„Gottes Erwählte, vom Geiste geboren…“ So beginnt ein altvertrautes Lied (Nr. 416, Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst Nr. 416, Text Gotthold Schmid, 1865 – 1939). Es wurde von einem großen gemischten Chor gesungen, zu dem auch die Nufringer SängerInnen an diesem Abend gehörten.
Die Mitglieder der Nachbargemeinde Gärtringens waren zum Gottesdienst eingeladen.
G. Kaltschmitt ließ anfangs das gerade verklungene, oben zitierte Lied Revue passieren: Beim Zuhören kann man sich Manches besser bewusst machen als wenn man selbst singt. Und sich gerade bei „gängigen“ Liedern, scheinbar „selbstverständlichen“ Texten mehr Gedanken dazu machen. In diesem Lied richtet sich der Blick aufs Ewige. Die Vergänglichkeit des Irdischen wird bewusst. Im Gegensatz zu dem, was einmal kommen wird, wird es als „nur ein flüchtig Gezelt“ beschrieben. „Und das im Land der Häuslebauer“, sagte leicht schmunzelnd der Bischof. Aber auch dort hat keins der Bauwerke, in die der Schwabe viel Zeit, Geld und Mühe investiert, ewigen Bestand. Es kann immer nur vorübergehend die Behausung für einen Menschen sein.
Dem Gottesdienst lag ein Wort aus den Psalmen zugrunde: „Da sprach ich: Siehe, ich komme; im Buch ist von mir geschrieben: Deinen Willen, mein Gott, tue ich gern, und dein Gesetz habe ich in meinem Herzen.“ (Ps 40, 8. u. 9)
„ Siehe, ich komme;…“ , damit wird ein prophetischer Hinweis auf den Messias gegeben, den verheißenen Erlöser. „Deinen Willen, mein Gott, tue ich gern,…“. Und zwar, weil Gott will, dass allen Menschen geholfen wird, fuhr G. Kaltschmitt fort. Jesus` Opfer ist der Weg zu ihrer Erlösung. Damit sind wir alle angesprochen, jeder für sich. Es geht um die ganz persönliche Beziehung zu Gott. Zu ihm, dem Allmächtigen, der sich jedem Einzelnen aus der Masse der Menschen individuell zuwendet, ihn auserwählt hat. Nicht durch Zufall. Nein, Gott will dich, schon ehe der Welt Grund gelegt war. Dich in deiner Lebenssituation. Im biblischen Bild vom Hirten wird das deutlich. Der geht dem einen verlorenen Schaf nach. Trotz der vielen Tiere, die er hat. „Dieses Bewusstsein, es geht um mich, wollen wir aus dem Gottesdienst mitnehmen“.
„…im Buch ist von mir geschrieben: …“ Das meint das Lebensbuch des Lammes, in das alle eingetragen sind, die den Heiligen Geist tragen. Auch die Bibel, das Evangelium, ist ein Buch. Darin ist das Wort enthalten, das wir hören. Bei dem es ganz speziell um dich geht. In dem alles abgebildet ist, was Menschen erleben können und ihnen widerfahren kann. Auch im Gottesdienst spiegelt sich die Situation jedes Einzelnen. Wie oft kann man sich in dem, was da gesagt wird, wiederfinden. Und dann – können wir vorbehaltlos sagen, was auch immer kommen mag, Gott, deinen Willen tue ich gern? Der Bischof erinnerte an Daniel, der auch in Babylon, wo eine andere Kultur maßgebend war, Gottes damaliges Gesetz, das mosaische, fest in seinem Herzen behielt und davon unter widrigsten Umständen nicht abließ. Stehen wir zum göttlichen Gesetz, wenn wir in Bedrängnis geraten? Der Reiche Jüngling hatte alle Gesetze befolgt, aber Jesus nachfolgen konnte er trotzdem nicht. Egal, was um mich herum geschieht, was andere machen, stehe ich zu meinem besonderen Verhältnis zu Gott? Der schaut auf mich, ob ich seinen Willen gern tun will.
Menschen versuchen gern, sich herauszureden. Adam und Eva nach dem Sündenfall: Er sei ein Opfer von Evas verführenden Worten und sie sei eins der Überredungskünste der Schlange, hieß es. Entscheidend ist aber mein Verhältnis zu Gott. Wie ich in meinem Leben meinen Weg gehe. Darauf haben andere keinen Einfluss. Berücksichtigt Gott gar nicht, wie es speziell mir geht? O doch, er verlangt nichts Unmögliches. Nur, dass jeder aus dem, was er bekommt, das ihm jeweils Bestmögliche macht. Entscheidend ist, was ich heute und morgen tue im Willen Gottes. Was ich im Herzen trage. Über den eigenen Tellerrand hinaus anderer Leid und Elend sehen und feststellen können, wie gut es eigentlich einem selbst geht. Dass ich darum kämpfe, Gottes Erwartungen an mich zu erfüllen. Gegen den Geist der Kritik angehe. Der himmlische Vater will von jedem das eigene Bemühen sehen. Nichts fällt einem dabei in den Schoß. Aber ich darf gern im Gebet mit ihm sprechen. Er hat mich trotz meiner Schwäche lieb. Er will allen helfen. Er gibt uns die Basis, auf der wir stehen. So wird es uns immer mehr gelingen, seinen Willen zu erfüllen.
Ein Priester aus der Gemeinde Nufringen verwies in seinem Beitrag zum Gottesdienst darauf, dass wir zwar in der Gemeinschaft stark sind, Gott uns aber trotzdem ganz persönlich und individuell anspricht. Wir dürfen unsere eigene Beziehung zu ihm verfolgen. Er hat uns unseren Lohn dafür versprochen. Den erhalten wir bei der Wiederkunft seines Sohns. Darum dienen wir dem Herrn mit Freuden. Ein Jünger Jesus` verwies erfreut auf sein Erlebtes. Er habe Geister austreiben können. Der Gottessohn wusste das zu gewichten: „Freut euch, dass eure Namen im Buch des Lebens angeschrieben sind,“ war seine Erwiderung. „Darum geht es. Darauf dürfen wir uns freuen.“
Ein Priester aus der Gemeinde Gärtringen knüpfte an das zuvor verklungene vom Chor gesungene Lied an. Das drückte den Wunsch aus, näher zu Gott zu kommen. „Näher zu ihm – lebt das auch in dir? Oder denkst du gelegentlich, etwas mehr Abstand, größerer Freiraum wären ganz gut?“ Wir wollen Gottes Liebe und die seines Sohns erwidern, die allen Menschen helfen möchten. Diese Zuwendung kann uns aber nicht erreichen, wenn wir auf Distanz gehen. Jesus ist gestorben für unser ewiges Leben mit und bei Gott. Dort gibt es nur noch Frieden und Freude. Nutzen wir beim Gedächtnis an seinen Opfertod bei der Feier des heiligen Abendmahls die göttliche Kraft, die uns darin geschenkt wird.
G. Kaltschmitt setzte das fort. Je näher der Mensch Gott kommt, desto größer erscheint der himmlische Vater. Er will die Gemeinschaft zwischen ihm und den Menschen, aber auch die der Menschen untereinander. Dazu gehört, den Nächsten zu lieben, ihm zu verzeihen, ihm zu helfen, sich tolerant zu zeigen. Die Braut Christi wird dazu ausgebildet, in der Gemeinschaft zu leben, den Nächsten mitzutragen, Rücksicht auf andere zu nehmen. Gemeinschaft besteht fort in der Ewigkeit, ohne je ein Ende zu nehmen. Gott weiß, was er an Vergebungsbereitschaft von uns erwarten kann. Ohne Wenn und Aber verzeihen zu können. Und Gott ist bereit, seine Gnade, den Genuss von Leib und Blut Jesus`, zu schenken. Dir und jedem anderen.
Nach dem Gottesdienst hieß es „Alles Gute.“ Im Bewusstsein, so der Bischof, dass nur Gott und kein Mensch weiß, was auf uns zukommt. Aber etwas wünschen darf der Erdenbürger sich schon. Und so beschrieb der Chor in einem von vielen nach dem Gottesdienst gesungenen Liedern die Sehnsucht nach der himmlischen Heimat (Chorliederbuch Nr. 418, Text Hermann Engelhardt, 1872 -1938).