Es war ein etwas trüber Nachmittag im Hochnebel, was das Äußere angeht.
Das wurde mehr als kompensiert durch strahlende Gesichter all derjenigen, die sich in Tübingen um 14.00 Uhr bei einer Unterkunft für Asylbewerber zusammenfanden, gelegen hinter dem Landratsamt. Der Arbeitskreis Asyl Südstadt betreut die Bewohner dort. Sie leben in mehreren „Containerhäusern“. Alles hübsch bunt angestrichen. Mit einem Freizeitgelände inmitten der Häuser: ein Kinderspielplatz, mit Spiel- und Klettergeräten, Platz zum Herumtoben, wie man ihn sich nur wünschen kann. Im Arbeitskreis sind Mitglieder von vier christlichen Tübinger Kirchengemeinden vertreten. Darunter auch etwa 20 aus der Gemeinde Tübingen. Der Chronist, der von außerhalb kam, konnte sich freuen am umbefangenen Miteinander von BetreuerInnen und ihren Schützlingen dort.
Groß und Klein wuselten gemeinsam umeinander, die HelferInnen dazwischen. Da war wechselseitige Vertrautheit zu spüren. Im „Bürocontainer“ alias Sprechzimmer hatte sich – wie immer – Fred Bauer, Neuapostolische Kirchengemeinde Tübingen, eingefunden. Er hält dort regelmäßig „Sprechstunden“ ab. Wieso, weshalb, warum…Ganz einfach oder eben auch nicht: Die Asylbewerber bekommen Post in deutscher Sprache, deren Inhalt sie nicht verstehen können. Behördliche Anfragen, Bescheide usw. treffen auf fehlende sprachliche Kompetenz und keinerlei Vertrautheit mit den in Deutschland geltenden rechtlichen Bestimmungen. Und in aller Regel laufen recht kurze Fristen, die es einzuhalten gilt. Werden die versäumt, wird es problematisch bis gänzlich unmöglich, noch in der Sache selbst etwas einwenden zu können oder Gründe erfolgreich vorzutragen, die z. B., gegen die Ablehnung eines Asylgesuchs sprechen. Mögen auch die Gründe in der Sache selbst noch so triftige sein. Wer das mit ansehen konnte, welches Vertrauen die Bewohner dort in „ihren“ Fred Bauer setzen, der sich mittlerweile schon auf Asylverfahren für Syrer spezialisiert hat, der die Bescheide und andere Schriftstücke sichtet, hinschaut, welche Fristen einzuhalten sind, um dann auch, wenn es aussichtsreich erscheint, Dolmetscher und Rechtsanwälte einzuschalten, der kann das ehrenamtliche Engagement nur bewundern. Seine Frau, Birgit Bauer, ist Vertreterin der neuapostolischen Kirchengemeinde Tübingen im AK Asyl. Sie ist für letzteren zum einen im Außenverhältnis tätig. Kontakte pflegen zu Behörden, Firmen, anderen Vereinen und was immer so anfallen kann. Und sie organisiert im Innenverhältnis die Schar der HelferInnen in enger Zusammenarbeit mit anderen Ehrenamtlichen. Macht Presse- und andere Öffentlichkeitsarbeit…es gibt viel zu tun. Aber keine vertane Zeit. Vielmehr ein sinnvoller Einsatz für die, die im fremden Land auf Hilfe angewiesen sind.
Aber, das allein reicht nicht. Es braucht auch Geld. Zu verstehen ist, dass es bei der Fülle von Asylbewerberanträgen, die derzeit zu bewältigen ist, auch mal zu einer Fehlentscheidung kommt. Um die notwendigen finanziellen Mittel zu haben, die für ein möglichst erfolgreiches Beschreiten des Rechtswegs durch die Beauftragung eines Anwalts und die Vorbereitung dafür, z. B. Übersetzungen von Dokumenten aus fremder Sprache ins Deutsche beizubringen, gab es die Spende.
Bischof Georg Kaltschmitt konnte in Gegenwart von Reporterin und Fotograf der örtlichen Presse (Schwäbisches Tagblatt) als Überbringer des Missionswerks der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland einen Spendenscheck über 6.500 Euro für den AK Asyl an Diakon Bernward Hecke als Vertreter der anderen Kirchengemeinden überreichen, die sich auch dort engagieren. Der Betrag setzt sich zusammen aus 1.500 Euro, die an Spenden der Besucher anlässlich eines Konzerts des „Jungen Chors Süddeutschland“ in Tübingen (siehe Bericht…) sowie durch Spenden von Mitgliedern der Tübinger Neuapostolischen Kirchengemeinde an das Missionswerk für diesen guten Zweck zusammengekommen waren. G. Kaltschmitt betonte das mit der Spende verbundene Anliegen, diese so zu verwenden, dass durch Übernahme von Übersetzungs- und Anwaltskosten, die sonst von keiner Seite getragen werden, den für den Arbeitskreis tätigen ehrenamtlichen Helfern geholfen wird, möglichst schnell die Asylverfahren „auf die Reihe zu bringen“. Damit rasch die Anerkennung als asylberechtigt erfolgt und entsprechend auch Integrationsmaßnahmen ergriffen werden können. B. Hecke bedankte sich herzlich. Von Seiten der Helfer aus den anderen Kirchengemeinden, in deren Namen er sprach, werde der mit der Spende verfolgte Zweck „voll mitgetragen“. Es ist nun mal neben der ehrenamtlichen in bestimmten Fällen auch professionelle Begleitung der Asylbewerber nötig. Er drückte seine Bewunderung aus für das Engagement der neuapostolischen Christen im ökumenischen Beieinander mit den Helfern aus den anderen Kirchengemeinden. Allen Mitgliedern der Neuapostolischen Kirchengemeinde Tübingen, von denen auch für diesen Zweck ans Missionswerk gespendet worden war, ließ er seinen besonderen Dank ausrichten. „Christen müssen zusammenstehen“, bekräftigte G. Kaltschmitt noch einmal das, was alle umtreibt, die für den guten Zweck etwas tun.
Danach gab es das übliche Freitagnachmittagskinderprogramm: Zur Zeit ist Waffelbacken der Hit – fertiger Teig wurde schon mal mitgebracht – und, ja, auch das Zusammensetzen von Kunststoffbauteilen für alles Mögliche an „Mini-Bauwerken“ und anderem muss erst einmal jemand den Kindern zeigen, die ohne solches Spielzeug aufgewachsen sind. Da sind die Glaubensschwestern der Neuapostolischen Kirchengemeinde Tübingen gefragt, die sich im AK Asyl engagieren. Woche für Woche, immer wieder dabei mit viel Geduld, Herzlichkeit und Freude. Und ein wenig Schmerz auch, denn nicht alle der liebenswerten, lebhaften und vertrauensvollen Kinder werden in Deutschland bleiben dürfen…Aber auch das haben sich die HelferInnen zur Aufgabe gemacht: In Zusammenarbeit mit den Behörden die Ausreise zur Rückführung so weit wie möglich halbwegs erträglich zu gestalten, Freiwilligkeit zu fördern. Zu beraten, im Umgang mit den Behörden zu helfen, um die dafür vom deutschen Staat vorgesehene finanzielle Unterstützung für den Start im Herkunftsland zu erhalten. Und ein unbefristetes Wiedereinreiseverbot, wie im Fall der Abschiebung möglich, zu vermeiden…ein weites Feld, diese ehrenamtliche Arbeit.