„Heavenly Father, are you really there? And do you hear and answer ev`ry child`s prayer?...” (Aus „A Child`s Prayer“, Text und Musik Janice Kapp Perry, geb.
1938)
Eine doppelte Premiere gab es an diesem Vorfrühlingssonntag – so könnten Optimisten das sehen, die Pessimisten würden diese wärmeren Tage Mitte Februar 2015 als Auszeit vom Winter bezeichnen – in einer der östlich gelegenen Gemeinden im Kirchenbezirk Tübingen. Seit Jahren war es so, dass die Bezirksjugendgottesdienste in Rottenburg stattfanden. Nun gibt es dafür einen neuen Platz: Ammerbuch-Pfäffingen. Die Gemeinde mit dem neuesten Kirchengebäude im Bezirk, und das war an diesem Sonntagmorgen fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Vom Altar aus gesehen rechts der Chor, links die NichtsängerInnnen, Gemeindevorsteher, soweit sie am Altar keinen Platz gefunden hatten, Jugendbeauftragte und sonstige…Das zweite Novum – das erste Mal sang der Jugendchor, der, nur etwas für Frühaufsteher, bereits ab 9.00 Uhr gemeinsam geprobt hatte, unter neuer Leitung: Friederike Huber. Um das vorwegzunehmen – es lief nicht schlecht, mehr Lob geziemt sich nicht in Schwaben. Bleibt noch zu erwähnen, dass die Ammerbuch-Pfäffinger wissen, was Gastfreundschaft ausmacht. In einem Nebenraum war für eine kleine Stärkung nach der Chorprobe gesorgt. Womit die Höhe der Messlatte fürs nächste Mal bestimmt wäre.
„Suchet den Herrn, solange er zu finden ist; ruft ihn an, solange er nahe ist.“ (Jes 55, 6) Um dieses Prophetenwort ging es im ersten Bezirksjugendgottesdienst im Jahr 2015, der „zu Hause“, im Bezirk Tübingen stattfand. Die Leitung hatte der stellvertretende Leiter des Bezirks Tübingen, Werner Lampprecht. Der ging zu Beginn auf das gerade verklungene Chorlied ein: „Heute, heute, so ihr seine Stimme höret,… (Neuap. Chorbuch Nr. 109, Text nach Ps 95, 6 – 8).
„Heute – ist nicht gestern und ist auch nicht morgen.“ Von dem, was der Mensch gestern gegessen hat, wird er heute nicht satt. Und wenn er vertröstet wird, morgen, da gebe es wieder etwas zum Essen, dann ist er auch nicht zufrieden. Wenn ich nur an das denke, was ich im letzten Gottesdienst gehört habe, dann ist das zwar etwas, aber, die Seele wird nicht „satt“ davon. Und von dem, was morgen ist, kann sie es auch nicht werden. Das „Heute“ ist wichtig.
Das Wort des Propheten, das eingangs verlesen wurde, ist ein Aufruf, sich an Gott zu orientieren. Im Alten Testament war die Leitlinie das mosaische Gesetz. Mehr als 600 Paragrafen, wie man heute sagen würde. Die bis ins Detail das Leben des Einzelnen regelten. Geblieben sind davon für die Christen nur die Zehn Gebote. Stattdessen, statt der vielen Regularien, kommt – heute im Gottesdienst - die Aufforderung, den Herrn zu suchen. Wieso das, ich bin doch da, ich habe ihn doch schon gefunden? Erinnern wir uns an Jesus` Zeit auf Erden. Der versprochene Messias wurde erwartet, aber als er tatsächlich da war, wie verhielt man sich? Was soll denn aus Nazareth Gutes kommen…von einem Zimmermannssohn? Das war kein wirkliches Suchen nach dem Sohn Gottes. Und nach seinem Tod? Die Emmaus-Jünger: Alles hatte Jesus zuvor gesagt, und trotzdem – sie betrauerten seinen Tod, der doch nicht alles sein sollte. Erkannten den Sohn Gottes nicht gleich, als er sich auf ihrem Weg zu ihnen gesellte. Mit dem Erkennen ist es halt nicht so einfach. Das braucht Zeit und letztlich wurde es auch den Emmaus-Jüngern klar, wer mit ihnen geredet hatte.
Der Mensch neigt dazu, zu fragen, was habe ich davon. Was habe ich davon, den Herrn zu suchen? Aber er bietet die notwendige Orientierung. Allerdings muss man, wie beim Navigationsgerät, auch wissen, wo will ich hin? Da sind die lebensentscheidenden Fragen, z. B. Partner- und Berufssuche. Sofort eine Antwort haben wollen und – Gott lässt sich manchmal Zeit damit. Aber trotzdem heißt es, die richtige Entscheidung zu treffen. Den Weg finden, der zu Gott führt, in allen Dingen, die auf den Menschen nun einmal zukommen können, lautet der Rat. Gott gibt den notwendigen Halt im menschlichen Leben. Wie ein Geländer auf einem hoch gelegenen Balkon, um sich dort sicher fühlen zu können.
Was braucht es dazu: den Glauben. Thomas, der nicht glauben konnte, dass Jesus nach seinem Tod wieder zu den anderen Jüngern gekommen war. Thomas selbst war nicht dabei gewesen, als das geschah. Aber trotz seiner Zweifel, die er offen aussprach, wandte er sich nicht ab. Blieb in der Gemeinschaft. Und erhielt den Beweis für die Auferstehung seines Herrn. Da bleiben bei Gott, auch wenn Irritationen aufkommen. Gemeinschaft halten. Nicht einfach sich absetzen. Und umgekehrt ein Auge auf den Mitbruder, die Mitschwester haben. Seine „Antennen ausfahren“. Den anderen nicht vergessen. Ihn das spüren lassen. Sich immer fragen, wo kann ich etwas tun. Jesus suchen, ihn erkennen. Sich um den Glauben bemühen, beim Sohn Gottes bleiben, bis er wiederkommt, lautete der Wunsch des stellvertretenden Bezirksvorstehers für „seine“ Jugendlichen.
Zwei in der Jugendarbeit tätige Diakone trugen zum Gottesdienst bei. Da hieß es zunächst, im Leben suche man so einiges, Ausbildung, Beruf, den richtigen Partner…da könnte man schon mal die Geduld verlieren. Der Diakon erinnerte sich an eine Bergwanderung. Das Ziel oben erreicht habend, konnte er am Gipfelkreuz lesen: „Gott kennt den Weg“. Also – in der Gemeinschaft bleiben, denn Gott kennt unseren Weg. Sein Amtsbruder wusste, dass Manches im Leben nicht, landläufig gesehen, nur Glück ist. Vielmehr gibt es eine andere Ebene, den göttlichen Engelschutz. Wobei der himmlische Segen nicht im gelungenen Tor im Fußball zu sehen ist. Und weiter hieß es, nur wer redet, dem kann geholfen werden. Wie sonst sollte ein Arzt das Seine tun können? Ja, es gibt Zweifel. Aber dann, darüber sprechen, dem Jugendleiter oder anderen eine Chance geben, sich mit dem auseinanderzusetzen, was einen selbst umtreibt. Ein gut gemeintes, von Herzen kommendes Angebot zum Gespräch, das man gern auch in einer Eisdiele wahrnehmen könne, so der Diakon zum Schluss.
Last not least, so befand es der Leiter des Gottesdienstes, sei ein noch jugendlicher Gemeindevorsteher gefragt. „Jugend möchte nichts Altes sehen.“ Da konnte man manchen der anwesenden Amtsträger sich entspannt zurücklehnen sehen. Na dann. Hirte Arndt Bayer, noch nicht ganz lange dem Jugendalter entwachsen, wusste bei dieser Ankündigung schon, dass es ihn treffen würde. Er trug es mit Fassung. Mit der Historie der Kommunikation hatte er sich befasst. Letztere suchen besonders Jugendliche. Trommeln, Rauchzeichen, der erste Marathonläufer, der eine wichtige Nachricht per pedes überbrachte, das erste Handy, mit 37 kg wenig handgerecht, die erste SMS, die erste E-Mail und die Inflation dieser Form der Nachrichtenübermittlung in den letzten Jahren wurden aufgezählt. Alles super, aber wie halten wir die Verbindung zu Gott? Untereinander? Miteinander reden. Ganz schlicht. Mit Gott reden. Jesus empfahl dazu keine Performance, keine Show. Geh in dein stilles Kämmerlein und dann reichen für die Verbindung ganz wenige Worte. Nein, nicht jeder Gottesdienst kann ein „Whow-Erlebnis“ sein. Wichtig ist, to stay in touch. Miteinander in Verbindung, untereinander sich ganz nah sein können wie auch ganz eng „nach oben“ vernetzt.
Es war ein Gottesdienst, den die „Neue“ mit viel Liebe musikalisch mitgestaltet hat. Nicht allein, Chor und Instrumentalisten, der unverzichtbare Jan-Thilo Bayer (Orgel und Klavier) sowie eine Cellistin trugen das Ihre mit dazu bei. Die beiden zuletzt Genannten waren es auch, die vor der Feier des heiligen Abendmahls die „Hymn of Praise“ zu Gehör brachten:
„For the Beauty of the earth… Lord of all to Thee we raise.” (John Rutter, geb. 1945)