Glaubensgeschwister aus vier Gemeinden freuen sich über Besuch aus Südbaden
Zum Gottesdienst am ersten Sonntag im Mai war man aus Ammerbuch-Pfäffingen, Pfrondorf und Rottenburg in die Universitätsstadt zum Gottesdienst gekommen. Dazu fast alle Vorsteher der zwölf Gemeinden des Bezirks sowie dessen Vorsteher, Klaus von Bank, und sein Vertreter, Werner Lampprecht. Anknüpfend an das gerade verklungene Lied des gemischten Chors "Aus Gnaden erwählt, ..." (Nr. 375 Chorbuch für den neuap. Gottesdienst, Text nach Heinz Wigman, 1904 - 1983) zu Beginn des Gottesdienstes ging Heiniger auf die Erwählung ein. "Es gibt so Worte, die elektrisieren, positiv oder negativ." Die einen fühlen, was dahinter steht. Fühlen die göttliche Liebe. Wer mit dem Verstand daran geht, für den könnte das ein Reizthema sein. Wieso erwählt - der eine ja, der andere nicht? Und Gott ist daran schuld? Die große Liebe Gottes, die hinter der Erwählung steckt, kann nur mit der Seele empfunden werden. Aber man könnte sich schon mal fragen, wenn einem etwas auf Anhieb nicht so passend erscheint, ob man eine Sache nicht auch anders sehen könnte. Und es dann zu einer anderen Beurteilung käme.
"Womit wir beim Textwort sind. Da will Gott uns auch etwas zeigen.", fuhr der Bischof fort. "Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe." (Joh 15, 1 u. 2). An einer Frucht kann man Freude haben. Aber auch an nicht so Schönem, wenn man sich die Mühe macht, einen anderen Blickwinkel darauf zu suchen. Der Weinstock - ein Bild dafür, dass Freud und Leid eng miteinander verbunden sind. Heiniger erinnerte an jüngst Geschehenes. Es ging um einen Frosteinbruch Ende April. Mancherorts, auch im südlichen Markgräfler Land, hatten Winzer versucht, in den kalten Nächten ihre Reben, die schon ausgetrieben hatten, durch Feuertöpfe zu schützen, die sie in den Weinbergen aufstellten. Könne man in Tübingen sicher nachvollziehen, denn auch dort wachse Wein. Das aufs Geistige übertragen, bedeutet, sich nicht auf schwierige Umstände herauszureden, die einem im Weg stehen. Vielmehr auch da wieder ein Feuer entfachen. Den Heiligen Geist in unserem Alltag "brennen" lassen, um dort Wärme, Licht und Feuer verspüren zu können. Klagen hilft nichts. Zum Beispiel sagen, die Ungerechtigkeit nimmt überhand. Die Liebe erkaltet. Die Freude aus dem Glauben heraus könnte vernichtet werden. Man muss selbst etwas tun. An der Arbeitsstelle, in der Nachbarschaft, alles so unerfreulich. Sicher, wir leben noch in dieser Welt. Und trotzdem möge das Feuer der göttlichen Liebe in den Alltag hineinleuchten.
Was das hilft, ändert? Das wissen wir vorher nicht. Aber wir sollten es trotzdem versuchen und nicht resignieren. Damit das Wesentliche in unserer Seele erhalten bleibt. Was das ist? Unser Glaube. In einer Zeit, in der alles bis ins Letzte analysiert wird, Gottes Wort mit Hilfe des Glaubens aufnehmen und darin bleiben. Im Glauben, der eine großartige Frucht ist. Darum an ihm festhalten. Und in der Liebe zu Gott bleiben. Vieles möchte die ersticken. Egoismus will diese Frucht vernichten. Dagegen kämpfen. Und letztlich beharrlich bleiben. Da hat ein Bauer eine Missernte nach der anderen - deshalb aufhören, Landwirt zu sein? Wer mit Leib und Seele dabei ist, der gibt nicht auf.
Woher kommt diese Frucht? Sie "fliegt nicht zu.", sie kann nur in Verbindung mit dem Weinstock wachsen. Wie bin ich noch mit Jesus verbunden, der sein Leben für mich gegeben hat. Und wenn es mal nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle? Die Emmausjünger damals, als sie gemeinsam unterwegs waren, hatten zuvor auch eine Enttäuschung erlebt. Aber immerhin unterhielten sie sich noch miteinander über den Grund dafür. Man kann enttäuscht von der Kirche sein. Aber trotzdem mit ihr verbunden bleiben. Wer das ist, der lebt bewusst in ihr und kann sie dann auch erleben.
Im Eingangsgebet war um die Verbindung zum Apostel gebetet worden. In der Gemeinde kann ich die Wirkung des Apostolats erleben. In jedem Amtsträger, der seinen Amtsauftrag vom Apostel erhalten hat. Der Weinstock ist gleichzusetzen mit Jesus und seiner Kirche, womit nicht das äußerliche Gebäude gemeint ist. Das Wesentliche ist, in der Gemeinde gemeinsam den Gottesdienst zu erleben, damit Früchte wachsen können. Die Kirche Christi ist da, um Gott zu loben und zu preisen. Wie sieht es aus in der Gemeinde, in der Früchte wachsen sollen? Das hat nichts mit Lokalpatriotismus zu tun. Früchte sollen in allen Gemeinden wachsen. Lasst uns dafür unser Herz öffnen, auch für die in der Nachbarschaft.
Im Bild, das im Textwort gezeigt wird, werden Triebe entfernt, damit andere mehr Frucht bringen können. Gott zeigt durch sein Wort, was wesentlich ist. Sicher sind wir dankbar für die Vorsteher, die in ihren Gemeinden das Notwendige organisieren. Aber nicht das Nebensächliche zur Hauptsache machen. Sich selbst fragen, wo und wie kann ich ein Werkzeug sein. Ein Segen, wo und wie kann ich der sein? Wenn ich mit dem Weinstock verbunden bin, dann bin ich von Nächstenliebe geprägt wie Jesus es gezeigt hat. Kann ein Gottesdienst tief in mir etwas nachhaltig verändern? Wirkt in mir das Feuer des Heiligen Geistes? Durch Gottes Nähe ist es auch heute möglich, Veränderungen zu schaffen. Prüfungen - machen nicht selig. Aber wenn wir uns dabei in Gottes Hand begeben, erleben wir, wie wir stärker werden. "Lasst uns mit dem Weinstock verbunden bleiben!"
Hilmar Stockinger, Gemeindevorsteher in Nebringen, warf die Frage auf, was eine Pflanze bringt. Das ist die Frucht. Die Samen enthält, damit es weitergeht. Damit es eine Zukunft, unsere Zukunft gibt. Auf das Textwort bezogen hieß es, dass eine andere Bibelübersetzung nicht von "wegnehmen", entfernen einer Rebe spricht, sondern von einem Hochheben. Dann kann man sie betrachten, von allen Seiten. Sie vielleicht drehen, damit sie rundum Licht bekommt. "Gibt es noch Schattenseiten in unserem Leben? Ich wünsche mir, dass wir alle eine ganz reife Frucht werden."
Bezirksvorsteher Klaus von Bank ging auf das Bild der Rebe ein. Nicht vollständig auf den Menschen übertragbar, denn der hat einen eigenen Willen und muss die Dinge nicht mit sich geschehen lassen. Das gilt auch für die Schädlingsbekämpfung an uns, die beim Weinstock der Winzer erledigt. Wir müssen das selbst tun. Das ist schon eine gewaltige Aufgabe und Verantwortung. Gott mit seiner Liebe und Gnade ist da. Aber nichts geht ohne unsere Bereitschaft. Wir wollen Früchte tragen, die uns für die ewige Herrlichkeit gereichen.
Vor der Feier des heiligen Abendmahls wies der Bischof darauf hin, dass es dabei um die Gemeinschaft geht. Gott will dir im Heiligen Abendmahl nahe sein. "Wo bist du, hast du mich nicht mehr lieb?", fragt er. Er will uns Gnade schenken, die Schuld erlassen. Nein, von einem unerfreulichen Chef, einem bösen Nachbarn wird er uns nicht befreien. Aber wir dürfen Gottes Gnade genießen. Und können dann neu und vielleicht ganz anders auf den Nächsten zugehen.
Nach dem Gottesdienst bedankte sich Heiniger bei Chor und Dirigenten für die musikalische Umrahmung des Gottesdienstes, zu der auch die Instrumentalgruppe vor dem Gottesdienst beigetragen hatte. "Wenn ich auch nicht in Tübingen bleiben kann, so behalte ich es doch in meinem Herzen. Viel Freude und Segen in der kommenden Woche!"