Das erste der beiden Abschlusskonzerte des Orchesterprojekts Herbst 2016 unter Leitung von Roland Wintzen, am letzten Novemberwochenende, findet in Herrenberg statt
Zum zweiten Mal seit seiner Gründung spielte das Sinfonieorchester im Bezirk Tübingen. Das erste Konzert fand 2014 in der Aula der Universität Tübingen statt (Link) Rund 300 BesucherInnen hatten sich am Abend vor dem ersten Adventssonntag in der Herrenberger Kirche eingefunden. Sich frei gemacht vom vorweihnachtlichen Einkaufsstress und dem Alltagsgeschehen. Und da es im Jahr 2016 die längst mögliche Adventszeit gibt - es sind 28 Tage bis zum Heiligen Abend - kam ein nicht-vorweihnachtliches Programm, wie an diesem Abend geboten, gerade recht.
Bekanntes und weniger Bekanntes gab es zu hören. Zu Beginn, wie passend, eine Ouvertüre, und zwar die von Franz Schubert zu "Die Zauberharfe" D 644. Ein Überbleibsel eines Zauberspiels. Gut geeignet, um den Besucher allmählich aus dem Alltag in eine Konzertatmosphäre, weg vom Alltagsgetriebe, zu führen.
Es folgte "Concertino für Posaune und Orchester" op. 4 von Ferdinand David. Im Mittelpunkt ein Instrument, das bis zur Uraufführung des Stücks 1837 mehr als "Krachmacher" eingesetzt. Man erinnere sich an die Mauern zum Einsturz bringenden biblischen Posaunen von Jericho oder Militärmusik. Und jetzt als Konzertinstrument, gespielt von Nicolas Jean. Ein Meister seines Fachs, der sich nicht nur Zwischenapplaus reichlich verdiente. So kann das mit der Posaune also auch sein? Sie als Einzelinstrument im Dialog mit dem Orchester, alle Lautstärken und Geschwindigkeiten in breiter, abwechslungsreicher Palette bietend. Viel begeisterten Applaus für den Solisten und eine Rose, als ein kleines Dankeschön überreicht, gab es nach dem Stück, bevor er sich so flugs verabschiedete wie er über den Mittelgang zum Orchester gekommen war.
Danach die Konzertpause, in der sich die Herrenberger als vollendete Gastgeber erwiesen. Im Foyer war Trinkbares bereitgestellt, fleißige HelferInnen von jung bis etwas älter machten einen unauffälligen und liebevollen Service. (Und nicht nur der in der Konzertpause, sondern auch bei der Vorbereitung. Auch die Arbeit nach dem Konzert soll an dieser Stelle gewürdigt werden. Am anderen Morgen musste die Kirche wieder für den Sonntagsgottesdienst hergerichtet sein, als hätte es am Vorabend kein Konzert gegeben.) Hätte noch eine Weile so gehen können, mit der Pause. Sich miteinander unterhalten, aber...instrumental, lautstark wurde unerbittlich zum zweiten Teil des Konzerts wieder ins Kirchenschiff gebeten.
Es folgte Robert Schumanns Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97, die "Rheinische". Fünf Sätze, deren letzter den Komponisten als rheinische Frohnatur erleben lässt. Der ist keineswegs am Rhein geboren und leidet zum Zeitpunkt der Komposition zumindest phasenweise schon unter schweren psychischen Problemen. Und doch konnte er fast karnevalistisch Klingendes kreieren. Diese Fröhlichkeit zeigte sich auch im Spiel des Orchesters zum Schluss. Es musizierte Lebensfreude, Optimismus und Zuversicht vermittelnd. So kam man auch, passend zur Zeit im Kirchenjahr, im Advent, in der Zeit froher Erwartung an. Ganz ohne speziell vorweihnachtliches Programm. Musik kann eben auch zaubern, siehe Programmpunkt Nr. 1.
Standing Ovations, lang anhaltender Beifall...herzlichen Dank an Roland Wintzen und das Orchester für eine Auszeit von der Hektik des adventlichen Trubels. Der Vollständigkeit halber zu erwähnen - am Sonntag danach gab es eine weitere Aufführung in der Stadthalle Balingen, Kirchenbezirk Albstadt (link).
Allen Mitwirkenden, auch denen "hinter den Kulissen", gilt ein großes "Danke" für ein nachhaltiges Konzerterlebnis. Und, last, but not least, ist den noch sehr jugendlichen NachwuchsmusikerInnen, die mit den "Großen" an diesem Abend zum ersten Mal im Konzert mitspielten, ein großes Lob für ihre Disziplin auszusprechen. Da war ja nicht nur das Konzert, sondern im Vorfeld Probenarbeit, Üben...Talent ist eins, aber bei weitem nicht alles.