Bischof i. R. Georg Kaltschmitt trifft sich in Tübingen mit Mitarbeitern der Hilfsorganisation
Zusammen mit Evangelist Klausjürgen Zahn, Gemeinde Tübingen, kam der Bischof am Mittwochnachmittag in die Räume von "Youth-Life-Line" (YLL), um dort - symbolisch - einen Betrag von 7.000 Euro zu übergeben. Trägerverein von YLL ist der Arbeitskreis Leben Reutlingen/Tübingen. Die beiden hauptamtlichen Fachkräfte von YLL, Maren Schlachta und Markus Urban, nutzten gern die Gelegenheit, die Besucher darüber zu informieren, was der Zweck der seit 2003 bestehenden Einrichtung ist und wie er in der Praxis umgesetzt wird: Krisenberatung für Jugendliche und junge Erwachsene bis 21 Jahre. Im gleichen Alter sind die bei YLL ehrenamtlich tätigen Jugendlichen - derzeit ca. 30. Die Beratung geschieht ausschließlich online und anonym. Von "Peer-to-Peer", in Augenhöhe zwischen Berater und Hilfesuchendem, wie Urban betonte. Die Ehrenamtlichen werden zuvor geschult und auf ihre Aufgabe vorbereitet. Bei deren Durchführung erfahren sie dauernde Unterstützung durch die hauptamtlichen Fachkräfte. Was unbedingt notwendig ist, um zum einen die adäquate Hilfestellung per Mail leisten zu können; zum anderen, um die sich aus der Konfrontation mit den Lebenskrisen Gleichaltriger ergebende Belastung selbst bewältigen und verarbeiten zu können. Die Probleme können bis zum beabsichtigten Suizid gehen. Als 2003 der Gedanke an Fachleute der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universität Tübingen herangetragen wurde, dass Jugendliche einander in persönlichen Krisenzeiten beistehen könnten, begegnete man zunächst großer Skepsis seitens der Experten. YLL hat sich inzwischen aber auch nach deren Ansicht bewährt.
Die Ehrenamtlichen durchlaufen eine 70-stündige Ausbildung, bevor sie in die Praxis entlassen werden. Wie schreibe ich eine Mail? Wie stellt man die richtigen Fragen, um eine Situation zutreffend einschätzen zu können und mit der Antwort keinen Schaden anzurichten, sondern wirklich zu helfen? Das und anderes gilt es zu lernen. YLL ist eng vernetzt mit anderen Beratungsstellen. Die Helfer verpflichten sich, zwei Jahre lang einmal in der Woche regelmäßig bei YLL mitzuarbeiten. Persönliche Kontakte dürfen zwischen dem Fragenden und "seinem" Sachbearbeiter nicht stattfinden. Antworten gibt es nur per Mail und jede Antwort wird von einer Fachkraft durchgesehen, bevor sie abgeschickt wird. Denn da kann jedes Wort zählen. Das Procedere soll aber auch der Beruhigung der Helfer dienen. Die müssen es aushalten können, dass sie oft nie erfahren werden, was aus ihrem "Schützling" geworden ist. Weshalb sich der z. B. plötzlich nicht mehr meldet. "Brieffreundschaften", persönliche Bekanntschaften sollen gerade nicht entstehen, damit die Helfer sich ihre Handlungsfähigkeit erhalten können. Es geht ausschließlich um eine niedrigschwellige Beratung auf Augenhöhe. Weil ich gleich alt bin, kann ich mitfühlen, das soll die besondere Qualität dieser Form der Hilfeleistung ausmachen.
Nach jetzt ca. 14 Jahren YLL freute sich Urban, eine positive Bilanz ziehen zu können, allein schon von der mengenmäßigen Akzeptanz der Einrichtung her. Das beweisen die geschätzt 30.000 E-Mails, die in der Zeit für die Beratungen verschickt wurden, deren Anzahl er insgesamt mit rund 6.000 veranschlagte.
"Humanitäres, ehrenamtliches soziales Wirken zu unterstützen, ist das Ziel des Missionswerks der Neuapostolischen Kirche, die ihrerseits von freiwilligen Spenden und dem ehrenamtlichen Engagement ihrer Mitglieder lebt.", erklärte Bischof Kaltschmitt die Auswahl der Begünstigten durch die Vertreter der kirchlichen Einrichtung. Deshalb sei er höchst zufrieden, erst recht nach diesem Gespräch, mit dem Gefühl gehen zu können, dass die Spende genau im Sinne der Kirche verwendet wird. Umso mehr, als es hier um Hilfe für junge Menschen geht, denn die sind die Zukunft. Auch die einer Kirche. "Die Neuapostolische ist daher bedacht, durch Angebote für Jugendliche wie besondere Gottesdienste, gemeinsame Freizeiten, Konzerte - selbst musizierend oder als Zuhörer - Anregungen für die persönliche Lebensgestaltung junger Menschen zu geben und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu fördern."
Und dass die Spende an den Richtigen gekommen ist, der das Geld dringend braucht, wird dadurch belegt, dass es eine ganz praktische Verwendung findet, wie Urban erläuterte. Es ist existenznotwendig für die Einrichtung. Für irgendwelche "Extras" ist da kein Raum: YLL muss sich zu 50% durch Spenden finanzieren. Das gilt ganz konkret für die unvermeidbaren laufenden Kosten wie Miete, Strom, das technische Equipment etc., die hauptamtlichen Mitarbeiter, Schulungskosten für die ehrenamtlich Tätigen und Vieles mehr. Sein herzlicher Dank, den er im Namen von YLL an die beiden Gäste als Vertreter der Spenderin aussprach, kam hörbar von Herzen.