Etwa zwanzig MusikerInnen sorgen für einen besonderen Gottesdienst im äußersten Südosten des Bezirks zwischen Gäu und Universitätsstadt
"Schön, dass ihr gekommen seid.", so lautete um 9.00 Uhr die Begrüßung der Gruppe durch eine ihrer beiden Dirigentinnen. Einen Dirigenten gab es aber auch noch. So viel männliche Emanzipation muss sein. Alle drei wechselten sich bei der Leitung der Instrumentalgruppe ab. Die Freude über die Vielzahl an Spielern, die sich am Morgen von überall her aus dem Kirchenbezirk in Rottenburg eingefunden hatte, kam nicht von ungefähr. Ein strahlender super Frühlingssonntagmorgen einerseits. Andererseits war wegen der Umstellung auf die Sommerzeit die Nacht eine Stunde kürzer gewesen. Aber Müdigkeit hatte bei der Musik, die den Kirchenraum schon vor dem Gottesdienst erfüllte, keine Chance. Gemeindevorsteher, Hirte Lothar Dopf, der die Gäste auch vorher begrüßt und ihnen alles Gute gewünscht hatte, freute sich über diesen besonderen Gottesdienst, in dem die Instrumentalgruppe der Gemeinde zur Freude und Gott zur Ehre spielte.
Der gemischte Chor hatte zu Beginn gesungen "Dort gibt´s nach diesen Tagen ein herrlich Wiedersehen,..." ("Wo ich auch geh und stehe...", Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 447, Vers 2, Text Günter Brücher, 1930 - 2009). Darauf nahm der Hirte Bezug. Jeder hat, je älter er ist, desto mehr, Familienangehörige und Freunde, die schon in die Ewigkeit gegangen sind. Das bedeutet Trennungsschmerz. Ein viel schwerer wiegender als der, den man hat, wenn jemand verreist, und sei es noch so weit weg. Da ist immer noch die Möglichkeit, wenn man das wirklich will, zum anderen hinzukommen. Anders, wenn es um den Abschied in die Ewigkeit geht. Man kann versuchen, etwas zu erahnen, etwas von der Ewigkeit zu spüren. Aber das ist nicht gleichzusetzen mit einem Wiedersehen. In der Ewigkeit, wo auch Jesus Christus ist.
"Die Verleugnung des Petrus" ist das Kapitel im Lukasevangelium überschrieben, dem das zu Beginn verlesene Bibelwort für den Gottesdienst entnommen ist: "Und der Herr wandte sich und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich." (Lk 22, 61 u. 62). Dazu der Gemeindevorsteher: Wir erleben in diesen Tagen die Passionszeit. Karfreitag und Ostern stehen bevor. Die Leidenszeit Christi. Wir heute kennen deren Ende. Dürfen auf Christi Wiederkunft warten. Die Zeitgenossen Jesus` damals, seine Jünger, kannten den Ausgang der Leidenszeit zuvor nicht, obgleich der Sohn Gottes darauf hingewiesen hatte. Aber hören und wirklich wahrhaben, das ist ein Unterschied.
Jesus, ein Stück Gottheit. In einer Person wahrer Gott und wahrer Mensch. Der empfunden hat wie ein Mensch, wie du und ich. Vor Jerusalem hat er geweint, wie jeder Erdenbürger in seiner Situation es auch getan hätte. Jesus kannte als Sohn Gottes dessen Willen und wollte ihn erfüllen. Er musste Spott und Hohn ertragen, so schlimm, dass er bat, dass dieser Kelch an ihm vorübergehen möge. Und sich doch im Gehorsam fügte, diesen vorgegebenen letzten irdischen Weg zu gehen.
Petrus, der Jünger, der vom Sohn Gottes begeistert war, egal, was kommen würde, er wollte dessen Weg mitgehen. War fest dazu entschlossen und - versagte. Er hatte sich überschätzt. Wurde schwach und verleugnete seinen Herrn. Wie ihm zumute war? Jeder hat schon mal wieder besseres Wollen, gegen seine Absicht, andere Menschen enttäuscht. Mit der Folge, traurig zu sein und wütend auf sich selbst. Wie Petrus damals - auch wir sind nur Menschen. Aber wenigstens wollen wir uns fest vornehmen, in guten Phasen nicht zu sagen, lieber Gott, wie du willst. Und in den schlechten dann darum bitten, dass der Kelch an einem vorübergehen möge.
Petrus versagte bei der letzten Begegnung mit Jesus vor dessen Tod. Als er ihm nach dessen Auferstehung wiederbegegnete, gab es kein Wort des Vorwurfs vom Sohn Gottes. "Friede sei mit dir.", nur diesen Wunsch. Jesus weiß, du willst, bist aber eben auch nur ein Mensch. Er erkennt und wertet unsere Einstellung. Und es gibt das heilige Abendmahl, in dem seine Kraft, sein Wesen liegt. Sich da hinein fühlen, sich da hinein führen lassen, dazu bereit sein, dann haben wir Teil am Göttlichen. Bedeutet aber auch, selbst vergeben zu können. Darum ringen, das zu schaffen, auch bei Manchem, was uns zugesetzt und schwer getroffen hat. Wenigstens sich darum bemühen. Zum eigenen Heil über das Menschliche hinwegsehen, das einen an einem Amtsträger stören könnte. Vielmehr in ihm den wahrnehmen, der ihn gesandt hat. Trotz unserer Schwachheit in der Nachfolge bleiben. Wie Petrus, der trotzdem von Jesus als der Fels ausersehen wurde, auf den er, der Gottessohn, seine Gemeinde gründete. "Ich wünsche euch Freude, Seligkeit und Stärke auf dem Glaubens- und Lebensweg."
Zwei Diakone und ein Priester aus der Gemeinde wurden um Beiträge gebeten, jeweils musikalisch vom Orchester eingeleitet. Den einen hatte der Gedanke an die Unerreichbarkeit der Ewigkeit für den Menschen zu dessen Lebzeiten nicht losgelassen. Wenn man doch wenigstens mal auf eine Tasse Kaffee vorbeischauen könnte. Fragen, wie geht es euch...nicht möglich. Aber hier wie drüben gilt der Wusch: Friede sei mit euch. Der Priester griff einen Gedanken aus dem Eingangsgebet auf - Gott möge uns den geistigen Spiegel vor die Augen halten: Wo ich auch geh und stehe...immer auf den Heiligen Geist als Mahner und Wegweiser hören. Petrus - müsste doch gemerkt haben, auf welchen Abwegen er sich befand. Immerhin geschah die Verleugnung seines Herrn, dreimal, mit zeitlichen Abständen dazwischen. Aber das ist menschlich. Es geht uns genauso. Deshalb der Appell, immer dranbleiben an denen, die vorangehen, um auch nachfolgen zu können. Wenn der Abstand nach vorn zu groß wird, hat man wie bei einem Rennen den Anschluss an die Spitze und damit jede Chance auf den Sieg verloren. Ein weiterer Diakon bezog sich noch einmal auf die Passionszeit. Jesus hatte sich darauf vorbereitet. Seine Jünger, auch Petrus, hätten alles im Vorfeld wissen können. Der Gottessohn hatte es ihnen gesagt. Trotzdem wurden sie überrascht von dem, was geschah. Kein Mensch läuft ohne Vorbereitung aus dem Stand heraus einen Marathon. Jeder Läufer muss die Möglichkeit des Scheiterns in seine Vorarbeit zum Wettkampf einbeziehen. So auch wir im Glaubensleben. Wappnen wir uns dafür, dass es Irritationen geben kann und treffen wir dafür Vorsorge.
Nach dem Gottesdienst spielte die Instrumentalgruppe den "Irischen Reisesegen". Zuvor sprach die Dirigentin des Stücks dessen Text, um allen Gottesdienstbesuchern den guten Wunsch mit auf den Weg zu geben:
"Möge Gott seine schützende Hand über dir halten..."