„Der am Kreuz ist meine Liebe, dem ich treu zu sein mich übe.
“
(Refrain Lied Nr. 46, Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche, Text Johann Mentzer, 1658 – 1734)
Eine Bilderbuchlandschaft im Gäu wie auch weiter oben im Schwarzwald und auf der Alb zeigte sich an diesem Sonntagmorgen. In der Nacht zuvor war der erste Schnee des Winters 2015/2016 gefallen. Während der Leiter des Bezirks Tübingen, Klaus von Bank, und sein Stellvertreter, Werner Lampprecht, nach Dornhan bzw. Sulz-Sigmarswangen fuhren, um dort die Gottesdienste zu leiten, ging es für den Leiter des Bezirks Dornhan, Horst Schneider, und seine beiden Stellvertreter, Jörg Grözinger und Jürgen Armbruster, nach Rottenburg, Bondorf und Gärtringen. In der Stadt am Neckar waren die Ammerbuch-Pfäffinger, in Bondorf die Mötzinger und in Gärtringen die Nufringer zum Gottesdienst eingeladen. Das sorgte in allen drei „Besuchsgemeinden“ für jeweils eine volle Kirche und große gemischte Chöre, die die Gottesdienste musikalisch mitgestalteten.
„Wer aber dem Herrn anhängt, der ist ein Geist mit ihm.“ (1. Kor 6, 17). Dieses Bibelwort war verlesen worden. H. Schneider sagte zu Beginn des Gottesdienstes: Gott ist in der Mitte. Er will uns dienen. Unseren Glauben und unsere Gemeinschaft stärken. Was macht die stark? Wenn in ihr eine gute Stimmung herrscht. Zu der alle beitragen können. Aber, das ist ein fragiles Gebilde. Ein ungeschicktes Wort und der innere Friede ist „durcheinander gewirbelt“. Die Stimmung schlägt ins Negative um. Das ist normal, wenn Menschen miteinander umgehen. Und wie kommt man da wieder heraus? Versuchen, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Die Möglichkeit hat Gott dem Menschen gegeben. Der sich selbst auch mal genauer betrachten sollte. Sich hinterfragen, wie reagiere ich auf etwas. Gott gibt dazu durch seinen Geist die richtigen Impulse: Sich selbst zurücknehmen zu können. Gnade und Gemeinschaft wertschätzen zu können, denn letztlich ist nur wichtig, gemeinsam das Glaubensziel zu erreichen.
Die Amtsträger haben dabei die Aufgabe, ihren Glaubensgeschwistern den Zugang zum Heil in Gott zu ermöglichen. H. Schneider erinnerte sich daran, wie es früher bei vielen war. Da ging man mit allem, was zu entscheiden war im natürlichen Leben, zu „seinem“ Vorsteher oder Jugendleiter. Das hat sich geändert. Der Trend der letzten Jahre geht eher dahin, alles selbst regeln zu wollen. Gott damit mehr in den „Außenbereich“ des menschlichen Lebens zu verlegen. Die Beziehungen zu den Amtsträgern der Kirche sind distanzierter geworden. Aber es gilt weiter, dass Letztere aus göttlichem Geist heraus bestimmt worden sind. Mit der Aufgabe, das zu sagen, was dem himmlischen Vater wohlgefällig ist. Um so die Nähe zu ihm bewahren zu können, damit er in unserer Mitte bleibt.
„Wer aber dem Herrn anhängt“ , so schrieb Paulus. Einerseits sind wir Individuen, aber wir sind auch Kinder Gottes. Die zu seiner Gemeinde gehören und eine enge Beziehung zu ihm haben. Diese und damit auch die zur Kirche darf sich nicht auf das Äußere beschränken. Vielmehr muss sie etwas Organisches sein. Ein „angeklebter“ Ast kann vom Baum keinen Saft mehr bekommen. Die Auswirkungen sind schnell zu sehen. Durchgängigkeit ist notwendig. Nicht in der Kirche etwas Unverbindliches sehen, damit umgehen, wie es einem gerade angemessen erscheint. Ein Bild – wenn sich einzelne Körperteile selbstständig machen würden, man keine Kontrolle mehr über sie hätte, das wäre ein völlig unnatürlicher Zustand, der zu nichts Gutem führen kann.
Paulus zeigte sich dankbar gegenüber Timotheus, der ihm stets in allem gefolgt war, was auch immer geschah (2. Tim 3, 10). Der folgte Paulus nicht nur in der Lehre, sondern war mit ihm ein Herz und eine Seele. Timotheus nahm Paulus an, mit all dessen Schwächen. Sich Letzteren als Vorbild nehmend, der immer Verständnis für andere und Geduld mit denen hatte, die ihm anvertraut waren. Eins waren Paulus und Timotheus sich im Geist, in ihrer inneren Einstellung. Ein Geist, der Heilige, soll führen. Er soll Impulse geben. Es gibt so viele „Geister“, die herumspuken. Aber nur einen, der nicht ängstigen und einschüchtern will, der keinen Hass verbreitet, sondern getragen ist von der Kraft der Liebe. Gott anhängen, nicht aus Angst, sondern aus Überzeugung heraus. Er hat uns zu seinen Kindern gemacht. Er hegt und pflegt uns durch seinen Geist. Dessen Kraft der Liebe schenkt uns die Fähigkeit, unser Glaubensleben miteinander verbringen zu können. Der Heilige Geist kann den unseren steuern und uns im Gemeinschaftsleben helfen. Geben wir ihm die Möglichkeit, uns Impulse zu schicken, den Nächsten wahrzunehmen, ihn glücklich zu machen. „Als Gottes Kinder warten wir gemeinsam auf den Tag, der verheißen ist und sich erfüllen wird.“
Lothar Dopf, Gemeindevorsteher in Rottenburg, zitierte ein altvertrautes Chorlied: „Mit dem Herrn fang alles an!“ (neuap. Chorbuch Nr. 44, Text nach Christoph Christian Hohlfeld, 1776 – 1849). Jesus „anhängen“, aber nicht nur oberflächlich. In den Gottesdienst gehen, uns öffnen, Gottes Geist annehmen. Wenn trotzdem keine gute Stimmung entsteht – dann kann es auch an einem selbst liegen. „Besser ein Licht anzünden, als über etwaige Dunkelheit schimpfen.“ Ein Geist bedeutet, jede/r stellt hintenan, was ihn hindern könnte, das gemeinsame Ziel zu erreichen. „Eins im Geist und Streben,“ , wurde noch einmal aus einem Chorbuch zitiert. Dieses Mal aus dem Vorgänger des jetzt aktuellen (Nr. 143, Textdichter unbekannt).
Walter Seidt, Gemeindevorsteher in Ammerbuch-Pfäffingen, setzte fort: Wer schon mit Vorbehalten kommt, darf sich nicht wundern, wenn er Mühe hat, etwas anzunehmen. Gott und sein Sohn müssen mir wichtig sein, damit ich ihnen nachstreben kann. Wie war Jesus? Wie hat er gehandelt? Was war sein Auftrag? Wenn ich mich daran orientieren will, habe ich genug zu tun. Er war immer dem Nächsten zugewandt. Nie beleidigt, wenn es an Akzeptanz fehlte. Bei seinem ersten Auftreten in der Synagoge – von jedermann gepriesen. Später, wieder in der Synagoge, herabgesetzt, geschmäht, man vertrieb ihn, wollte ihn einen Hang hinunterstürzen: Jesus blieb der, der er war. Hatte keine Rachegedanken. War sich immer eins mit Gott, seinem Vater. Er konnte Andersartigkeit akzeptieren. Vermochte mit menschlicher Schwäche umzugehen. Wandte sich gerade den Sündern zu. War sanft und demütig. Ganz konkret im wirklichen Leben. Keine Theorie, kein Wunschdenken. Einfach im Hier und Jetzt. Die Möglichkeit haben auch wir in unserem Leben, gerade und auch in der Gemeinschaft im Haus Gottes. Ein Ziel haben, treu zu bleiben, die Verbindung zu Gott und untereinander suchen. Dann haben wir auch die Kraft, um ans Ziel unseres Glaubens zu kommen.
Dazu gehört, so H. Schneider vor der Feier des heiligen Abendmahls, dass man sich der Bedeutung dieses Sakraments bewusst ist. In ihm liegt die Kraft der Gnade, die uns freimacht. Dazu passend wurde vor der Feier des heiligen Abendmahls als Bußlied aus dem Lied Nr. 46 (Vers 3) gesungen, dessen eingangs zitierter Refrain sich in allen vier Strophen wiederholt.
Nach dem Gottesdienst verabschiedete sich H. Schneider mit einem Dank an die Gemeinde, in der eine gute Stimmung zu spüren gewesen sei. Und verwies auf das Beispiel der Klette. Diese Pflanze mit Früchten, die an ihrem Untergrund festhaften und, wenn überhaupt, nur sehr schwer zu entfernen sind, solle das Stichwort sein, um sich immer an den Kern des Gottesdienstes zurückerinnern zu können.