„Ich hab` ein Heim… wo ich einst Jesum werde sehen…“ Ein ereignisreicher Tag im Kirchenbezirk Tübingen, dieser Sonntag im Mai.
In Nebringen wurde ein Gemeindejubiläum gefeiert und am Nachmittag fand das Erlebniswochenende der Singles, das ein Teil von ihnen vom Himmelfahrtstag bis zum Sonntag darauf in einem Feriendorf in Sonnenbühl verbracht hatte, mit einem Gottesdienst in Tübingen sein Ende. So nicht ganz richtig, denn danach wie auch schon zuvor blieb man noch zusammen in der im Bauhausstil errichteten Kirche mit dem wunderschönen Gartengeschoss nebst Rasenfläche draußen. Und das bei angenehmen Wetter, nicht zu heiß, nicht zu kalt und vor allem trocken. Am Samstag hatte es nicht nur eine Chor- und Orchesterprobe in der Tübinger Kirche gegeben. Zuvor waren Stocherkahnfahrten im Angebot sowie eine Stadtführung. Letztere wegen der großen Nachfrage gleich zweimal hintereinander, sonst wäre die Gruppe zu groß gewesen, wie der Chronist am Tag darauf anlässlich des Jubiläums in Nebringen von dem bewährten Stadtführer mit profunden Kenntnissen von Tübingen einst und jetzt, Bezirksevangelist i. R. Manfred Bayer, erfuhr. Der hatte den Führungsmarathon dank ihm gegebener großer Gelassenheit, innerer Seelenruhe, Kompetenz und einer Literflasche Mineralwasser ohne negative Spätfolgen gut überstanden.
Für die Musik im Gottesdienst sowie die davor und danach war durch den Gemeindegesang, einen Organisten, den Singles-Chor sowie den Instrumentalen Spielkreis gesorgt.
Im Eingangsgebet formulierte der Apostel die Bitte, dass die „besondere Gemeinde dieses Sonntagnachmittags“ letzteren als viel Freude bringend erleben möge. Der Wunsch wurde erfüllt.
Mit Klavierbegleitung hatte der Chor zu Beginn gesungen: „Ich hab` ein Heim, wo ich einst Jesus werde sehen…“. (Musik Clyde Davis, 1984, Text John W. Peterson, 1921 – 2006, deutscher Text Daniel und Fritz Göll) Das griff der Apostel auf. Nein, nicht Todessehnsucht komme da zum Ausdruck. Vielmehr große Freude, die alle vereint: Die Vorfreude auf die ewige Gemeinschaft mit Gott und seinem Sohn. Trotz aller Unterschiede, trotz vieler Fragen, auf die es keine Antworten gibt. Gott wird mit jedem Einzelnen dessen eigenen Weg in die Herrlichkeit gehen.
M. Schnaufer hatte sich auf die „Single-Gemeinschaft“ gefreut. Eine besondere Gemeinde brauche ein besonderes Wort. Damit wurde zu dem anfangs verlesenen Bibeltext übergeleitet:
„Da sprach er zu ihnen allen: Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.“ (Lk 9, 23).
Der Kontext dieser Worte Jesus` wurde lebensnah aufgezeigt. Der Gottessohn wollte etwas geklärt wissen: Jetzt hört mal zu. Wer mir nachfolgen will, hat nicht auf Dauer „Partystimmung“. Sich selbst verleugnen, Jesus nachfolgen, das löst mitnichten alle irdischen Probleme. Zwar kann der Mensch sich der Liebe Gottes sicher sein. Die sich aber nicht so auswirkt, dass es nur noch Sonnenschein gibt. Da sind Aufgaben zu bewältigen, schwierige Lebensabschnitte zu meistern. Sicher aber ist die Zusage des himmlischen Vaters, an jeden: Ich habe dich je und je geliebt. Ehe die Welt geschaffen war. Er hat sich mit jedem persönlich beschäftigt. Das gibt Sicherheit in allen Lebenslagen, auch wenn es schwierig werden kann. „Mach dir bewusst, dass nachfolgen bedeutet, eine Entscheidung zu treffen. Vorbehaltlos, ohne Bedingungen stellen zu können. Nachfolgen bedeutet, sich täglich selbst zu verleugnen.“ Jeder hat seine eigene Geschichte. Sein eigenes, ganz persönliches Verhältnis zu Gott. Der jeden so liebt, wie er ist. „Ich liebe dich , so wie du bist. Und ich habe ein Heim für dich.“ Sich entscheiden – aus Liebe , nicht wegen irgendwelcher irdischer Vorteile.
„Der verleugne sich selbst“. Dem stehen persönliche Stärken, der Anspruch auf Selbstverwirklichung nicht entgegen. Aber die allein können es nicht sein. Alles Menschliche hat seine Grenzen. Wer so werden will wie der Gottessohn muss sich selbst zurücknehmen.
Nicht, statt sich an Jesus zu orientieren, den eigenen Vorstellungen Priorität einräumen. Um ewige Gemeinschaft mit Gott haben zu können, müssen wir uns dahin entwickeln. Sein Kreuz auf sich nehmen, heißt, dies Tag für Tag wieder zu tun, egal was das Leben vom Einzelnen verlangt. Es hilft nicht, darum zu kämpfen, dass doch alles anders sein müsse – reine Energieverschwendung. Man kann Gott darum bitten, Lebensumstände zu schenken, in denen wir die Kraft haben, die Seligkeit unserer Seele zu schaffen. Es spielt keine Rolle, ob jemand allein oder in einer Familie lebt, ob er alt oder jung, krank oder gesund ist. Es gilt, sich an Gott zu orientieren. An das zu Beginn gesungene Lied des Chors anknüpfend, so der Apostel weiter, bedeutet es, zu sagen, „Ich will das Heim“. Im Originaltext: I have a home beyond the river, etwas „romantisch verklärter“ formuliert als in der deutschen Übersetzung, wie M. Schnaufer anmerkte. Dahin zu kommen, setzt voraus, die eigenen Vorstellungen zurücknehmen zu können. Tu es einfach, folge mir nach. Leb so, wie Jesus es vorgelebt hat. Seine Lehre von vor 2000 Jahren hat bis heute Bestand. Sie gilt zu jeder Zeit, in jedem Land. Das Evangelium passt auch heute in unser Leben, unabhängig von irgendwelchen äußeren Umständen. Sich danach zu richten, ist eine Frage der persönlichen Entscheidung. Tu`s!
Treibende Kraft ist die Liebe. Mit Jesus` Geburt hatte man ganz andere Vorstellungen verbunden: Die Römer aus Israel vertreiben. Ans „alte“ Volk Israel und dessen Stärke anknüpfen können. Aber der Auftrag des Gottessohns war ein ganz anderer: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Sich an seiner Entwicklung ein Beispiel nehmen. Auch in Liebe aufeinander zugehen. So wie er zu handeln. Zu beten. In seinem Namen zu bitten, heißt, so, wie er es tun würde, wäre er an meiner Stelle. Kein Gedanke daran, andere zu bestrafen. So zu handeln wie er: am erhaltenen Auftrag orientiert. So treu zu sein wie er. Da ist es egal, ob es anderen besser geht als mir. Ohnehin hat jeder sein Päckchen zu tragen. Jeder hat seinen individuellen Aufgabenplan. Wie ist meine Haltung zu Jesus – soll er erst „liefern“? Vielmehr darauf vertrauen, dass Gott und sein Sohn den Blick fürs Ganze haben. Würden alle Wünsche eines Sechs- bis Acht-Jährigen erfüllt werden, o je, so viele Müllmänner, Feuerwehrleute, Piloten usw. kann die Republik nicht brauchen. Mal abgesehen davon, dass sie selbst dabei nicht unbedingt glücklich wären. Es soll schon mal jemand gesagt haben, wenn ich die Frau nicht bekomme, dann gehe ich nicht mehr in die Kirche. Beim späteren Wiedersehen so nach zwanzig Jahren fehlte jedwedes Verständnis für den früheren Wunsch (laute Heiterkeit im Auditorium…). „ Ja sagen zum Willen Gottes, er macht es wohl. Ihm die eigenen Wege befehlen, wie es im Lied heißt. Die Gewissheit mögen wir haben!“
Bezirksvorsteher Kurt Fuchs, Tuttlingen, betonte: Es geht um den Willen, nachzufolgen. Das kann jeder selbst entscheiden. Aber Vorsicht, wenn wir die Entscheidung nicht selbst treffen, könnte sie uns aus der Hand genommen werden. Das hat man dann nicht so gern. Daher, wenn es um meinen Glauben geht, die Vollendung meiner Seele, dann entscheide ich. Da lasse ich mir nicht hineinreden. „Sein Kreuz“ auf sich zu nehmen bedarf Tag für Tag wieder des eigenen Entschlusses. Das ist nicht leicht. Das Gegenbeispiel ist der Reiche Jüngling. Er konnte nicht alles für Jesus` Nachfolge aufgeben. Uns soll der Wille bestimmen, da zu sein, wo Jesus ist. Das bedeutet Nachfolge bis ans Ende.
Bischof Urs Heiniger verwies auf die Bedeutung des richtig sehen Könnens. Sonst kann man nicht Jesus` Kreuz auf sich nehmen. In einer Gemeinde kann und muss einem nicht immer alles gefallen. Dann sich fragen, wie Gott und sein Sohn das sehen und bewerten würden. So eine andere Sichtweise bekommen können. Sich selbst hinterfragen. Über den Tellerrand auch mal hinaussehen. Er, der Bischof, habe bei Krankenbesuchen und auch bei Reisen in andere, ganz arme Länder gelernt, dass es Vieles gibt, was einfach nicht zu ändern ist. Dann heißt es ganz besonders, sein Kreuz auf sich zu nehmen und zu lernen, es mit freudigem Herzen zu tragen und Jesus nachzufolgen.
Vor der Feier des heiligen Abendmahls wies der Apostel noch einmal auf das Vorbild Jesus hin, der durchs tiefste Tal gehen musste, ohne durch eigenes Verschulden dazu beigetragen zu haben. Und wir – wie oft haben wir zu Manchem, was nicht so schön ist, unseren eigenen Beitrag geleistet. Warum? Wozu? Diese Fragen kommen schnell auf. Und oft gibt es keine Antwort. Dann aber um die Kraft zum Tragen bitten können. Fragen werden bleiben. Wie soll man einem ungeborenen Kind die Welt erklären können? Es wird im Irdischen nie alles geklärt werden können. Apostel Paulus spricht von dem, was noch kein Auge je gesehen hat…Jesus sprach von Vielem, was er noch zu sagen hätte. Aber er wusste, dass die Menschen es nicht ertragen könnten. „Haben wir Gottvertrauen im Bewusstsein, er, der himmlische Vater, wird es wohl machen!“
Anderen verzeihen können – das entscheidet man selbst, da ist man nicht von Vorleistungen abhängig. „Mach es, pack es, egal, was der andere tut. Du hast dann Gnade.“
Nach dem Gottesdienst hieß es: Herzlichen Dank und alles Gute. Ich werde gern für euch beten. Manches lässt sich leicht predigen…aber sicher ist, dass es für jeden einen richtigen Weg geben wird.
M. Schnaufer berichtete, dass er im Vorfeld gefragt worden sei, für welchen Zweck die Spenden der Singles für Speis und Trank in der Tübinger Kirche, die ebenfalls gestiftet worden waren, Verwendung finden sollten. Einige Sparschweine waren nicht nur zur Dekoration aufgestellt worden. Sein Vorschlag, der auch umgesetzt wurde, war, das Geld dem Missionswerk der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland zur Verfügung zu stellen. Von dort könne dann immer sofort Hilfe geleistet werden, wenn sich plötzlich und oft nicht vorhersehbar die Notwendigkeit zum Helfen ergibt.
Der letzte, sehr angebrachte Rat – an die Sänger - eines auch in musikalischen Dingen nicht ganz unerfahrenen Apostels, nach einem gewaltigen Schlusschor „Halleluja“ (Text Offb 19, 6 – 7 u. 9, Komponist Hermann Ober (1926 – 2006), lautete dann: Erholt euch gut!