In den Gäugemeinden des Kirchenbezirks Tübingen bereiten sich derzeit acht Konfirmanden mit ihrer Lehrerin, Andrea Lampprecht, auf den Zeitpunkt im Frühjahr 2016 vor, an dem die jungen Christen selbst die Verantwortung für ihr Glaubensleben übernehmen werden, die bis dahin ihre Eltern für sie haben.
Sie werden das Bekenntnis ablegen, im Glauben und Gehorsam Gott treu zu sein. Zum christlichen Glaubensverständnis gehört auch, dass das diesseitige Leben nicht alles ist. Vielmehr gibt es ein Leben nach dem Tod. Daran zu denken, fürbittend für andere einzutreten, die zu Lebzeiten nicht erkennen konnten oder wollten, dass das Heil ihrer Seele in Jesus zu finden ist, ist ein Anliegen neuapostolischer Christen. Ganz besonders in drei Gottesdiensten im Jahr, von denen im Jahr 2015 der letzte am 1. November stattfand. Zur Vorbereitung darauf waren die Konfirmanden eingeladen, am vorhergehenden Freitag um 16 Uhr zum Waldfriedhof in Herrenberg zu kommen, der etwas außerhalb oben auf dem Schönbuch liegt. In dem Alter hat man noch keine Fahrerlaubnis, also sah man auch einige Väter und Mütter. Und mit ein wenig Verspätung, am Freitagnachmittag ist die Verkehrslage im Kreis Böblingen meist nicht ganz einfach, traf auch Tübingens Bezirksvorsteher Klaus von Bank auf dem Parkplatz beim Waldfriedhof ein.
Seit etwa vierzig Jahren ist das der Herrenberger städtische Friedhof, wie A. Lampprecht zu berichten wusste. Im Juli 2015 wurde in der Nähe des Friedhofs ein Trauerpfad fertig gestellt. Den wollte die Lehrerin zusammen mit ihren Konfirmandinnen und einem Konfirmanden – sie kommen aus den Gemeinden Herrenberg, Bondorf, Rottenburg und Jettingen - zur Einstimmung auf den kommenden Sonntag gehen. Der Trauerpfad entstand, wie A. Lampprecht in ihren einleitenden Worten schilderte, durch eine konfessionsübergreifende Initiative Herrenberger Bürger in Zusammenarbeit mit den Hospizinstitutionen. Sie verteilte an „ihre“ Konfirmanden Zettel, in denen jeweils eine Station – neun sind es insgesamt – angegeben war. Je eine/r sollte dann beim anschließenden Rundgang den Text auf der ihm zugeteilten Tafel vor den Stationen verlesen. So geschah es auch. Die Worte geben die unterschiedlichsten Empfindungen wieder, die Menschen im Zusammenhang mit Leben und Tod, Freude und Leid, Zukunftserwartung und –hoffnung sowie Bewältigung der Vergangenheit haben.
Es ging gemeinsam los an einem schon dämmrig werdenden Nachmittag, raschelndes Laub unter den Füßen und umgeben von mit Gartengeräten ausgerüsteten Friedhofsbesuchern, die noch eben schnell vor Allerheiligen am 1. November die Gräber ihrer Angehörigen in Ordnung bringen wollten. Ein paar Stationen seien hier genannt. Ansonsten einfach mal selbst zum Trauerpfad fahren…
Ein „Labyrinth“ gibt es, das begangen werden kann. Man muss dazu Steinplatten in einer bestimmten Reihenfolge „belaufen“, damit sich alle in der Mitte treffen. Kein Problem für junge Füße, die schaffen das in Windeseile. Die gelangten, so schnell konnte man gar nicht zugucken, über die „richtigen“ Platten ins Zentrum des Labyrinths und fanden problemlos wieder zurück an den Ausgangspunkt. Man betritt auf dem weiteren Weg ein oben offenes Rondell, mit Holzwänden umgeben. Daran sind viele Tafeln aus Schiefer befestigt. Der Besucher kann darauf schreiben, was ihn bei seinem Rundgang bewegt. Und es gibt einen „Spiegelraum“, in dem man sich zwangsläufig von allen Seiten sieht. Der liegt in der Nähe der ältesten Eiche dort. Ein hoher, sehr hoher Baum, der sicher viel über Vergangenes aus dem Schönbuch hätte berichten können. Und es vielleicht auch tut. Aber wenn, dann in einer dem Menschen nicht zugänglichen Sprache. Dort versammelten sich alle wieder nach Beendigung des Rundgangs.
Verabredet worden war, dass die Konfirmanden noch etwas freie Zeit bekommen sollten, um sich auf eigene Faust ohne erwachsene Begleitung noch einmal das anschauen zu können, was sie besonders interessiert hatte. Einige stürmten sofort wieder ins Labyrinth…Derweilen standen die etwas Älteren zusammen bei der Eiche und unterhielten sich in der Worte wahrer Bedeutung über Gott und die Welt.
Als alle wieder eingetroffen waren, gab es die Gelegenheit für die Jüngeren, wiederzugeben, was sie bei dem Spaziergang der besonderen Art umgetrieben hatte. Auf die entsprechende Frage ihrer Lehrerin – Schweigen. Gehen wir davon aus, sie haben viel in ihren Herzen bewegt und die muss und kann man nicht jederzeit für andere öffnen. K. von Bank sprach zum Schluss ein Gebet, in dem es auch um den besonderen Gottesdienst am Sonntag darauf ging: Er bat um für anderer Leid und Seelenheil offene Herzen, die ein jeder haben möge.
Und, wieder ganz diesseitig, freuten sich zum Schluss alle, jung und etwas älter, auf die Konfirmation am 17. April 2016.