Nein, obgleich in Baden-Württemberg die Pfingstferien begonnen hatten, es waren nicht alle verreist.
Der gemischte Chor, der neben dem Gemeindegesang und der Orgel mit dem für seine besonderen Interpretationskünste bekannten, oft sehr temperamentvollen Rottenburger Spieler fürs Musikalische sorgte, konnte sich hören lassen. Nicht nur, aber auch deshalb, weil einige von außerhalb Angereiste mitgesungen haben an diesem zwar etwas kühlen, aber hellen und freundlichen Abend Ende des Wonnemonats Mai in der Rottenburger Kirche, deren bunte Glasfensterstreifen an der Stirnseite durch letzte Sonnenstrahlen zum Leuchten gebracht wurden. Zum Gottesdienst gekommen waren auch der Leiter des Bezirks Tübingen, Klaus von Bank, einer seiner beiden Stellvertreter, Werner Lampprecht, sowie einige Gemeindevorsteher.
„Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun.“ (Joh 14, 14)
Dieses Wort aus dem Evangelium des Johannes hatte der Bischof verlesen. Ihm war es spürbar ein Anliegen, zu Beginn des Gottesdienstes allen bewusst zu machen, dass sie im Haus Gottes vor dem dreieinigen Gott stehen. Ein heiliger Ort. Nicht das Gebäude als solches ist etwas Besonderes. Aber wegen der Heiligkeit Gottes ist es nichts Alltägliches. Dass das alle spüren können, alle dazu etwas beitragen, weil man sich dort eben nicht „aufführt wie auf einem Marktplatz“, das wollte der Bischof den Anwesenden vermitteln. Der Heilige Geist soll der Waltende sein. Steine können nicht selig machen. Auch besondere sakrale Bauten nicht wie z. B. das Straßburger Münster u. a. Aber der göttliche Geist in ihren Mauern kann es.
Am vorhergehenden Pfingstsonntag hatte in Lusaka/Sambia der weltweit übertragene Gottesdienst mit Stammapostel und Kirchenpräsident Neuapostolische Kirche International Jean-Luc Schneider stattgefunden. Der habe, so Kaltschmitt, ein Fest des Glaubens aus diesem Sonntag gemacht. Bedingt durch die Übertragung in verschiedene Sprachen konnten es aus zeitlichen Gründen nur wenige Sätze des Kirchenpräsidenten sein. Aber jeder davon ein „Schwergewicht“: Wo das Evangelium verkündet wird, ist Gottes Geist und dessen Wirksamkeit zu spüren. Es gilt, darum zu beten, dass dieser Geist der Wirkende am Altar ist. Wer so die Kraft des Heiligen Geistes wirken lässt, der empfängt selbst auch die Kraft , gegen das Böse zu kämpfen. Mit dem Sakrament der heiligen Versiegelung kommt eine Gabe ins Herz des Menschen, die stärker ist als jeder andere Geist. Auch im heiligen Abendmahl wirkt die Kraft des Heiligen Geistes. Dadurch ist Jesus gegenwärtig in der Gemeinde. Geist und Gottessohn fordern alle Menschen auf, sich versöhnen zu lassen. Gläubige Seelen, die ihren Herrn lieben, sind auch von diesem Versöhnungsgedanken getragen. Sie sehnen sich nach der Wiederkunft Christi. Und wer betet, spricht mit Gott. Im Bewusstsein, es nicht nur mit dem Vater im Himmel zu tun zu haben, sondern mit einem dreieinigem Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Auf das eingangs verlesene Bibelwort eingehend hieß es: Das Gebet ist die tägliche Kontaktaufnahme zu Gott. Dies richtig machen, um Jesus` Zusage auf sich zu ziehen, was ihr mich in meinem Namen bittet, das will ich tun. Kein „Wunschkonzert“. Vielmehr in Jesus` Namen bitten. Sich dabei auch bewusst sein, in seinem Sinn zu bitten. Im Glauben an ihn. Nicht als den, der Wunder tun konnte. Vielmehr an ihn als den Gottessohn, der kam, um die Menschen von der Sünde zu erlösen und sie ins Reich Gottes zu führen. Seine Grundhaltung und -einstellung übernehmen. Ein Wunder ist es, dafür hat Gott gesorgt, dass über 2000 Jahre hinweg so viel aus dem Leben seines Sohns überliefert ist und seine Gebete sogar im Wortlaut erhalten geblieben sind.
Was wäre nicht in Jesus` Namen erbeten? Z. B. immer wieder Beweise fordern…wenn du, Gott, da und da hilfst…Jesus hat durch seine Auferstehung den Nachweis erbracht, dass er Gott ist. Braucht es da noch Beweise seiner Liebe? Er ist für die Menschen gestorben. An uns ist es, Beweise zu bringen: Dass unser Glaube ein ernsthafter ist. Wissend, dass wir Gotteskinder sind. Und zwar durch unser Wesen. Nicht nach Rache schreien. Jesus, das Vorbild, kam nicht, um zu verdammen, sondern als Erlöser. Und wenn es Probleme gibt, wäre es schon gar nicht in seinem Sinn, bei deren Lösung zu tricksen und unlautere Mittel anzuwenden.
In Jesus` Sinn – heißt, in der Gemeinde eins zu sein. So wie Gott und sein Sohn eins sind. Im Vaterunser beten wir: Dein Reich komme. Ist uns das bewusst? Liegt uns das am Herzen? Jesus wollte, dass die Seinen bei ihm sein werden. Beten wir um sein Kommen?
Persönliche Bitten, da geht es um alles, was den Menschen so umtreibt. Gesundheit, Wohlergehen…wie viele Kranke hat Jesus geheilt. Das ist das eine. Andererseits Paulus, der so sehr wollte, von einem Übel geheilt zu werden. Er könne doch dann Gott besser dienen. Lass dir an meiner Gnade genügen, war dessen Antwort. Schärfen wir unser Bewusstsein dafür, worum wir bitten. Jesus, der Gott und Mensch war, bat, den „Kelch an ihm vorübergehen zu lassen.“ Aber trotz aller Todesnot konnte er sagen, nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Das ist am Ende der „Trichter“ , durch den unsere Bitten hindurch müssen, wenn sie Jesus` Herz treffen sollen. Wie enden unsere Gebete? Es heißt: Um Jesus willen, amen! Eine Floskel? Wir drücken damit aus: Was ich dir, Gott, sage, möchte ich im Namen Jesus` vor dich tragen und lass mich dann auch erleben, dass du es tust nach deiner Verheißung!
Carsten Dehner, Evangelist in der Gemeinde Tübingen, betonte die Treue des himmlischen Vaters. Der zu seinem Wort steht. Was nicht das Ende aller menschlichen Sorgen bedeutet. Aber der Heilige Geist kann helfen und in allem die Kraft zum Tragen dessen geben, was dem Menschen auferlegt ist. Im Namen Jesus` vortragen bedeutet, sich darauf verlassen zu können, dass er das geben wird, was ihm entspricht. So wie Eltern im Gegensatz zu ihrem Kind oft im Voraus wissen, was für den Nachwuchs seinem jeweiligen Alter entsprechend gut ist oder auch nicht, so weiß das auch Gott. Darauf dürfen wir vertrauen. Letztlich alles in seine Hände legen, damit unser Gebet eines in seinem Namen ist.
Weil aus zeitlichen Gründen nicht anders möglich, gab der Bischof als „Hausaufgabe“ zum Thema Beten den Gottesdienstbesuchern mit, aus der Bergpredigt im Neuen Testament nachzulesen: „Vom Beten/Das Vaterunser“ (Mt 6, 5 ff). Zur Feier des heiligen Abendmahls hinleitend, hieß es: Wir dürfen um Gnade beten. Im Bewusstsein, ein sündiger Mensch zu sein. „…und vergib uns unsere Schuld…“, so steht es im Vaterunser. „Wichtig ist, das jetzt so zu beten, wie Jesus sich das gewünscht hat.“
Der gemischte Chor wusste den passenden musikalischen Abschluss des Gottesdienstes:
„Ich glaube an den Vater… Ich glaub an Jesus Christus… Ich glaube an den Geist,…ich glaube daran.“ (neuap. Chorbuch Nr. 181, Text und Musik Markus Pytlik, geb. 1966)