„…vom Berg der Seligkeiten…“ Schon im Eingangsgebet des Gottesdienstes am Mittwochabend, zu dem auch die Bondorfer eingeladen waren, hatte G. Kaltschmitt die Bitte formuliert, im Gottesdienst selig werden zu dürfen.
Seligkeit, wie er es sagte, eine hohe Form der Freude.
„Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus, Jakobus und Johannes und führte sie auf einen hohen Berg, nur sie allein. … Und es kam eine Wolke, die überschattete sie. Und eine Stimme geschah aus der Wolke: Das ist mein lieber Sohn, den sollt ihr hören!“ (Mk 9, 2 u. 7)
„Wir wollen den Berg der Seligkeiten erleben und gestärkt werden dadurch, dass wir im Gottesdienst den Herrn sehen und erleben,“ spielte der Bischof auf das zu Beginn gemeinsam gesungene Lied an, auf dem die Überschrift dieses Berichts beruht („Auf den Berg der Seligkeiten…“ Gb. der Neuap. Kirche Nr. 340, Text Eleonore Fürstin Reuß, 1835-1903). Auf dem Berg der Seligkeiten damals, auf den Jesus die drei Jünger führte, war Gott, der Herr zu sehen und zu hören. Es kam bei ihnen das Bedürfnis auf, dort dauerhaft wohnen zu können. Der schönste „Erfolg“ eines Gottesdienstes: Ich würde gern noch länger bleiben können, denn ich habe mich wohlgefühlt. Im Gottes dienst – denn da dient uns Gott.
G. Kaltschmitt erläuterte die Vorgeschichte dieser besonderen Bergbesteigung. Jesus hatte seinen Jüngen zum ersten Mal angekündigt, welches Schicksal er werde erleiden müssen (Mk 8, 31ff). Petrus Reaktion war Entsetzen, das Schlimme verhindern wollen. Menschlich gesehen völlig natürlich. Jesus, der Gott und Mensch zugleich war, verstand seinen Jünger durchaus. Auch der Sohn Gottes hatte mit der Macht des Bösen zu kämpfen und musste sich der Hölle erwehren. Der Gottessohn weiß sehr wohl, wie es uns Menschen dabei geht, wenn es heißt, seines Vaters Willen über den eigenen zu stellen. Jesus kann uns verstehen und mit uns mitfühlen. Er war nicht befremdet durch die Reaktion seiner Jünger und wollte ihnen daher etwas zeigen. So nahm er drei von ihnen mit hinauf auf den Berg der Verklärung. Dort geschah etwas ganz Besonderes: Jesus` Kleider wurden überirdisch hell und weiß (Mk 9, 3, 4)). Die Jünger sahen nicht mehr den Jesus von Nazareth, sondern den Gottessohn. Elia mit Mose erschien und sie redeten mit Jesus. Mose, dem Gott die Gesetze gegeben hatte, ein Symbol dafür, dass Gott selbst hinter dem stand, was geschehen würde. Und Elia, als Repräsentant der Propheten, von denen besonders Jesaja das Erscheinen des Gottessohns und dessen Tod vorhergesagt hatte. Sie machten deutlich: Was geschehen wird, ist der Plan Gottes. Den Petrus zuvor nicht hatte verstehen können. Das Erscheinen der alten Gottesmänner ließ jetzt keinen Zweifel mehr daran zu, dass so und nicht anders der Wille des Herrn Plan war.
„Eine Wolke überschattete sie…“ , setzte G. Kaltschmitt fort. Schon im Alten Testament wie auch im Neuen ist die das Zeichen der Gegenwart Gottes. Aus der Wolke „geschah eine Stimme…“ : Ihr sollt den Sohn Gottes hören . Ihn, der Mensch wie wir war mit allem Elend, Krankheiten, dem Tod. Mit allem, worunter Erdenbürger leiden müssen. Was wir gerade und besonders in diesen Tagen empfinden, in denen Flüchtlingselend hinüberschwappt bis in unser Land. Da kommen die Gedanken: Das darf doch nicht wahr sein, lieber Gott, wie soll das weitergehen…dazu kommt in manchen Lebenslagen das eigene individuelle Schicksal, das vielleicht nicht so glücklich ist – Bangigkeit macht sich breit. Dann der Stimme folgen: Komm, wir gehen auf den Berg. Da will ich dir etwas anderes zeigen. Da wollen wir Gottes Herrlichkeit und Jesus als seinen Sohn sehen und erleben. Das ist unser Wunsch in jedem Gottesdienst.
Der Bischof ging im Folgenden auf das Zusammenleben Jesus` mit seinen Jüngern ein. Er lehrte sie besonders den Wert des gemeinsamen Betens. Im Gottesdienst erleben können, Jesus ist da. Er betet mit uns und für uns. Mit den natürlichen Augen sehen wir wie damals die Jünger auf dem Berg nur einen Teil dessen was wirklich ist. Gott selbst zu sehen, hält der Mensch nicht aus. Aber es wird das Größte sein, ihn und seinen Sohn einmal sehen zu können.
Jesus lehrte seine Jünger auch das Einssein untereinander. Einssein in der Gemeinde beim Gottesdienst in seinem Haus – wie soll das gehen? Äußerlich und innerlich sind wir völlig unterschiedlich. Von Millionen von Menschen war und ist keiner von ihnen wie der andere. Aber trotz aller natürlichen Verschiedenheiten eins sein in göttlichen Dingen: in der Lehre der Apostel, beim heiligen Abendmahl und im Gebet. In einer Gemeinschaft, deren verbindendes Element Liebe ist. Die von Gott und seinem Sohn zu den Menschen und die der Menschen untereinander.
In der Lehre kann es unterschiedliche Richtungen geben. Aber nur Jesus` Lehre entspricht Gottes Willen. Im heiligen Abendmahl sind wir dem Sohn Gottes am nächsten. Seinen Leib, sein Blut genießen können, eine engere Gemeinschaft ist nicht möglich. Das heilige Abendmahl als ein wirkliches Gemeinschaftsmahl feiern, bei dem man miteinander zum Tisch des Herrn geht. Ins gemeinsam gesprochene Gebet sein eigenes Herz hineinlegen, im Bewusstsein: „Ich bin nicht allein“ vor den Herrn treten. Dann haben wir verstanden, was eins sein heißt. Dann sehe ich, was uns verbindet und nicht das, was trennt. Dieses eins sein Können ist der Beweis für die Gegenwart Gottes.
Der Vorsteher der Gemeinde Nufringen, Dietmar Marquardt, ging auf den Inhalt von Gebeten ein: Durchaus menschlich, dass irdische Belange, die Bitten um dies und jenes, einen großen Raum dabei einnehmen. Das Danken gerät da leicht in Vergessenheit. Soll es aber nicht. Damals bei der Einweihung des salomonischen Tempels waren sich die Menschen eins im Loben und Danken. Wie eine einzige Stimme hörte sich das an, trotz vieler Instrumente und vieler, die sprachen und sangen. Da erfüllte die Herrlichkeit des Herrn den Tempel, so steht es im Alten Testament. „Lasst uns die in jedem Gottesdienst erleben, indem auch wir den gemeinsamen Dank an den Anfang unserer Gebete stellen.“
Daran knüpfte G. Kaltschmitt vor der Feier des heiligen Abendmahls an: „Auseinanderdriften? Sich fremd werden? Das kann nicht sein. Im Himmel ist Gemeinschaft angesagt.“ Dem Nächsten vergeben, ihn lieben und ihm helfen. Dann wird Freude schöner und Schmerz leichter. Gott hat den Menschen als Gemeinschaftswesen erschaffen.
Der Chor wusste zum Abschluss des Gottesdiensts die passende Replik:
„Großer Gott, wir loben dich, Herr, wir preisen deine Stärke. Vor dir beugt die Erde sich und bewundert deine Werke. Wie du warst vor alter Zeit, so bleibst du in Ewigkeit.“
(Gb. Nr. 255, Text nach dem „Te Deum“ des 14. Jh. von Ignaz Franz)