Urs Heiniger, Bischof für den Freiburger Teil des Apostelbereichs Freiburg/Tübingen, war am 8. Februar 2015 zu Besuch im Schwäbischen.
Anhand des eingängigen Dreiklangs „Kommen, sehen, bleiben“ aus dem Textwort (Johannes 1, 39) „Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und sahen's und blieben diesen Tag bei ihm.“, entwickelte U. Heiniger im Gottesdienst Aspekte zum Thema Beständigkeit. In die Kirche nach Tübingen eingeladen waren auch die Gemeinden Pfrondorf, Ammerbuch-Pfäffingen und Rottenburg.
Nicht mit leeren Händen kommen
Der Bischof machte zunächst deutlich, dass der Startschuss zum Kommen schon früh fällt: „Brechen wir auf zum Gottesdienst, sollten wir nicht mit leeren Händen kommen.“ Da Erfahrung verbindet, gilt es, sich vor jedem Gottesdienst bewusst zu machen, was wir im Haus Gottes schon erlebt haben. So werde der Gottesdienst nicht zur Gewohnheit und in der Gemeinschaft erleben wir Freude und Beständigkeit. Der Dreiklang des heutigen Textwortes, „Kommen, sehen, bleiben“, sei Voraussetzung für Beständigkeit.
Glaube als Motivation zum Kommen
„Kommen“ bedeute mehr als Verstehen. Gotteskinder, so Bischof Heiniger, sind wir nicht aus dem Verstehen heraus, sondern aus dem Glauben. So sei der Glaube unsere Motivation, in den Gottesdienst zu kommen. Gaben Gottes seien aber beide, Glaube und Verstand. Der Dirigent wähle zwar mit Verstand seine Lieder zum Textwort aus, der Chor übe das Repertoire in Beständigkeit, aber erst der Glaube mache es möglich, dass beides im Segen zusammenwirkt. Mit Blick auf die Tübinger Forscher- und Gelehrtentradition fasste U. Heiniger zusammen: „Wenn ich nicht glaube, bewegt sich nichts.“
Etwas verlassen, um in Bewegung zu bleiben
Um zu kommen, sei es aber unumgänglich, ein Herzensopfer zu bringen: Eigene Vorstellungen, Gedanken und Einstellungen müssten bewusst aufgegeben und verlassen werden. Stattdessen gelte es, Vertrauen zu haben. Sich allzu Menschliches – Vorlieben, Wertungen – bewusst zu machen und im Heiligtum Gottes nicht mit dem Verstand zu messen. Als positives Beispiel sprach der Bischof die Senioren an. Gerade sie sind über viele Jahre beständig, nicht stehen geblieben, mitgegangen. Fazit: Wer kommt, bleibt in Bewegung. Und es geht dabei vorwärts!
Sehen mit dem Heiligen Geist
Um sehen zu können, bräuchten wir nicht nur Augen, sondern auch die Seele. Eine besondere Gabe, um gut wahrzunehmen, sei zudem der Heilige Geist. „Er lässt uns erkennen, was in der Mitte ist: Jesus Christus“ - dies nicht als Bilanz, Gutes aufgerechnet gegen Böses. Stattdessen ließe der Heilige Geist uns sehen, dass „nichts Zufall ist und Gott uns führt“. Zu erkennen sei dies im Gottesdienst und im Seelsorgebesuch.
„Sehen“ müssten wir auf uns selbst: Entwickelt sich die Gabe der Gotteskindschaft in Dir? Wächst zum Beispiel die Vergebungsbereitschaft? Kraft, um hier Schritte nach vorne zu tun, Glaubenserlebnisse zu erhalten, bekommen wir aus dem heiligen Abendmahl.
Deshalb bleiben – oder auch trotzdem
So sollten wir bleiben, da wir eine Entwicklung an uns sehen – oder auch als ein „trotzdem“. Dann sei es, so Bischof Heiniger zum Schluss, ein „Bleiben, um zu sehen“, wie der Vater segnet, nicht auf eine einfache, sozusagen schwarzweiße Art, sondern gewaltig.
Siehst Du den Freund?
Nach einem kurzen Beitrag vom stellvertretenden Bezirksvorsteher Werner Lampprecht leitete Bischof Heiniger zum sakramentalen Teil des Gottesdienstes über. Mit der Formel „Was siehst Du?“ stellte er die Frage in den Raum, ob wir noch sehen, dass Jesus Christus bei der Feier des heiligen Abendmahls mitten in der Gemeinde ist. Wenn dies schwer fällt, sei an die Emmaus-Jünger erinnert: Sie dachten, sie könnten nicht bleiben. Aber ein Aha-Erlebnis ließ sie zum Schauen kommen.
Egal, wie unterschiedlich die heute Anwesenden seien, mit dem gemeinsamen Sprechen des „Vater unser“ bekennten sie sich zum gleichen Wertesystem, zum gleichen Maßstab, der da ist Jesus Christus. Dass er jedem mit Liebe begegnet, dürften nun auch alle Anwesenden im heiligen Abendmahl erleben; ein Gedanke, den die Orgel mit dem Lied „Kennst Du den Freund“ (Chorbuch für den neuapostolischen Gottesdienst Nr. 335, Textdichter unbekannt) aufgriff. Auch gemischter Chor und Streichensemble trugen zum feierlichen Rahmen des Gottesdienstes bei.