…eins nur, ach eines… Da noch Osterferien und viele verreist waren, reichte der Platz in der Nufringer Kirche auch für die Herrenberger und Gärtringer sowie viele Gemeindevorsteher aus dem Bezirk Tübingen und dessen Bezirksvorsteher.
Das Eingangszitat ist dem zu Beginn des Gottesdienstes vom gemischten Chor gesungenen Lied entnommen (neuap. Chorbuch Nr. 162, Text nach Ps 27,1 – 4). Was ist das eine, wichtige, seinerzeit von König David formulierte Begehren: Dass ich mög` bleiben im Hause des Herrn allezeit. Der Apostel konnte sich gut vorstellen, dass jede/r, über Generationen hinweg, mit diesem Lied eigene Erinnerungen verbindet. Wann, unter welchen Umständen, die sich eingeprägt haben, er es gehört oder gesungen hat. Beim Ersten Europäischen Jugendtag 2009 in Düsseldorf war es in der ganzen Stadt auf S-Bahnhöfen, in den Zügen von den Jugendlichen lautstark angestimmt worden. Viele Bitten, viele Fragen trägt der Mensch in seinem Leben vor Gottes Thron. Vieles bleibt unerhört, unbeantwortet. Aber das Lied macht Mut, auf das zu schauen, was uns das ewige Leben bringt. Darauf sehen wir.
„Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.“ (1. Kor 13, 11), lautete das zu Beginn verlesene Wort aus dem Neuen Testament. Im Folgenden (1. Kor 13,12) gebraucht Paulus das Bild eines Spiegels, der damals ein poliertes Metallstück war und nur verschwommen wiedergeben konnte, was tatsächlich war. Ein Synonym dafür, dass Menschen in der Rückschau Manches eher unscharf sehen. Aber, so der Apostel damals, das bleibt nicht so. Wir werden einmal direkt von Angesicht zu Angesicht sehen können, wer unser Gott ist. „Lasst uns daher dranbleiben und unsere Gnadenzeit nutzen,“ so der Apostel heute.
Auf den verlesenen Bibeltext eingehend, in dem ein Kind als Beispiel genommen wird, hieß es, das Beispiel sei kein abschreckendes. Schon ein gerade geborenes Kind ist in sich vollständig. Alles ist schon da, aus dem sich Weiteres entwickeln kann. Und das geht rasend schnell. Man lernt nie wieder so viel in so kurzer Zeit wie in ganz jungen Jahren. Entscheidend ist die Entwicklung. Deren Endstadium ist mit der Wassertaufe und der Heiligen Versiegelung nicht erreicht. Werden wir erwachsener im Glauben? Jesus ähnlicher? Ein neu Geborenes kann noch nicht sprechen. Es fordert seine Bedürfnisse schreiend ein. „Danke“ für deren Befriedigung sagen zu können, muss es erst noch lernen. Im geistigen Leben ist es nicht anders. Lieber Gott, nun mach doch endlich, drängeln…oder aber sehen können, was er uns schenkt. Weder im Natürlichen noch im Geistigen ist irgendetwas selbstverständlich. Über oft nur scheinbar Mangelhaftes hinwegsehen und trotzdem der Dankbarkeit den richtigen Stellenwert einräumen können, das ist wichtig.
Eine weitere Stufe der Entwicklung ist, auf Gottes Willen zu achten. Nicht nur das eigene Ich im Kopf zu haben. Kinder können manchmal reden wie ein Wasserfall, ohne auch nur auf die Idee zu kommen, zuzuhören. Sie können halt nicht anders. Aber Erwachsene? Wo soll es hinführen, wenn in einer Gemeinde jeder seine persönliche Meinung zum Maß aller Dinge macht? Wer etwas lernen will, muss zuhören. Nur so vernimmt er Gottes Willen, der letztlich über allem steht.
Ein kleines Kind muss getragen werden. Wir als Gotteskinder werden das auch. Aber sind wir auch für andere da in unserer Gemeinde? Unsere Aufgabe ist, füreinander einzustehen und Nächstenliebe zu üben. Ein Kind lernt, Verantwortung zu tragen. Definieren wir unsere Rolle in der Gemeinde als die des nur Konsumierenden? Ein Gotteskind, ein Amtsträger sein, das ist kein Spiel so wie Kinder gern „Eltern“ spielen. Das ist ernst. Da ist mit Widerständen zu rechnen. Da geht es um wirkliche Aufgaben, die zu bewältigen sind, damit Gott uns ans Ziel führen kann. Wir wollen prüfen, wie ernst ist es uns mit dem eigenen Wachstum? Trotz Ungerechtigkeiten und Enttäuschungen dranbleiben und Gott wieder erleben können. Je mehr sich in einem Leben auch verändern mag – im Haus Gottes bleiben.
Kinder brauchen Vorbilder. Unser bestes ist der Gottessohn. Bei ihm kann man sagen, Übung macht den Meister. Vom Kind oder Fast-Jugendlichen im Tempel, der frei und unangefochten sagen konnte, was er dachte bis zu dem, den der Teufel in Versuchung führen wollte. Vom „Hosianna“ bis zum „Kreuziget ihn“. Es ging ihm, anders als einem Kind, nicht um die Frage von Lob oder Tadel. Der Gottessohn hatte seine Überzeugung und daran hielt er fest. Wir sind erwachsen. Wir wollen, ohne auf Strafe oder Belohnung zu sehen, beitragen und mithelfen, unsere Gemeinschaft weiterzuentwickeln. Wir sind Gotteskinder, um auf ewig bei Gott sein zu können.
Evangelist Hans-Jürgen Stegmeyer, Gemeindevorsteher in Bondorf, knüpfte an das vom Chor zuvor gesungene Lied an „O bilde mich mein Meister“ (neuap. Chorbuch Nr. 119, Text Heinrich Bucher, 1874 – 1931). Es gibt noch Entwicklungspotenzial für dich und für mich. Nicht so reagieren, wie der andere es im Negativen vorgibt. Freundlich sein, unabhängig handeln entsprechend der eigenen Überzeugung, souverän sein, so der Evangelist zum Schluss.
Bischof Georg Kaltschmitt ging noch einmal auf das Kind ein. Das nicht etwa fehlerhaft ist, sondern in seiner jeweiligen Entwicklungsstufe durchaus vollkommen. Viele haben schon Jahrzehnte an Leben hinter sich. In der Zeit haben sie so viel von dem gehört, was Gott dem Menschen zu sagen hat. Da kann der himmlische Vater erwarten, dass sich etwas entwickelt hat. Ein Kind ist vertrauensselig, muss vor diesem und jenem gewarnt werden. Von uns erwartet Gott, dass wir gelernt haben, wem wir vertrauen können. Der in uns wohnende Heilige Geist soll uns leiten. Ein Kind – stopft wahllos alles in sich hinein. Führen wir uns mit Bedacht zu, was wir geistig konsumieren. Wachsen wir weiter, dann können wir feststellen, was wir gelernt haben. Das gibt uns Kraft auf dem weiteren Weg, der uns zu unserem Ziel bringen wird.
Vor der Feier des heiligen Abendmahls ging es M. Schnaufer noch um einen Appell: Wenn du dies und jenes ändern, anders, besser machen willst, warum damit warten? Tu es einfach – sofort!
Kein gewöhnlicher Tag, dieser 8. April. Unter den Gottesdienstbesuchern befand sich mindestens ein Geburtstagskind: Unser Bezirksevangelist, angeblich im Ruhestand, Manfred Bayer. Ihm wie auch möglicherweise anderen anwesenden, ihm nicht namentlich bekannten Geburtstagskindern wurde vom Apostel herzlich gratuliert. M. Bayer, beauftragt mit speziellen seelsorgerischen Aufgaben, ein guter Geist des Bezirks und Reiseführer mit profunden Kenntnissen von Historie, geografischen Gegebenheiten und erheiternden Vorkommnissen im Ländle. Davon konnten sich schon viele überzeugen, die, mit verschmitztem Lächeln, von ihm erfuhren, was sie, obgleich in Württemberg geboren, aufgewachsen und dort lebend, noch nie (bewusst) gehört hatten. (Z. B. bei einer Führung durch Rottenburg am 13.04.13, s. den entsprechenden Bericht auf der Tübinger Bezirksseite.) Man muss eben den richtigen Lehrer haben, der nie langweilt und immer das passende Bonmot hinzufügen kann. Auch von dieser Stelle: Herzlichen Glückwunsch.