Viele Glaubensgeschwister, aus Gärtringen und anderen Gemeinden des Kirchenbezirks Tübingen, Nachbarn und Freunde des Verstorbenen wollen zusammen mit der Familie irdischen Abschied von "unserem Paul" nehmen.
"Gott ist die Liebe."
Der Satz war der "roter Faden" schon vor der Trauerfeier in einer bis auf den letzten Zusatzplatz besetzten Gärtringer Kirche. Ein Lied mit diesem Text wurde als erstes von vielen vor der Trauerfeier gespielt von einem Instrumentalensemble aus Mitgliedern der großen Familie des Verstorbenen. Da war es die Melodie eines altbekannten Kinderlieds der Neuapostolischen Kirche. Später, in anderer Vertonung, besang der gemischte Chor, Leitung Bärbel Hagenlocher, die göttliche Liebe zu allen Menschen. Egal, ob in der diesseitigen oder der jenseitigen Welt.
"Nur still sein zu Gott, der meine Hoffnung ist.", bezog sich Gemeindevorsteher Werner Löhmann, Leiter der Trauerfeier, auf das gerade verklungene, mit Begleitung der Orgel zu Beginn gesungene Lied des gemischten Chors ("Sei nur stille zu Gott, meine Seele, ... ", Text Ps 62, 6, Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst Nr. 458). "Nur still sein zu Gott." Keine leichte Aufgabe. Man hat so viele Fragen im Herzen. Es gibt so viele Antworten. Und trotzdem: Werde stille zu Gott. Er wird helfen und bei euch sein.
"Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du guter und treuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!" (Mt 25, 21). Jeder kann treu sein. Aber nicht jeder schafft es. Paul Nonnenmacher war treu.
Im Folgenden wurde auf seinen Lebenslauf eingegangen, wie ihn die Angehörigen schildern. Geboren am 1.10.1922 in Gärtringen. Nach dem Volksschulabschluss erst mal keine Lehrstelle gefunden und im Straßenbau gearbeitet. Dann ergab sich die Möglichkeit, in Stuttgart-Vaihingen eine Lehre in einem handwerklichen Beruf zu machen. Danach am 02.10.41 die Einberufung zur Wehrmacht. Ostfront, Kaukasus, Frankreich und im August 1943 in Montpellier folgte die lange Kriegsgefangenschaft. Über Afrika nach Amerika, im Frühjahr 1946 nach Frankreich und von dort am 7.10.1948 nach Gärtringen entlassen. Es fand sich eine Arbeitsstelle beim Daimler. Dort blieb er bis zur Rente im Oktober 1962. Im November 1955 hatte er seine Ehefrau Lydia geheiratet. Aus der Ehe gibt es heute drei Kinder, zwei Mädchen, einen Jungen. 1963 verstarb die Frau. Paul war nun alleinerziehender Vater, der den Lebensunterhalt verdienen musste. Um die Kinder kümmerten sich seine Mutter und seine Schwester, Maria und Maria. Tagsüber ins Geschäft und danach für die notwendige Balance daheim sorgen, nicht einfach.
1932 wurde er, evangelisch getauft, Mitglied der Neuapostolischen Kirche. Von 1955 bis 1987 war er Diakon in der Gemeinde Gärtringen. Aktiv war er im Gemeindeleben und auch, wenn es ums Haus und den großen Garten daheim ging. Er liebte schwäbische Kost. Der eigene Moscht war ihm wichtig, Backen im Backhaus, Maultaschen machen, Gesellschaft pflegen wie auch eine gute Nachbarschaft. Sechs Enkel gibt es, die sich liebevoll an ihren Großvater erinnern: Fahrradtouren, Chauffeurdienste zum S-Bahnhof und zurück. Und zusammen mit ihnen lachen. Auch wenn die seine Geschichten und Späße inzwischen in- und auswendig kannten. Wenn er sie zum Besten gab, war es immer wieder komisch. Sechs Urenkel sind inzwischen da. "Er hat nie geklagt. Ist unser Vorbild und bleibt unser liebevoller Opa.", so das Resümee. "Er bleibt über seinen Tod hinaus der Mittelpunkt unserer Familie.", hieß es in deren Nachruf.
Inzwischen schlecht hörend und kaum noch sehend, auf den Rollstuhl angewiesen, konnte er sich ab 2014 nicht mehr selbst versorgen und wohnte im Gärtringer Samariterstift. Dort sah man ihn - fast bis zuletzt - noch im Foyer sitzen und Kontakt zu anderen suchen und pflegen. Und, solange es ging und es sich einrichten ließ, fuhr er zum Mittagessen, meist chauffiert von seinem Sohn, in eine Wirtschaft, in und um Gärtringen herum gelegen. Beide wurden so zu profunden Kennern der örtlichen Gastronomie.
"Für mich, den um dreißig Jahre Jüngeren, war er eine Respektsperson durch seine liebevolle, freundliche und zugewandte Art.", erinnerte sich Werner Löhmann." Dazu ein Freund, der für jeden immer eine offene Tür hatte. Er achtete in mir den Seelsorger, der von Gott für ihn gesetzt worden war. "Vorsteher, denkst du an mich ..." Es ging ihm damit um Gottes Hilfe. Noch beim letzten Besuch, am Sonntag vor seinem Tod am 12. Dezember, war sein besonderes Verlangen danach zu merken. Er wollte etwas erzählen, aber war nur schwer zu verstehen. Aber glasklar, man verstand jedes Wort, war er danach beim Beten des "Vater unser" zur Feier des heiligen Abendmahls.
Er war ein Knecht, der, wie im Textwort beschrieben, felsenfest geglaubt hat, Liebe zum Nächsten hatte und wusste, dass Jesus für ihn gestorben war, zu seinem Heil, und wiederkommen wird, um Tote wie Lebende auf ewig in der Gemeinschaft mit Gott zusammenzuführen. Er hat nicht geklagt, sondern sein innerer Motor war Freude, weil er wertschätzen konnte, was er hatte und nicht auf das blickte, was hätte fehlen können. "Ihr dürft euch freuen, dass ihr euren Opa Paul so lange gehabt habt. Und darüber, dass es ihm in der Ewigkeit gut geht." Die Freude darüber wusste der Chor ganz besonders mit dem nachfolgenden Text des Liederdichters in Worte zu fassen:
"O Jesu, meine Freude, du, meines Lebens Licht,
du ziehst mich, der ich scheide, hin vor dein Angesicht
ins Haus der ew`gen Wonne, da ich stets freudenvoll
gleich wie die helle Sonne mit andern leuchten soll."
(Chorbuch Nr. 455, Vers 1, Text nach Paul Gerhardt,1607 - 1676)
Das letzte Wort in diesem Bericht soll Paul haben, Werner Löhmann deutete es in der Trauerfeier schon an, als er meinte, es sei alles Wesentliche gesagt, aber es gebe nachher noch ein Originalzitat. Das lautete: "I freu mi, wenn i in d` Kirch ga, aber i freu mi a, wenn i wieder nach Haus ka!" So war er halt, "unser" Paul.