeinschaft und nicht allein zu sein. Die vielen Beschwerlichkeiten, die das Alter so mit sich bringen kann, waren auch Thema seiner Ansprache. Er erinnerte an Hiob, dem es erst prächtig und dann entsetzlich schlecht ging. Und in der Situation kamen die Mutmaßungen vermeintlicher Freunde obendrauf: Unverschuldet trifft einen solch Elend nicht. Da waren sie sich sicher. Hiob musste auf einem ganz harten Weg lernen, zu erkennen, dass er auch in solchen Situationen von Gott geliebt wird. "Ihr könnt sicher sein, dass Gott will, dass wir alle unser Glaubensziel erreichen.", schlug Lampprecht die Brücke zum Neuen Testament und damit in die Gegenwart und die Zukunft gläubiger Christen. Es folgte der Dank an Renate und ihre Helfer.
Und schon konnte es mit dem Programm losgehen. Gemeinsam gesungene Weihnachtslieder, andere vom Chor 60+ vorgetragen, den Gerlinde Kleemann leitet und dirigiert. Außerdem spielte eine Instrumentalgruppe aus dem Kreis der Senioren, dazwischen wurden die Geschichten von der Weihnachtsmaus und vom Engel Aurelius, in wechselnden Besetzungen, erzählt. Wer kennt sie nicht, die Weihnachtsmaus, die in der Adventszeit aus dem Nichts auftaucht. Sie muss überdimensionierte Schuhe tragen, denn in die wird ihr in der Adventszeit alles hineingeschoben, was an Gebäck und sonstigen leckeren Dingen verschwindet. Kein Wunder, dass sie ab Heiligmorgen bis zum nächsten Ersten Advent nicht mehr zu sehen ist. Wer spielt schon gern den Sündenbock. Dem Engel Aurelius, dem mit seiner Harfe und seinen Hallelujagesängen eine Karriere im Himmelsorchester vorschwebt, wird vom Oberengel die Aufgabe zuteil, drei Erdenbewohnern je einen Wunsch zu erfüllen. Mit der Eilwolke geht es ab zu denen unten. Triviale Dinge wünscht man sich dort. Alles weit unterhalb himmlischer Engelsmöglichkeiten. Frustration ist noch eine milde Umschreibung für des Engels Gemütszustand bei der Rückkehr zum Himmel. Sein Weihnachtswunsch an den Oberengel: "Bitte, bitte, schick mich nie wieder auf die Erde!" Noch ein gemeinsam gesungenes Lied, die Hirten rufend, damit sie das liebliche Kindlein schauen mögen, und...
... es kamen die dienstbaren Geister des Hotels, um pünktlich um 12 Uhr das Mittagessen zu servieren. Drei verschiedene jeweils dreigängige Menüs waren im Angebot. Nach dem Essen konnte man sich die Beine vertreten, faul im Saal hocken bleiben und gar nichts tun oder aber mit den anderen schwätzen. Beschert wurde auch. Jeder bekam ein weihnachtlich mit einem Strohstern und einem Sprüchle: "Dankbare Menschen entdecken überall Geschenke." verziertes, liebevoll verpacktes Vesperbrett, darauf: ein Paar Würschtle und ein Täfele Schokolade, sozusagen Hauptspeise und Dessert. Jetzt, gegen 14 Uhr, kam durch das Nachwuchsorchester des Bezirks Tübingen, das mit seiner Dirigentin Janina Rentschler inzwischen gekommen war, jugendlicher Schwung in die Veranstaltung. Etwaige nachmittägliche Schläfrigkeit vertrieben die Musiker durch mitreißende Klänge: "Süßer die Glocken nie klingen...", wurde, jetzt putzmunter, von allen mitgesungen. Danach kamen weitere Instrumentalstücken, darunter auch weniger Adventliches. Z. B. "sah" man durch die Adventsdekoration hindurch den kleinen grünen Kaktus, damit es nicht zu rührselig wurde.
Es gab auch noch eine mit verteilten Rollen vorgelesene Geschichte: "Wo kommen denn die Strohsternle her?", wurde eine berechtigte Frage geklärt. Antwort: Das hängt auch mit der Geschichte der Geburt Christi zusammen. Des besseren Verständnisses wegen wurde die kurzerhand ins Ländle verlegt. Also zogen vor zweitausend Jahren die hochschwangere Maria und ihr Mann Joseph von Trochtelfingen nach Markgröningen, dessen Geburtsort. Es war von der wenig geschätzten römischen Besatzungsmacht eine Volkszählung angeordnet worden. Damit es dabei kein Durcheinander gab, musste sich jeder da registrieren lassen, wo er zur Welt gekommen war. In Markgröningen war es rappelvoll. Kein Hotel hatte ein freies Zimmer. Ein kurz angebundener, aber umso geldgierigerer Wirt stellte beiden immerhin für teuer Geld seinen Stall zum Übernachten zur Verfügung. Zum Glück hat Joseph beim Geburtsvorbereitungskurs gut aufgepasst und verlangt sofort nach Valium und Sagrotan, als die Wehen bei seiner Frau einsetzen. Das Kind kommt zur Welt und wird fachgerecht von seinem Vater gewindelt. Den Klettverschluss für die Windeln improvisiert er aus zwei Stückle vom Muckefänger. In der Nacht dann kommen sie in den Stall: Die Hirten und die Heiligen Drei Könige mit ihren Geschenken. Sie hinterlassen Weihrauch, Myrre und auch ein paar Krügerrand. Also kein Traum, was sie erlebt hatten, stellt das Ehepaar am anderen Morgen fest, als sie die Schätze finden. Der Wirt bekommt etwas vom neuen Reichtum ab, wird ganz zugänglich und gibt noch ein Vesper mit für den Heimweg. Und, jetzt kommt´s: Beim Aufräumen des Stalls leuchtet in der Futterkrippe, in der das Jesuskind gelegen hatte, das Stroh ganz golden. Die Magd bastelt Strohsterne daraus, schmückt damit die Fenster der Herberge und bringt sie so zum Leuchten. "Und deshalb hat jeder auf seinem Geschenkle heute auch ein Strohsternle!", hieß es.
Noch etwas Musik und im Hintergrund wurde das Kuchenbuffet gerichtet. Des Hineintragens der mitgebrachten Werke der heimischen Back- und Konditorkunst nahm es schier kein Ende. Als es hieß, das Ganze sei nun zum Verzehr freigegeben, bildete sich sofort eine lange Schlange vor dem Buffet, durch die hindurch der Chronist sich seinen Weg zum Ausgang suchen musste.
Auf dem Programm standen nach dem Kaffeetrinken noch ein gemeinsam gesungenes Lied, Schlussworte, sicherlich der Dank an die Musiker, die das Durchschnittsalter der Teilnehmer letztlich doch erheblich verringert haben dürften, und ein Gebet, gesprochen von Gemeindeevangelist Carsten Dehner (Herrenberg), der eh da war, weil er mit seinem Cellospiel aus der Instrumentalgruppe nicht hinweg zu denken ist.