„Er ist das Licht der Welt, wie`s uns verheißen ist.
Vergehn wird alle Nacht durch den Herrn Jesus Christ.“
(aus Vers 1, Nr. 5, Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche, Text Heinrich Mann, 1844 – 1920)
Das eingangs zitierte Lied wurde zu Beginn des Gottesdienst gemeinsam gesungen. Zuvor hatten ein Instrumentalquintett und der gemischte Chor musikalisch dafür gesorgt, dass die Gottesdienstbesucher vom Alltagsstress Abstand gewinnen konnten. Außer den Mitgliedern der Gäugemeinden – für die wurde der Gottesdienst live nach Herrenberg übertragen – waren alle Glaubensgeschwister aus dem Kirchenbezirk nach Tübingen eingeladen.
Anknüpfend an das gerade verklungene, vom Chor gesungene „Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses…“ (Chorbuch für den neuap. Gottesdienst Nr. 107, Text Ps 26, 8 u. 95, 6) begann M. Ehrich damit, auf das „Warum?“ dieser Liebe zum Gotteshaus einzugehen:
Es soll ein Anliegen sein, uns im Gottesdienst vor der Größe des Herrn zu beugen und ihm zu danken. Wir kommen zwar auch mit dem Wunsch, Gott unsere Probleme vorzubringen. Hauptsache sollte aber nicht sein, unser irdisches Leben immer komfortabler zu gestalten. Wir wollen in der Anbetung Gottes Nähe erleben, wissen unsere Sorgen bei ihm gut aufgehoben und nehmen Anregungen dafür mit, wie wir unseren Glauben leben können.
Adventszeit – die Zeit der Kerzenlichter. Die eine ganz andere Atmosphäre verbreiten als das künstliche Licht. Schon seit Urzeiten versteht es der Mensch, sich ein Feuer zu machen. Feuer, das ist auch ein Bild des Heiligen Geistes und der Begeisterung. Fragen wir uns, ob das noch in uns brennt. Wofür ist meine Seele entflammt? Und wenn sie „brennt“ vom Heiligen Geist, wird das nach außen sichtbar? Der Alltag mit seinen Anforderungen, die Gewohnheit, sie können das Licht des Feuers dämpfen. Denken wir an die Worte Jesus`: Ihr seid das Licht der Welt.“ Lassen wir dieses Licht in der Zeit der Erwartung seiner Wiederkunft hell leuchten.
Feuer wärmt. Wärme ist das Bild der Liebe. Von der Jesus vorhersagte, dass sie in vielen erkalten werde. Man nimmt keinen Anteil mehr am Leid anderer. Trotz Jesus` Gebot, den Nächsten wie sich selbst zu lieben. Da hilft das Feuer des Geistes, die Dunkelheit auch für andere zu erhellen. Sein Licht lässt uns sicherer gehen. Rein menschlich gesehen könnte man sich sonst schon fürchten angesichts der politischen, ökonomischen und ökologischen Probleme weltweit.
Das Feuer beseitigt auch Manches, lässt es zu Asche werden. Das ist das Bild der Vergebung. Unter diesen Aspekten des Lichts und des Feuers die Adventszeit erleben, das soll im Geistigen unser Anspruch sein.
Der Gottessohn, den der Dichter im eingangs zitierten Lied „das verheißene Licht der Welt“ nennt, wird im Wort aus dem Neuen Testament, das zu Beginn des Gottesdienstes verlesen worden war, mit Jesus` eigenen Worten kurz und prägnant dargestellt, indem er spricht: „Fürchte Dich nicht. Ich bin der Erste und der Letzte.“ (aus Offb 1,17)
Jesus, der Erste. Der als Teil der Dreieinigkeit schon die Welt miterschaffen hat. Aber er ist nicht nur Schöpfer alles Irdischen. Er brachte eine „einmalige Lehre“: Wir glauben, dass Gott Mensch geworden ist. Er einen Tod starb, der für alle Menschen Erlösung brachte. Dass er auferstanden und gen Himmel gefahren ist. Wenn ich glauben kann, dass er Gottes Sohn war, dann ist es nur ein kleiner Schritt, alles andere auch im Glauben anzunehmen.
In allem ist der Gottessohn der Erste. Und auch der Letzte. Er hat das letzte Wort. Es werden sich alle Knie vor ihm beugen müssen. Dann bedarf es keines Glaubens mehr: Jesus schafft Vollendung. Der Letzte. Der sich den Menschen gleich gestellt hat. Der bleibt. Selbst eine Mutter könnte das – in einem Ausnahmefall - mit ihren Kindern machen, sie verlassen. Jesus tut es nicht. Er verließ auch die Sünder nicht. Er machte ihnen zwar bewusst, dass sie Unrechtes getan hatten, aber er ließ sie nicht im Stich.
Was hat das heute mit mir zu tun? Es gibt Sicherheit: Fürchte dich nicht! Aber sei besorgt darum, dass Jesus auch in deinem Leben der Erste und der Letzte ist. Der Erste in unserem Herzen, denn in allen Lebenslagen können wir uns an ihn wenden. In allen, auch in guten, und nicht nur im Notfall. Seinem Wort die erste Stelle einräumen. Petrus und Johannes konnten unter Lebensgefahr auch vor dem Hohen Rat nicht anders, als sich zum Gottessohn zu bekennen. Sie mussten Gott mehr gehorchen als den Menschen. Auch wenn es bitter ernst war. Mit Ausnahme von Johannes ist keiner der damaligen Apostel eines natürlichen Todes gestorben.
Im Gottesdienst bekommen wir Anregungen durch den Heiligen Geist. Wie der Einzelne damit umgeht, das ist seine Entscheidung. Wenn Gottes Wort an erster Stelle in meinem Leben steht, dann bin ich auch bereit, dem zu folgen, Aufgaben anzunehmen und in schwierigen Verhältnissen seinem Wort die Priorität zu geben.
Und er ist der Letzte. Bedeutet, ihm bis zuletzt treu zu sein. Eine Herausforderung. Ein Vater, der zwei Söhne hatte, stellte beiden eine Aufgabe. Der eine stimmte zu und…ließ es bleiben. Der andere nahm sie erst mal nur zur Kenntnis und…entzog sich ihr letztlich nicht. Immer bleibt entscheidend, ob ich etwas nur äußerlich, der Form halber akzeptiere. Oder ob meine Herzenseinstellung so ist, dass ich Gottes Wille tue, auch wenn er mir „quer kommt“.
Letztendlich ist der Mensch immer auf Gnade angewiesen. Die kann ich nur in dem Maß erlangen, mit dem ich selbst anderen gegenüber vergebungsbereit bin.
Wir können getrost und ohne Angst sein: Es gilt die Zusage Jesus`, „Ich bin bei euch alle Tage und ich werde wiederkommen.“. Der Herr ist der Erste und der Letzte, und er umschließt alles.
Bischof Georg Kaltschmitt, ein Tübinger, wie der Bezirksapostel nicht unerwähnt ließ, als er ihn bat, etwas zum Gottesdienst beizutragen. Ein großes Licht sei heute angezündet worden, so der Bischof. Ein Gottesdienst, voll an Erleuchtung. Der Manches deutlich gemacht hat, was leicht im Alltagsgeschehen untergehen könnte. Licht steht für Glaubenserkenntnis. Jeder Gottesdienst soll uns wieder klar sehen lassen.
Licht ist nicht nur warm. In einer Flamme wird es heiß. Bist du noch heiß in deinem Glauben? Lau sein ist Gott ein Gräuel. Wer ist die Nummer eins in deinem Herzen? Das bedeutet nicht, an nichts anderes mehr zu denken. Aber immer soll die Nummer eins Orientierung bei Unsicherheiten geben, „im Hintergrund immer durchleuchten“ und Maßstab sein, um die Prioritäten richtig
Auch im heiligen Abendmahl ist Gott uns ganz nahe, setzte M. Ehrich fort. Wir können daraus Kraft nehmen, wenn wir uns ganz zu ihm hinwenden.
Gemeindeevangelist Lothar Dopf, Vorsteher der Gemeinde Rottenburg, in der Mitte des Kirchenbezirks Tübingen gelegen, sollte das Hirtenamt empfangen. „Ein besonderes Bild, das des Hirten. Er ist immer um seine Herde herum. Er ist da der Erste und der Letzte.“ Das sei schon bisher mit ganzem Herzen die Art des Evangelisten gewesen. Das Hirtenamt solle ein Stück mehr seelische Kraft und Liebe für die ihm Anvertrauten bewirken. Er möge damit in Verbindung mit seinen Vorangängern als Hirte seine Gemeinde führen. Gott misst Erfolge anders als ein Mensch. Liebe, Hoffnung und Glaube sind nicht mess- und wägbar. Aber sie hinterlassen Spuren des Segens. „Sei ein wahrer Seelenhirte. Tritt für deine Herde Gefahren entgegen. Trage alle Schwachen in der Liebe Jesu Christi.“
Nach dem Gottesdienst bedankte sich der Bezirksapostel für die offenen Herzen an diesem Abend. Er wünschte eine schöne weitere Adventszeit und, schon etwas im Voraus, gesegnete Weihnachtstage und ein gutes neues Jahr.