„Schön bei schöner Temperatur schöne Gemeinschaft haben zu können. Der Mensch freut sich lange auf den Sommer. Aber wehe, wenn er kommt. Und wenn er dann noch so kommt…“, hieß es zu Beginn.
Plötzlich, von jetzt auf Nu, hatte man den Württembergern einen Hochsommertag beschert, der die Temperatur am Abend in der kleinen, auf dem Schönbuchrand am östlichsten gelegenen Kirche im Bezirk Tübingen auf Grade hatte ansteigen lassen, die besser niemand so ganz genau wissen wollte. Sonst wäre man nur noch mehr ins Transpirieren geraten. Der Altar war wunderschön mit Rosen in allen Farben des Sommers liebevoll geschmückt. Eine große Gemeinde hatte sich versammelt. U. a. waren viele Gemeindevorsteher aus dem Bezirk Tübingen und auch Bischof Georg Kaltschmitt nach Pfrondorf gekommen.
So ist der Mensch – zum Thema Wetter und überhaupt wusste Apostel Martin Schnaufer eine Anekdote beizutragen: Immer die üblichen Schimpfereien auf das schlechte Wetter, das den Wein trotz allen menschlichen Mühens nicht gelingen lässt. Die Winzer beschließen, es in dieser Saison ganz anders anzugehen: Inständig wird Gott um gutes Weinwetter gebeten. Die Trauben sollen so optimal werden. Die Ernte kommt, der Wein wird verkostet. „Teufel auch, ist der gut!“ Ein profanes Beispiel dafür, dass der Mensch sich oft nicht wirklich bewusst macht, wie die Zusammenhänge eigentlich sind. Wie oft der liebe Gott im Verborgenen wirkt. Ist uns das klar, denken wir daran, dann fällt es uns auch leichter, „ja“ zu seinem Willen zu sagen. Auch dann, wenn der uns auf den ersten Blick hin nicht recht zu gefallen vermag. Oft beten wir um etwas. Und scheinbar tut sich nichts. Aber wir dürfen feststellen, dass Gott unseren Weg so gelegt hat, dass er für uns gangbar war. Lasst uns demütig sein. Nicht sich anmaßen, sich Gott erklären zu können. Vielmehr mit der richtigen Herzenseinstellung ihm vertrauen.
Denn: „Ich, der Herr, kann das Herz ergründen und die Nieren prüfen und gebe einem jeden nach seinem Tun, nach den Früchten seiner Werke.“ (Jer 17, 10), leitete der Apostel zum eingangs verlesenen Bibelwort über. Gott hat nicht die Sichtweise der Menschen. Die oft urteilen, obgleich sie nur das Äußere sehen. Gott sieht auch das, was der Mensch richtig machen wollte, wenn der einmal scheitert. Gott wollte David, den Kleinsten der Brüder, als König. Da mag auch dessen Vater gezweifelt haben. Was kann an dem schon Besonderes sein? Aber David war demütig und gehorsam. Er nahm den Kampf gegen Goliath nicht etwa deshalb auf, weil ihn Größenwahn gepackt hatte. David wusste: Es geht nicht um mich. Ich komme im Namen des Herrn.
Es mag Phasen im Leben geben, da hat man große Erfolge. Dann demütig bleiben und nicht den Wert der eigenen Rolle überschätzen. Gott liebt uns. Dabei ist ihm nicht das Verbale wichtig, sondern unsere innere Einstellung. König Saul tat sich schwer damit, sich selbst nicht zu überbewerten. David hätte Gelegenheit gehabt, Saul, als der schlief, den Garaus zu machen. Er ließ sich nicht dazu anstiften. Er konnte in Saul immer noch den Gesalbten des Herrn sehen und ließ sich nicht zur Selbstjustiz hinreißen. Josef und seine Brüder: Die befürchteten, er würde sich an ihnen rächen, weil sie ihn in die Sklaverei verkauft hatten. Das machte den Bruder traurig, der nicht an Gottes statt ihr Richter sein wollte. David war keineswegs ein sündloser Mensch. Aber er war bereit, für sein Tun die Verantwortung zu übernehmen. Redete sich nicht heraus. Er konnte für andere bitten: Strafe nicht mein Volk. Strafe mich! U. a. dafür liebte ihn Gott und baute ihm jede Brücke.
Wie schnell ist man bereit, den Stab über anderer Fehlverhalten zu brechen und das eigene zu entschuldigen. Bin ich der liebe Gott? Vielmehr sich fragen, wie stehe ich vor Gott? Der sieht das Herz an. Prüft „auf Herz und Nieren“, wie Jeremias es formulierte, inzwischen sprichwörtlich geworden. Mit dieser Einstellung können wir anders handeln. An die Dinge so herangehen: Wir lieben den Herrn. Das bestimmt unser Handeln. Nicht Pflichtgefühl oder Angst vor Strafe. Wie arbeite ich mit, mit welcher inneren Haltung? Weil ich meinen Teil zur Gemeinde beitragen möchte. Beim Opfern – spielt da der Gedanke des „do ut des“ – ich gebe, damit ich wieder etwas bekomme, eine Rolle? Oder geschieht es aus Dankbarkeit ohne Erwartung einer Gegenleistung. Beispiel Kain und Abel – es geht um die innere Einstellung. Die wird von Gott gesegnet. Es zählt nicht der objektive materielle Wert des Opfers. Angesichts der zurückgehenden Zahl an Mitgliedern unserer Kirche in Europa etwa daran zweifeln, dass es heute die Vollendungszeit ist? Gott misst die Reife der Seelen nicht an der Statistik, sondern an ihrer Entwicklung und ihrem Wesen.
Petrus verleugnete den Herrn. Gott verzieh ihm die „schwachen fünf Minuten“ und bewertete dessen Einstellung: Er liebte seinen Herrn. Gott misst uns an der Liebe. In der eigenen Seele muss Jesus wiederzufinden sein. Das ist der Maßstab. Nur dann kann Gott befinden: Ich kann wiederkommen und meine Braut zu mir holen.
Die Einstellung ist auch das Entscheidende bei der Sündenvergebung und Feier des heiligen Abendmahls. Das ist kein Automatismus und kein Wunder aus 1000 und einer Nacht. Durch Jesus´ Opfer kann alles in Ordnung kommen, wenn wir die richtige Einstellung haben. Es ist für manchen sehr schwer, zu vergeben. Dabei kann Unversöhnlichkeit oft mehr Kraft kosten als zu verzeihen. Daraus kann man aber niemandem einen Vorwurf machen.
„Sei mir gnädig“ bitten und dankbar sein können für den Opfertod des Gottessohns. Gehen wir mit Freude zum Abendmahl: Gott sieht unseren Willen. Er wirft mir nichts vor. Dabei den Vorsatz haben, weiter kämpfen zu wollen. Im Bewusstsein, ich falle nicht aus Gottes Gnade.
Der gemischte Chor brachte dazu passend mit den Worten eines Dichters musikalisch die Bitte (Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 88, Vers 3, Text Georg Thurmair, 1909 – 1984).
„Er lasse uns Geschwister sein, der Eintracht uns erfreun,
als seiner Liebe Widerschein die Christenheit erneun.“
Nach dem Gottesdienst bedankte sich M. Schnaufer mit leichtem Schmunzeln für „den warmen Empfang“. Bleibt zu hoffen, dass damit nicht nur die Außentemperaturen gemeint waren.