„Ich glaube an den Vater, den Schöpfer dieser Welt, der uns mit seiner Liebe in seinen Händen hält… Ich glaub an Jesus Christus, der auf die Erde kam, der, Mensch wie wir geworden, die Sünde auf sich nahm…“ (aus Vers 1. u. 2, Nr. 181 Chorbuch für den neuap.
Gottesdienst, Text und Musik Markus Pytlik, geb.1966)
So hatte zu Beginn des Gottesdienstes der Gäuchor gesungen. Ein Gottesdienst unter Leitung von Bischof Georg Kaltschmitt, wozu außer den Glaubensgeschwistern aus dem Gäu auch die aus der Gemeinde Rottenburg eingeladen waren. Gekommen war auch der überwiegende Teil der zwölf Gemeindevorsteher des Bezirks Tübingen. „Ist es nicht schön, dass wieder Sonntag ist?“ Eine Frage, die der Bischof sogleich selbst beantwortete: Schön ist es, weil uns der liebe Gott eingeladen hat. In sein Haus, um Gottesdienst zu feiern. Wir können beieinander sein. Die Gemeinschaft derer, die an ihn glauben, ist von Gott gewollt. Da kann jede/r sich über den anderen freuen, der ebenso gekommen ist. Sich Sorgen machen um den, der nicht da ist. Dies einander auch spüren lassen können. Ganz bewusst das eingangs zitierte Lied des Chors aufgreifend, hieß es weiter, der Glaube ist die Tür, die zu Gott führt. Weshalb der Teufel bemüht ist, da für Irritationen zu sorgen. Wichtig ist daher, den Glauben zu stärken, ihn sich stärken zu lassen. Glaube, der etwas für wahr halten kann, was der Mensch nicht sieht, wohl aber mit dem Herzen empfinden kann. Und ohne den es nicht möglich ist, Gott zu gefallen. Glaube ist die Grundvoraussetzung, um den Herrn zu erleben und den Weg gehen zu können, der zu ihm ins ewige Leben führt.
„Er sprach aber zu ihnen: Wo ist euer Glaube?“ (Lk 8,25). Dieser Text aus dem Lukasevangelium war zu Beginn verlesen worden. G. Kaltschmitt ging auf den Kontext des Zitats ein. Jesus konnte ungeachtet aller Wetterunbilden, im Schiff auf einem See, tief und fest schlafen, während seine Jünger, erfahrene Fischer, in Panik gerieten. Sie weckten den Gottessohn, der die schwere See durch die Macht seiner Worte bändigte und dann die Frage nach dem „Wo“ des Glaubens formulierte. Allen, den Lebenden wie denen, die schon in die Ewigkeit gegangen sind, stellt sich diese Frage. Daran muss sich jeder messen lassen.
Jesus bietet an, ihn in das eigene „Lebensschiff“ mit hineinzunehmen. Trotzdem gibt es dabei Leid, Ungemach, Not…Gebete bleiben unerhört, Gott scheint zu schlafen, der Mensch verzweifelt, gerät in Panik – „Wo ist sein, dein Glaube?
Was ist eigentlich unser Glaube? Woran neuapostolische Christen glauben, ist im Glaubensbekenntnis zusammengetragen: An Gott, den Schöpfer; den Vater, der sich um seine Kinder sorgt, es gut mit ihnen meint und die Dinge oft besser weiß als sie selbst, die ihm vertrauen dürfen; den Allmächtigen. An den Sohn, der gekommen ist, und zwar nicht, um das irdische Leben zu verlassen, sondern um ein ewiges zu ermöglichen. An den Heiligen Geist als dritte Person der Gottheit. Der dafür gesorgt hat, dass das Evangelium wachgehalten, die Kirche Christi am Leben erhalten wurde. Der den Willen Gottes verkündet für alle, die im Diesseits wie im Jenseits hinzutreten und sich nach Gnade sehnen. Die Kirche Christi, die Jesus selbst ins Leben gerufen hat, die von den Pforten der Hölle nicht überwältigt werden kann. Diese Kirche, die von Gott gewollt ist. Dazu hat er seine Apostel gesandt, damit sie die Sakramente spenden und sein Wort verkündigen. Der Glaube daran ist unabdingbar. Die Sakramente sind seit 2000 Jahren unverändert, daran vermag auch der Teufel nichts zu ändern. Damit ist die Zukunft verbunden, die Wiederkunft Christi, der die Erstlinge unter den Lebenden und unter den Toten zu sich nehmen wird. Um mit ihnen wiederzukommen für einen neuen Himmel und eine neue Erde. Das alles gehört dazu, wenn es heißt: Wo ist dein Glaube?
Gefragt ist der Glaube gerade in diesen Tagen vor dem Gottesdienst am ersten Märzsonntag, in dem neuapostolische Christen weltweit im Gottesdienst besonders derer gedenken werden, die bereits in der Ewigkeit sind. Verstärkt werden sie für die unzähligen Seelen in der jenseitigen Welt eintreten. Für die Bekannten, Vorfahren, Freunde, aber auch für die aus allen Erdteilen der Welt, aus anderen Kulturen, mit anderen Religionen. Auch sie müssen glauben, „ja“ sagen können zu den Sakramenten. Dafür können wir beten.
Jesus lebt, ist auferstanden, damit der Glaube nicht aufhört. „Ich lebe, damit ihr glaubt.“ Dieser Glaube in der eigenen Seele ist notwendig, um dafür eintreten zu können, dass er auch anderen möglich wird. „Er möge heute und in Zukunft im Mittelpunkt unserer Seele stehen.“, so zum Schluss der Bischof.
Gemeindeevangelist Lothar Dopf, Rottenburg, wusste ein lebensnahes Beispiel: Ein Seil, hoch oben zwischen zwei Kirchturmspitzen gespannt, jemand will mit dem Motorrad darüber fahren. Eine begeisterte Menge glaubt, dass das gelingen wird. Ob jemand mitfahren wolle – betretenes Schweigen. Auch, wenn du schon vorher Wunder erlebt hast, kannst du noch glauben, wenn das Schiff hin- und hergeht? Erinnert wurde an die Freunde des Gichtbrüchigen, die auf Jesus` Wunderkraft hofften und in der Menschenmenge nicht mit dem Kranken zum Gottessohn gelangen konnten. Von einem Gebäude oben ließen sie ihn herab, damit er zum Heiland kommen und gesund werden konnte. „Ich kann mit meiner Überzeugung etwas für einen anderen tun. Mein Glaube kann andere tragen.“
G. Kaltschmitt griff die Begebenheit auf. „Es ist nicht berichtet, ob der Kranke selbst überhaupt geglaubt hat. Jesus sah „ihren“ Glauben, den der Freunde. Und bewirkte das Wunder, nachdem er zuvor die Vergebung der Sünden gegenüber dem Kranken ausgesprochen hatte. Der Glaube für andere ist etwas Bewegendes in des Wortes ursprünglicher Bedeutung. Er kann den Glauben dessen bewirken, für den man glaubt. So können wir unseren von Gott gewirkten Glauben mit anderen teilen, ihn für andere hilfreich sein lassen. „Wir wollen aus Liebe Glauben schenken!“
„Wo ist euer Glaube?“ Jesus hat eine Antwort darauf verdient. Das heilige Abendmahl soll die Replik der Gemeinde sein. Wenn das Vaterunser unsere Überzeugung wiedergibt, bezeugen wir einen wunderbaren Glauben. Das heilige Abendmahl ist das Bekenntnismahl, Gott und jedermann gegenüber. Damit bekenne ich die drei Sakramente. Die ersten Christen blieben beständig in der Gemeinschaft, ist in der Bibel zu lesen. Freuen wir uns über jede/n, der/die da ist. Kein „schiefer“ Blick auf Bruder oder Schwester. Vielmehr wollen wir gemeinsam beim Herrn sein. Gott schuf den Menschen, weil er nicht allein sein wollte. Weil er sich freut auf die Gemeinschaft mit seinen Kindern. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Von der wird die Ewigkeit bestimmt sein.
Der Chor drückte später musikalisch aus, was letztlich alles ist: Gottes Gnade. Die sein Geheimnis ist, mit dem Verstand nicht zu begreifen (neuap. Gb. Nr. 250, Strophe 2, Text Jakob Breiter, 1845 – 1893) und herrlich strahlt für jeden (neuap. Chorbuch Nr. 360, Text nach Philipp Paul Bliss, 1838 – 1876). Letzteres erfüllte den Wunsch des Bischofs „nach einem schönen Lied zum Hinausgehen“. Zuvor hatte er allen eine gute Woche und noch einen schönen Sonntag gewünscht.