Führung im Modemuseum Ludwigsburg - Kleidung vom Barock bis in die Neuzeit
Dazu schreibt Gerlinde Kleemann, Organisatorin der Kulturtage:
"Unser Kulturtag vom 6. Dezember führte uns wieder mal nach Ludwigsburg ins Schloss, das nach französischem Vorbild gebaut worden war. Nach einem gemütlichen Mittagessen hatten wir dort eine Führung im Modemuseum so nach dem Motto „Kleider machen Leute".
Unsere Führung beginnt im Zeitalter des Barock um 1730. Sogar die Art der Schlossanlage mit breitem Mittelbau und seitlichen Anbauten spiegelte sich damals beim Adel in der Kleidung wider. So hatte z. B. der Rock der Damenrobe eine seitliche Ausladung.
Der Stil der adeligen Herrschaften orientierte sich am französischen Vorbild. Die Dame war in Seide gekleidet mit einer sehr schlank geschnürten Taille, die ungefähr dem Kopfumfang entsprechen sollte. Das unterste Mieder war aus Leinen, konnte also gut geschnürt werden und war damit die Unterwäsche. Dazu gab es Strümpfe, die mit einem Strumpfband festgehalten wurden. Mehr "darunter" wurde nicht getragen. Über dem Mieder, das noch mit Fischbein verstärkt wurde und dadurch wie ein Korsett wirkte, trug man als Teil der Oberbekleidung ein geschmücktes Mieder. Für alle Arten von Reifröcken der Damen gab es halbe oder ganze Untergestelle aus Fischbein, die in der Taille befestigt wurden. Im Winter konnten bis zu zehn Röcke übereinander getragen werden.
Der Herr trug ebenfalls Seide, eine Kniehose, weiße Seidenstrümpfe, ein Hemd mit Spitze, besonders reichlich an den Ärmelenden, die dann aus den Jackenärmeln herausschauten. Die Jacke selbst lag eng am Körper an. Darunter war eine ärmellose Weste, dazu noch eine Art Krawatte aus Spitze. Spitze war wie alle Gewänder Handarbeit und besonders kostbar. Konnte sich nur der Adel und andere hochgestellten Persönlichkeiten leisten.
Es gab neun Kleiderordnungen, in denen festgelegt war, wer was und wo tragen durfte. Für die Bürgerlichen, sei es Mann oder Frau, oder Personal war keine Art von Reifröcken und Perücken gestattet. Sowohl im Barock als auch im Rokoko ( um 1780 ) trugen alle Herrschaften Perücken, bei den Damen mit Löckchen, bei den Herren mit zwei Seitenrollen und rückwärtigem Zopf in der Art eines Pferdeschwanzes. Die Perücke wurde mit Mehl bestäubt und mit Pomade fixiert. Damit der Kragen davon nicht fettig wurde, hüllte man den Zopf in ein Beutelchen ein. Die Perücken waren der ideale Nährboden für Läuse. Mit sehr langen, meist kostbaren Nadeln bekämpfte man den Juckreiz. Flöhe fing man in Flohfallen, versteckt in der Perücke. Zum Anlocken der Plagetiere benutzte man spezielle Duft verströmende Essenzen, die die Tierchen gern fraßen. So zu fett geworden, kamen sie aus den Fallen nicht wieder heraus.
Barock ( um 1730 ) und Rokoko ( um 1780 ) waren im Schnitt der Kleidung fast gleich. Im Barock mehr Blümchen, später mehr Streifen.
Nach Barock und Rokoko, also nach der Französischen Revolution ( ab 1789 ) lautete die Parole „ der Zopf muss ab!" Neue Zeit - neue Mode! Da jetzt eine große Griechenlandverehrung herrschte, entstand die „ mode `a la Greque „. Die Kleider waren weiß und hell, in der Farbe dem derzeit aktuellen Erscheinungsbild griechischen Skulpturen folgend (früher farbenfroh, durch die Jahrhunderte hindurch von der Sonne ausgeblichen).. Das Material war hauchfeine Mousseline. Zu Kaiser Napoleons Zeiten ging diese Art der Mode ins Empire über: Die Damen trugen Kleider, unter der Brust geschnürt. Sie umspielten lose den Körper, hatten große Ausschnitte und kurze Puffärmelchen. Es war eine Befreiung aus den einschnürenden Korsetts. Die Herren trugen den Zweispitz `a la Napoleon, militärisch ausgerichtet. Dazu des Pantalons, also lange Hose, dazu kurze Jacke. Dazu gab es lange Mäntel, keine Perücke mehr. Da es in dieser Zeit modern war in die Natur zu gehen, wurden die Schuhe der Damen flach (Ballerina) und natürlich trug man lange Handschuhe und Sonnenschirme des Teints wegen.
Nach Napoleons Sturz begann eine Rückbesinnung auf die eigene Mode. Sie wurde wieder konservativ, d.h., es gab wieder lange Ärmel und Farbe, eben altertümlich.
In der Zeit des Biedermeier, nach 1815 – 1848, fand ein Rückgriff auf weitere konservativere Formen statt. Die Damen trugen wieder Mieder, Untergestelle, enge Taillen und „Schuten-Hüte", Löckchen an den Seiten und mitten auf dem Kopf den „Apolloknoten", der gut unter die Schute passte.
Mittlerweile wurde die Nähmaschine erfunden, so um 1865 in England. Ab jetzt gibt es Kleidung, die nicht mehr per Hand genäht wurde, mit Anilinfarben gefärbt.
Im Neurokoko (um 1860) gibt es wieder Mieder und die Krinoline (kreisrund), die mit Rosshaar, später mit Stahlreifen verstärkt wurde. Für den „Industrieadel" wird repräsentative Kleidung gefertigt. Beim Neobarock (um 1870), in der sogenannten „Gründerzeit", wird bei der Damenbekleidung die Seite wieder schmal, dafür das Gesäß mit der Turnüre, so bis 5 kg schwer, betont. Aus den Miedern wurde dann so etwas wie ein Büstenhalter entwickelt. Den uns heute bekannten gibt es erst seit 1916. Die Herrenmode orientierte sich am englischen Vorbild. Cut, Smoking, Farben vorwiegend gedeckt und dunkel.
In der „belle `Epoque „ , der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg (1900 – 1912), der Zeit des Großbürgertums, tauchten Kleidungsstücke der Pariser „haute couture" auf, so z.B. Reformkleider (sackartige Gewänder). Als Alltagskleidung das sogenannte Promenaden-Kostüm, dessen Farbe dezent, aber von sehr exquisiter Arbeit war. Es bestand aus Jacke, Bluse und Rock. So finden wir ein plissiertes Seidenkleid ( um 1912 ) von einem Modedesigner aus Venedig, das nur 120 g wiegt.
Nach dem Ersten Weltkrieg folgen die „ golden Twenties"... Revues, Nachtclubs, Tanzlokale...Der Rocksaum rutschte immer höher und war nun weit bis über dem Knie angelangt. Lockere, nicht die Figur betonende Kleider, „Bubikopf", Hosen auch bei den Damen als Sportbekleidung, vorsichtshalber aber mit einem langen Mantel überdeckt. .
In den 30er Jahren wurde wieder femininere Kleidung getragen."
Hier soll der Bericht enden, da davon auszugehen ist, dass die Zeit danach bei vielen noch aus eigener Erinnerung präsent ist. Und den Jüngeren sei entweder ein Besuch der Ausstellung empfohlen oder der Blick in familieneigene Fotoalben mit Fotos aus der Zeit von Großmutter und Mutter. Und was danach kam, das kennt jede/r eh noch selbst oder?
Immerhin, das sei noch vom Schluss des Berichts hier wiedergegeben, weil es in der Zeit davor eben nicht selbstverständlich war:
"Durch die Französische Revolution sind die Standesunterschiede in der Kleidung der Menschen abgeschafft worden."