"Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.
“
(Lk 12,34)
Das stand auf einem am Altar lehnenden silbern scheinenden Spiegel geschrieben. Der war umgeben von Gestecken mit in allen Farben des Frühlings leuchtenden Blumen, dazu viele Rosen. Da konnte auch der Uneingeweihte sofort zu Recht vermuten, hier findet heute morgen ein Silberhochzeitsfest statt. „Liebe Bärbel, lieber Dietmar,“, so begrüßte K. von Bank die beiden, die umgeben von Verwandten, Freunden, Kollegen und nicht zuletzt von den Glaubensgeschwistern „ihrer“ Kirchengemeinde Gärtringen vorn im sonnenbeschienenen Kirchenschiff Platz genommen hatten. „Ein Festtag“, so der Bezirksvorsteher. Die vergangenen 25 Jahre, das Gemeinsame, was erlebt werden durfte, ein großer Segen. Aber bei alledem sollte man nicht vergessen, auch an die zu denken, denen so etwas nicht vergönnt war. Bei aller Freude hier und heute morgen soll keine Trauer bei denen aufkommen, die es im Leben nicht so gut getroffen haben.
Eine Woche vor Ostern damals in Jerusalem, das Geschehen mit Jesus vor rund 2000 Jahren, stellten sowohl das Textwort als auch die Lesung in den Fokus des Gottesdienstes:
„Jesus aber fand einen jungen Esel und ritt darauf, wie geschrieben steht (Sach 9,9):…“ (Joh 12, 14 – 16)
Die Bibellesung zum Palmsonntag folgte: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze!….“ (Sach 9,9) sowie „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. …“ (Ps 118,22 – 26) Ein wunderschönes Bild – Sonntagsschüler (Simon) und Lehrer (Philipp) waren zur Lesung gemeinsam ans Mikrofon getreten und hatten sich ganz kollegial die Aufgabe geteilt.
„Wir erleben Ostern als Höhepunkt, als größtes Fest der Christenheit.“, begann der Bezirksvorsteher. Entscheidender als Weihnachten, denn nun geht es um die Auferstehung von den Toten, eine Herausforderung des Glaubens. Und davor die Passionszeit, die Leidenszeit. K. von Bank hatte auf seiner Fahrt zum Gottesdienst auf einer großen Baustelle an einer Bundesstraße am Rand einen riesigen Trümmerberg aus Straßenabraum gesehen. Auf dessen Spitze hatte man ein Holzkreuz gesetzt. Ein Zeichen des Gedenkens an die Leidenszeit Jesus`, von der diese Tage vor Ostern geprägt sind. Zuvor hatte es die Auferstehung des Lazarus gegeben, den Jesus von den Toten erweckte. Nicht vor großem Publikum. Und wider alle Vernunft. Dann Jesus`Tod und Auferstehung. Daran glauben zu können, dass er lebt, obgleich er stirbt. Schon das war und ist schwer. Und dann können Irritationen kommen. Da ist es mit dem schnell in die Welt gesetzten „Victory-Zeichen“ nicht getan, sondern Substanz gefordert.
Jesus wusste in diesen Tagen vor Ostern, dass die Begeisterung ins Gegenteil umschlagen würde. Und für die Jünger würde es schwer werden: Sie hatten ihn erlebt, was er an Wundern zu tun vermochte, wie er den Schwachen half. Sie hatten erkennen können, dass er Gottes Sohn war – und jetzt sollte er sterben? Petrus versuchte sie mit dem Schwert zu verhindern, diese grandiose Niederlage. Und sie kam doch. Gottgewollt.
Wir heute haben auch Erwartungen, auch im Glauben. Und dann wird es nichts. Wir fragen, wo Gott ist bei allem Schlimmen, was auf der Welt geschieht. Und auch in unserer Kirche – Gemeinden wachsen nicht mehr, vielmehr werden sie kleiner, müssen zum Teil zusammengelegt werden. Aber Jesus war und ist kein Stratege, bei dem es nach Plan geht. Das Werk Gottes ist keine Firma und das Werk Gottes kein wirtschaftliches Produkt. Da gilt es, auf den Heiligen Geist zu vertrauen, der uns Jesus im rechten Licht zeigt. Sich zu entscheiden, glauben zu wollen. Den in der Heiligen Schrift vorhergesagten Übeln entgehen zu können – wenn es dahin einen Weg gibt, dann wollen wir den nehmen. Aus den alten Geschichten lernen können mit deren Tröstlichem: Es gibt einen Weg, den Gott auch für die Menschen heute gelegt hat. Ihm wollen wir glauben und daran festhalten.
Gemeindevorsteher Werner Löhmann wandte sich zu Beginn seines Beitrags zum Gottesdienst zunächst auch an das „Silberpaar“. Heute seien sie der Mittelpunkt der Gemeinde. „Hinter Eurem Segen stehen alle.“ Danke wolle er sagen, denn „Ihr seid einfach da , wenn man Euch braucht. Bei der Kinderarbeit, der Mitgliederdatenverwaltung, im Chor beim Dirigieren, so der weibliche Teil, und der männliche als „Obertechniker“. Geht nicht gibt es da nicht. Da hat wohl jeder in der Gemeinde schon seine Erfahrungen machen dürfen.
Auf das Textwort eingehend, warnte der Gemeindevorsteher vor falschen Erwartungen an Gott, die nicht erfüllt werden können und dann zu Frustration führen. Erwarten darf ich, dass Gott in schwierigen Situationen bei mir ist. Es wird immer wieder Ungerechtigkeiten und Enttäuschungen geben. Gott „trägt“ mich nicht zur Vollendung. Aber ich darf erwarten, dass er mir Kraft gibt.
Bei der Überleitung zur Feier des heiligen Abendmahls betonte K. von Bank: Um Gnade muss man bitten. Einen Anspruch darauf gibt es nicht. Gott ist nicht verpflichtet, gnädig zu sein. Reue, Bußfertigkeit, Einsicht, dass ich auf Gnade angewiesen bin, können ihn veranlassen, sie uns zu schenken. Das ist aber kein „Mechanismus“.
Zur Einleitung des „Silberhochzeitsfestes“ waren nach der Feier des heiligen Abendmahls Orgel und zwei Querflöten zu hören, letztere geblasen von zwei „Sonntagsschulkolleginnen“: „Come, share the Lord…“ (Byran J. Leech, geb. 1931). „Ihr lieben beiden…“, begann der Bezirksvorsteher seine Ansprache. Die zwei, die zuverlässig bei allem immer mithelfen und andere unterstützen, ohne sich selbst dabei wichtig zu nehmen. Der eine, der den Bezirksältesten ruhig schlafen lässt, wenn es darauf ankommt, dass in den „Übertragungsgemeinden“ der Satellitenempfang für einen großen Gottesdienst nicht gefährdet ist. Weil der Priester als insoweit Bezirksbeauftragter für die Technik seine Aufgabe ernst nimmt. Und seine Frau, die als Unterrichtsbeauftragte für die Vorschulsonntagskinder den anderen Lehrkräften in den zwölf Gemeinden des Bezirks mit Rat, Tat und Kreativität zur Seite steht. Auch nach 25 Jahre Ehe habe sich das (eingangs zitierte) Bibelwort von der „grünen“ Hochzeit nicht erschöpft. Es bedarf keines neuen, auch wenn man jetzt sein Leben anders sieht und anders gestalten kann, als es damals der Fall war. „Alles Liebe und Gute!“
Musikalisch ging es weiter. An der E-Guitarre vom Sohn des Ehepaars begleitet sangen Sonntagsschullehrerinnen und Kinder ein Lied, in dem es in vielen Strophen um Gottes Segen auf dem Lebensweg geht. Der solle wie von einem „weiten Zelt“ durch den himmlischen Vater geschützt sein. Und zum guten Schluss sang ein „kleiner Chor“, es waren nur wenige Stimmen, die weiblichen wieder die der anderen, z. T. ehemaligen, Gärtringer Sonntagsschullehrerinnen. Da war zu hören:
„Möge die Sonn dir scheinen und der Wind dir in den Rücken wehn. Möge Regen fallen sanft auf deine Felder und Sonne auf dein Angesicht. Und bis wir uns wiedersehn, … halte Gott dich fest in seiner Hand. …“
( Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 365, Volkslied aus Irland)
Danach war kein Halten mehr – lauter „Rosenkavaliere“, die Jungen aus der Sonntagsschule, Mädchen sind dort derzeit Mangelware, brachten im Eiltempo „ihrer“ Bärbel dicke Rosensträuße und beiden Eheleuten herzliche Glückwünsche.