Dazu eingeladen waren die Glaubensgeschwister aus der Gemeinde Mötzingen.
"Herr, segne uns und behüte uns.
Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.
Herr, erhebe dein Angesicht über uns und gib uns Frieden. Amen."
Zu Beginn des Gottesdienstes hatte der gemischte Chor dieses Lied mit einem Klaviervorspiel gesungen (Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 359, Text nach 4. Mose 6, 24-26). Das griff der Bischof auf: "Wir sind gekommen, um Segen zu erfahren." Auch dann, wenn die äußeren Umstände es einem schwermachen können, an Segen zu glauben. Vielleicht in einer ohnehin schon misslichen Lebenssituation auch noch durch eine Prüfung gerauscht - das soll Segen sein? Gebetet, viel Zeit und Mühe aufgewandt und wo bleibt der Segen? Der Segen Gottes ist es, tiefen Frieden erleben zu können. Ein magerer Segen? Alles haben zu können, bedeutet nicht den Frieden. Aber den nicht zu haben, ist tragisch. Man "verhungert" geistig. Ohne Frieden sind wir verloren und können keine wahre Freude erleben. Göttlicher Friede ist Segen.
"Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich." (Joh 14, 6) Eingehend auf dieses zu Beginn verlesene Textwort hieß es: Gott will allen Menschen helfen, damit sie in die Herrlichkeit kommen können. Die nicht mit dem Paradies gleichzusetzen ist. Damals kam Gott lediglich bei den Menschen "zu Besuch". Dagegen ist in der Herrlichkeit alles immer vollkommen. Es gibt dann keine Trennung mehr zwischen Gott und den Menschen. Dieses Ziel erreichen wir, wenn uns die Kraft des Heiligen Geistes erfüllt.
Den Weg dahin können wir nur mit dem Glauben gehen. Das ist kein "allgemeiner" in der Art, "dass Jesus wohl wieder kommen wird". Vielmehr ist wirklicher Glaube gefordert. Einer, der nicht im Oberflächlichen bleibt. Der hinterfragt, in die Tiefe geht und so an Wert gewinnt. Man wird dann feststellen müssen, dass ich, je mehr ich lerne, desto mehr weiß, dass ich nichts weiß. Umso dankbarer sind wir, umso mehr Frieden und Freude erleben wir, wenn wir im tiefen Glauben die Gottesdienste erleben. Dann können wir unseren Glauben auch leben. Manchen Tag gelingt das sicher nicht so gut. Dann trotzdem nicht aufgeben und auf Gott vertrauen.
Sinn des Wegs ist es, dessen Ziel zu erreichen. Ohne Gnade ist das unmöglich. Der Bischof ging auf einen etwas anderen Aspekt der Gnade ein: Das Gleichnis Jesus` von den Arbeitern im Weinberg. Alle bekamen am Abend einen Lohn in derselben Höhe, egal, wie viele Stunden sie gearbeitet hatten. Ungerecht? Jesus ist der Weg. Wie viel Gnade er gewährt, liegt allein in seinem Ermessen, denn er hat den Weg dazu gelegt. Gott misst nicht mit unseren Maßstäben. Zum Weg ans Ziel gehört, die anzunehmen, die er sendet. Menschliches dabei beiseitelassen zu können. Entscheidend ist der Inhalt, nicht die Formulierung, die gelegentlich ungeschickt sein kann.
Jesus ist Wahrheit. Pilatus damals konnte sie nicht herausfinden, jede Partei sagte Unterschiedliches über den Gottessohn. Jeder Mensch sieht die Dinge aus seiner persönlichen Sicht. Jesus steht darüber. Er sieht alles und ist die Wahrheit. Die Predigt ist Gottes Wort. Das ist nicht zu relativieren. Ihn darum bitten, das auch zu erkennen, einen Hinweis bekommen wollen und ihn dann auch als solchen sehen zu können. Das geschieht nicht immer umgehend. Wenn es um Jesus` Wiederkunft geht, die schon vor 2.000 Jahren erwartet wurde und immer noch nicht geschehen ist, dann sie in Frage stellen? Wenn Jeus die Wahrheit ist, dann kann ich das aus meiner Sicht nicht beurteilen. Ich akzeptiere, dass Gott mir nicht alles erklären muss. Es Dinge gibt, auf die ich keine Antwort finde.
Jesus ist das Leben. Das bedeutet mehr als schlichte Existenz. Leben ist ein Zustand, den wir in unserer Seele regeln müssen. Unabhängig von den äußeren Umständen, die Manches nicht lebenswert erscheinen lassen. Zum Leben gehört Gemeinschaft. Steht der etwas im Weg? Wir sind unvollkommene Menschen. Das kann zu Konflikten führen. Deshalb den Wert der Gemeinschaft nicht mehr sehen?
Ich bin das Leben, sagt Jesus. Wer richtig hinschaut, kann schon in der Natur Gottes Größe erleben. Gott will im Unvollkommenen, beim Menschen, Vollkommenes bewirken. "Ich bin der Weg", bedeutet, dass jeder, der ihn geht und darauf bleibt, zum Vater kommen kann. Ein Versprechen, das Freude auslöst.
"Ein schon oft gehörtes Textwort," begann Hirte Lothar Dopf, Vorsteher der Gemeinde Rottenburg. Jesus, der Weg - das setzt einen lebendigen Glauben voraus, gestärkt durch das, was man im Gottesdienst hören kann, und Gnade. Heißt aber auch, den aufzunehmen, den Jesus sendet, und das, was er sendet. Wenn die innere Ausrichtung stimmt, dann erfahre ich durch das, was der Amtsträger sagt, egal, wie er es sagt, göttliche Wahrheit. Und damit kommt das Leben. So, wie wir es jetzt gerade im Frühjahr erleben. Jeder, der im Garten werkelt, kann es in diesen Tagen unter welken Blättern und altem Reisig finden. Da gibt es schon fast blühende Krokusse und Tulpenstängel, die aus der Erde hervorgekommen sind. Neue Kraft und neues Leben genießen wir auch durch das heilige Abendmahl. Dessen belebende Kraft stärkt das Familien- und Gemeindeleben. "Und da überall gibt es viel zu tun. Lassen wir beide und uns nicht ruhen."
Der Bischof fuhr fort: "Wir wollen uns gegenseitig helfen, die Schönheit dieses Lebens zu sehen." So, wie man Augen für die Schönheit der Natur haben muss. Auch wenn andere für den richtigen Blick manchmal Hilfestellung geben müssen. Stress und Sorgen können den Blick auf das Schöne verhindern. Helfen wir einander dabei, richtig zu sehen. In das Vaterunser wollen wir alles hineinlegen. Es heißt darin: "Wie im Himmel so auf Erden...", dort, wo es nicht immer ganz leicht ist, nach Gottes Willen zu leben, wenn wir Dinge erleben, die uns nicht so recht sind.
Nach dem Gottesdienst wünschte Heiniger allen Gottes Nähe und Hilfe in den kommenden Tagen. Er hätte jetzt noch gern einen Vortrag des Orchesters, das schon vor dem Gottesdienst gespielt hatte. Der Wunsch wurde gern erfüllt. Und für den Besuch aus dem Südbadischen, der, wie er zu Beginn des Gottesdienstes sagte, schon seit Jahrzehnten nach Bonndorf kommt, dürfte es nun keinen Zweifel mehr daran geben: Es gibt ein weiteres. Nur, dass sparsame Schwaben bei der Namensgebung "ihres" Bondorf gut auf ein "n" verzichten konnten.