„Eines bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne: Dass ich im Hause des Herrn bleiben könne mein Leben lang, zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn und seinen Tempel zu betrachten.
“ (Ps 27, 4)
Das Wort des Psalmisten, das den Inhalt des Gottesdienstes unter der Leitung von Bischof Georg Kaltschmitt bestimmte, sei diesem Bericht vorangestellt. Nach Jettingen eingeladen waren die Mitglieder der Kirchengemeinden Mötzingen und Öschelbronn. Ein aus Glaubensgeschwistern aller drei Gemeinden bestehender großer gemischter Chor sorgte außer dem Gemeindegesang für die musikalische Umrahmung. „Eins bitte ich vom Herrn…“ (Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 354 ) erklang zu Beginn des Gottesdienstes. Daran knüpfte der Bischof an. Der Text des Liedes, in dem es heißt, dass ich bleiben möge im Haus des Herrn… basiert auf einer älteren Übersetzung des Alten Testaments. Zu lesen in einer weit früheren Ausgabe der Bibel als der jetzt gebräuchlichen aus dem Jahr 1984. In der heißt es „bleiben könne “. „Möge…“, so G. Kaltschmitt, darin steckt „ob das so sein mag, vielleicht?“. „Könne“ hingegen bedeutet kein „may be, vielleicht“, vielmehr, wir können bleiben, wenn wir es wollen. Gott macht die Tür für uns nicht zu.
„Seinen Tempel zu betrachten“ - Dieser „Tempel“ damals war ein Zelt. Zwar in allen Details nach göttlichen Anweisungen gebaut mit einem Allerheiligsten als Wohnung Gottes. Der zentrale Punkt, an dem alle zwölf Stämme der Juden zusammenkamen. In dem große Feste gefeiert wurden, man um Gnade für seine Sünden bat und sich zusammen stark fühlte im Bewusstsein: Wir sind ein Volk. Heute wohnt Gott nicht in unseren Kirchen. Vielmehr ist er überall. Für jeden jederzeit erreichbar im Gebet. Wenn er uns in sein Haus einlädt, dann ist hier und jetzt der Ort, wo Gott ist. Hier wirkt sein Heiliger Geist.
„…bleiben könne mein Leben lang,…“ – Je dringender ein Wunsch ist, desto mehr tue ich dafür, dass er sich erfüllt. Dafür müssen wir etwas einbringen:
Gottes Gnade erkennen – Niemand konnte sich aussuchen, wohinein er geboren wurde. Glauben zu können – eine Gnade. Gott ermöglicht es uns, die Dinge richtig sehen zu können. Letztlich ist alles Gnade. „… und vergiss nicht , was er dir Gutes getan hat: …“ , zitierte G. Kaltschmitt aus Psalm 103. Gutes - die göttliche Gnade gilt es zu erkennen. Wie damals der Zöllner, der angesichts seiner Verfehlungen bat: Sei mir Sünder gnädig.
„Dass ich im Haus des Herrn bleiben könne…“ – das heißt, entschlossen zu sein, um die eigene Erlösung zu kämpfen. Nicht der Teufel soll mein Handeln bestimmen. Das wäre Frevel, umso mehr, wenn wir von dessen Tun und Absichten etwas mit ins Haus des Herrn brächten. Etwa Gedanken, die nicht von Gott sind. Die gilt es als solche zu erkennen. Im Haus Gottes wird das zeitgemäße Wort verkündigt. Zeigen wir uns lernfähig und hängen nicht an dem, was vielleicht in früheren Zeiten maßgebend war, weil uns anderes unbequem sein könnte. Was der Heilige Geist heute sagt, ist maßgebend, denn er führt von einer Wahrheit in die andere. Heute wird der aktuelle Stand der Erkenntnis verlautbart. In ihr wachsen und nicht im Alten verharren. Dazu gehört auch, sich in Vergebung zu üben. Jesus wusste, dass das schwer ist. Eine fortdauernde Anstrengung. Der Teufel versucht uns davon abzuhalten. Das, was ich falsch mache, bereuen und meinem Nächsten vergeben können und auch nicht mehr darüber zu reden. Im Bewusstsein, im Haus Gottes versammelt sich eine Gemeinde von Brüdern und Schwestern. Trotz aller irdischen Unterschiedlichkeiten geeint durch den gemeinsamen Willen, auf ewig bei Gott sein zu wollen.
„Wir wollen im Haus des Herrn bleiben. Wollen daran Freude haben und uns nicht ärgern. Das werden wir so halten bis zum ewigen Vaterhaus, um „seinen Tempel zu betrachten.“
Hirte Arndt Bayer, Vorsteher in der Gemeinde Tübingen, sprach an, dass Jesus keine Kompromisse duldet. Als sich viele von ihm abwandten, weil sie ihm nicht glauben konnten, seine Rede nicht hören wollten, da hieß es, wer sein Blut nicht trinke, sein Fleisch nicht esse, der hat kein Teil an ihm. Nicht etwa heute sagen, was ich gerade erleben muss, da kann ich nicht mehr im Gotteshaus bleiben. Ich sehe da nur Probleme. Nein, dranbleiben und um Hilfe bitten, um im Haus des Herrn bleiben zu können.
Der Bischof griff das auf und setzte fort: Du kannst, wenn du es wirklich willst. Gott gibt dir das Vermögen dazu. Das ist sein Segen, der das möglich machen kann. Seine Gnade wird es auch möglich machen, an seinem Tag zu den Auserwählten zu gehören. Aber: Nur, wenn ich seine Gnade will. Wenn ich ihn verstehen und anderen vergeben will. Wenn ich zu seinem Volk zählen will, dann gibt er mir das Empfinden dafür, „zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn…“
Dazu gehört, miteinander Abendmahl zu feiern. Im Vaterunser stehen die Verben im Plural. Es ist eine Gemeinschaft, die zum Tisch des Herrn geht. Dort Gnade empfängt und Leib und Blut Jesus´ genießt. Der Höhepunkt eines Gottesdienstes und kein Gewohnheitsritual. Das geschieht, nachdem man in Gemeinschaft, als eine Gemeinde, die Freisprache von den Sünden erlebt hat. Es gibt Gnade für alle . Alle sind vor Gott gleich. Alle sind auf einer gleichen Höhe vor dem Herrn als die von ihm gerecht Gemachten.
Dankbarkeit und Aufgabenstellung zugleich klangen an im musikalischen Schlusspunkt des Chors:
„Dich, Gott, loben wir, dich Herr bekennen wir. …“
(Chorbuch Nr. 254, Textd ichter unbekannt)