„Meinen Leib und meine Seele samt den Sinnen und Verstand, großer Gott, ich dir befehle unter deine starke Hand.
Herr, mein Schild, mein Ehr und Ruhm, nimm mich auf, dein Eigentum.“
(Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche Nr. 145, Text und Melodie Heinrich Albert, 1604 – 1651)
Zum Gottesdienst in Herrenberg eingeladen waren die nicht mehr ganz so jugendlichen – gerechnet nach Lebensjahren – Glaubensgeschwister aus den Bezirken Albstadt und Tübingen. Der Chor und die anderen Gottesdienstbesucher füllten das Kirchenschiff. Im Eingangsgebet wünschte sich G. Kaltschmitt für diese „besondere Gemeinde“, wie er es formulierte, Gottes Liebe, Zuneigung und Verständnis für eine Lebensphase, in der Manches beschwerlich werden kann. Die der himmlische Vater aber so eingerichtet hat: Mit Herausforderungen durch Krankheit, Einsamkeit und Vieles andere, das niederdrückt. Weil man einfach trotz aller Bemühungen nicht mehr so viel schaffen kann wie in jungen Jahren.
Es wurde viel gesungen – vor dem Gottesdienst, währenddessen und danach von einem großen gemischten Chor unter der Leitung von Gerlinde Kleemann. Einige Gesangstunden hatte es zuvor gegeben, denn, ob jung oder schon etwas älter, von allein wird gar nichts. Geübt werden muss. Zu hören war keineswegs nur das, was sich aus dem früheren Chorbuch ins noch relativ neue „hinübergerettet“ hatte. Beispielhaft sei eins der Lieder hier zitiert. Es erklang zu Beginn des Gottesdienstes:
„Ist auch die Zukunft meinem Blick verhüllt, vertrau ich still. Seitdem ich weiß, dass sich dein Plan erfüllt vertrau ich still. Seh ich nicht mehr als nur den nächsten Schritt, mir ist`s genug! Mein Herr geht selber mit.“
(Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst, 1. Auflage 2013, Nr. 178, Text Helga Winkel, geb. 1957)
„Ich möchte euch ganz herzlich begrüßen und willkommen heißen. Herzlichen Dank, dass ihr gekommen seid.“, lautete das hör- und spürbar von Herzen kommende Willkommen. Dank dafür, dass ihr in euren Gemeinden noch so aktiv seid. Kommt man unter der Woche an einem Kirchengebäude vorbei und schaut auch hinein, sieht man die Senioren draußen bei der Gartenarbeit und drinnen beim Putzen. Damit nicht genug. “Ihr seid Beter, die man spürt. Treue Opferer.“ Und, an die Reihe der im Ruhestand befindlichen Amtsträger gerichtet, darunter auch Apostel Wolfgang Bott, hieß es: „Ihr ertragt es jetzt, still zu sein. Obgleich, davon bin ich fest überzeugt, ihr noch viele Gedanken im Herzen habt. Sie nicht nur dort zu belassen, würde sich sicher lohnen. Klar, die Jüngeren machen Fehler. Manches ist suboptimal, aber das wird von Euch in Liebe getragen. Ihr, die ihr jetzt hier seid, wart ein Leben lang treu, und ich bin überzeugt, das bleibt so.“ Treue ist allein entscheidend im Verhältnis zu Gott. Fehler kann er vergeben. Aber wer untreu wird, lässt die Verbindung abreißen und hätte damit zu ihm keinen Zugang mehr.
„Lass sich freuen alle, die auf dich trauen; ewiglich lass sie rühmen, denn du beschirmest sie. Fröhlich lass sein in dir, die deinen Namen lieben! Denn du, Herr, segnest die Gerechten, du deckest sie mit Gnade wie mit einem Schilde.“ (Ps 5, 12 u. 13)
„Freude soll das Thema sein,“ begann der Bischof auf den zu Beginn verlesenen Text des Königs David einzugehen. Gerade, wenn man älter wird, Manches nicht mehr so kann wie früher, da stellen sich schnell trübe Gedanken ein. Dann an das „Gebet um Leitung und Bewahrung“ denken, denn so ist der 5. Psalm überschrieben, dem das Bibelwort entnommen ist. Freude kann man nicht erzwingen. Da braucht es einen Anlass. Um den kann man Gott bitten. Aber, man muss sich auch freuen wollen. Den himmlischen Vater bitten: Hilf du mir, dass ich mich freuen kann. Gib mir die Kraftquelle der Freude. Das setzt Vertrauen in den Herrn voraus – in wen denn sonst?
„Ewiglich lass sie rühmen,…“ Gott zu rühmen, wird nie überflüssig sein. Für das, was er schon jetzt tut. Und ihn in Ewigkeit rühmen können, gern, „mit größtem Vergnügen, nicht als Pflicht“, wenn sein Heilsplan durchlaufen ist. Es eine neue Schöpfung, eine neue Kreatur gibt und das Böse nicht mehr sein wird.
„…denn du beschirmst sie.“ Heute schon dürfen wir Gottes Barmherzigkeit und Nähe verspüren. Er schenkt den Schutz seiner Engel, den Schirm zur Abwehr des Bösen.
„Fröhlich lass sein in dir…“ Fröhlichkeit als eine besondere Stufe der Freude. Sich so wie Kinder freuen zu können, von keiner einzigen Sorge getrübt. Lass sein – da wird eine Bitte formuliert, denn fröhlich sein können ist nichts Selbstverständliches.
„…segnest die Gerechten,…“ Die Gerechten, nicht die Selbstgerechten. Der Mensch neigt zur Selbstüberschätzung. Die ist so manchem zu entnehmen, was er sagt. Durch göttliche Gnade allein ist es möglich, zu der Gerechtigkeit zu gelangen, die vor Gott gilt.
„…,du deckest sie mit Gnade wie mit einem Schilde.“ Der Schild hält Angriffe ab, so dass man von nichts getroffen werden kann, was in feindlicher Absicht auf einen zukommen könnte. Darum beten, dass mir Unschönes erspart bleibt: depressive Gedanken, Kritik, weil etwas nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Da könnte man vielleicht Anstoß an den Jüngeren nehmen, die heute die Dinge etwas anders handhaben als es bei uns früher der Fall war und letztlich sich nur selbst dadurch schaden.
Gottes Hilfe und Gnade können uns ganz, von „Kopf bis Fuß“, schützen. Dann kommen keine unguten Gedanken auf. Vielmehr vermögen unsere Augen das Schöne und Positive zu sehen. Nicht so reden, dass unsere Worte einen anderen verletzen könnten. Herz und Gefühle sollen Wärme ausstrahlen. Im zuversichtlichen Denken und tatkräftigen Handeln kann der Schirm uns Standhaftigkeit geben.
„Lass sich freuen alle, die auf dich trauen;…“ – Gott wird niemanden allein lassen. Mit der Zuversicht dürfen wir bitten: „Lieber Gott, hilf mir, dass ich mich freuen kann.“
Der stellvertretende Leiter des Bezirks Albstadt, Bezirksevangelist Klaus Löwen aus Balingen, knüpfte an das gerade verklungene Lied des Chors an: „…dir tagt freudenvoll der Morgen!“ (aus Chorbuch Nr. 417, Textdichter unbekannt). Wenn es Tag wird, dann zeigt sich der Horizont nicht mehr dunkel. Plötzlich sind wieder Farben und Konturen da. Dunkel werden, das kann es. Aber dann suche ich meine Zuversicht bei Gott. Und pflege nicht meine Sorgen, sondern bemühe mich, Heil in den Gottesdiensten zu finden. K. Löwen zitierte aus dem dritten Vers des Chorlieds: „Nach dunkler, sorgenvoller Nacht: Dir tagt freudenvoll der Morgen!“ : Gott führt uns ins Licht der Freude. Darauf können wir vertrauen.
Zu Beginn hatte der Bezirksevangelist seine Ehrfurcht vor den Amtsträgern im Ruhestand und den älteren Glaubensgeschwistern ausgedrückt: Ihr seid große Vorbilder. Und in dem Sinn endete auch sein Beitrag zum Gottesdienst. „Indem ihr da seid, die ihr Erfahrung habt, und die Jungen unterstützt, ergibt sich die richtige Mischung, damit Schönes in unseren Gemeinden entstehen kann.“
Bezirksvorsteher Klaus von Bank, Tübingen, freute sich über den Seniorengottesdienst als eine besonders schöne Zusammenkunft. Freude – die ist etwas Grundsätzliches, das mit dem Alter nichts zu tun hat. Die kann, wer sie wirklich haben will, sein Leben lang finden. Und schön sei es, was die etwas Älteren so leisten: Organist, Dirigentin, SängerInnen, die diesen Gottesdienst mitgestalten, sie alle gehören nicht mehr zu den ganz Jungen. Aber sie machen so viel. Amtsträger im Ruhestand unterstützen junge Diakone. Die größte Freude dabei ist, zu erleben, es geht weiter. Ja, vielleicht in Zukunft in Manchem etwas anders als es bisher der Fall war und ist. Da muss sich niemand trübe Gedanken machen und/oder Angst davor haben. Lieber Jüngere, die aktiv sind, dabei auch Dinge mal anders als gewohnt machen, mal etwas anderes ausprobieren, als niemanden zu haben, der nach einem kommt.
Gründe, die einen hinunterziehen könnten, gibt es genug. Da hilft das Bewusstsein, wir sind in Gott geborgen. Ihm, dem Allmächtigen vertrauen wir, er wird alles gut machen. Mit unseren Möglichkeiten wollen wir an unserem Platz gern das tun, was nötig ist und so freudig unser Glaubensziel erreichen.
G. Kaltschmitt bestätigte: „Wir brauchen euch. Ihr seid nicht abgeschoben. Habt Lust und Freude, mitzumachen.“
Er zitierte Vers 3 des zu Beginn gemeinsam gesungenen Liedes, der am Anfang dieses Berichts wiedergegeben ist und in dem Gott auch als der Schild bezeichnet wird, der vor allem Unheil zu schützen vermag. Gott rechnet uns unseren Glauben an. Er schätzt unsere Treue und unseren Glauben. Und gewährt mit der Sündenvergebung seine Gnade, die wir nicht hoch genug schätzen können.
„Schenk Freude in jedes Herz. Auch morgen und übermorgen. Decke uns mit deinem Schild. Und gib uns Kraft aus der Freude heraus, dein Kind sein zu dürfen.“, hieß es u. a. im Schlussgebet.