Alle Jahre wieder… gibt es auch in Tübingen eine vorweihnachtliche Feier der Senioren.
Die fand in der Tübinger Kirche statt, zum ersten Mal von Renate und Fred Kächele organisiert. Der Saal im Gartengeschoss war gut gefüllt, als letzterer die Begrüßung übernahm und zu Beginn ein Gebet sprach. Und dann…eher schüchtern vorgetragene Vorschläge zur Gestaltung des weiteren Ablaufs, und zwar den Sekt auf später zu verschieben, fanden kein Gehör. Schließlich war er lange kaltgestellt worden und so gab es erst einmal ein fröhliches „Prost“ allenthalben. Die Gespräche untereinander kamen schnell in Gang. Perfekt organisiert rollte eine halbe Stunde nach dem Beginn auch schon um 11.30 Uhr das Catering-Fahrzeug an. Braten, Kartoffelsalat, Spätzle und gemischter Salat, wegen der Vitamine, schmeckten in Gesellschaft besonders hervorragend. Lediglich einer hatte später etwas zu beanstanden: Er habe einen Löffel vermist, um so auch noch den letzten Rest der hervorragenden Bratensoße zu sich nehmen zu können.
Fred Kächele konnte sich bei der Geräuschkulisse, verursacht durch rege Gespräche miteinander, nur schwer mit seinem Programm durchsetzen. Es sei nun an der Zeit, Advents- und Weihnachtslieder zu singen, befand er. Zuvor hatte er befriedigt festgestellt, wie satt und zufrieden doch alle wirkten. Er setzte sich an sein elektronisches Tasteninstrument, das, wie sich später erwies, gelegentlich auch ohne ihn spielen konnte, und stimmte die ersten Töne an. Statt eines Mittags- oder Verdauungsschlafs wurde kräftig gesungen. Alles, was es an bekannten Advents- und Weihnachtsliedern so gibt. Unterbrochen von mehr oder weniger weihnachtlichen Geschichten, die, sich abwechselnd, Fred Kächele und zwei Glaubensschwestern vorzutragen wussten. Da berieten die Tiere, was eigentlich mit Weihnachten zu verbinden sei. Schlafen, gutes Essen, ein Tannenbaum, schöne Kleider, Schmuck… dem Ochs fiel als Letztem aus der Runde nichts Besseres ein als „Saufen und dann Schnaufen“. Da reichte es dem Esel. Er trat kräftig zu in Richtung seines Vorredners und schimpfte: „Du Ochse, das Kind ist die Hauptsache!“
Anschließend befand Fred Kächele, nun müsse man zur Bescherung kommen, sonst sei die Spannung nicht mehr zu ertragen. Es gab, wie schon zuvor bei der Adventsfeier in Herrenberg, Gläschen mit Marmelade aus Schwarzwälder Produktion. Der weihnachtliche Fruchtaufstrich sei wegen seiner winterlichen Würzung nicht bis Ostern aufzuheben, hieß es noch mahnend, schwäbischen Sinn für Sparsamkeit durchaus richtig einschätzend. Eine weitere Geschichte gab es, dieses Mal vom Glaubensschwestern-Duo vorgetragen. „Vielleicht kennt ihr`s schon, aber ich hoffe, ihr habt es wieder vergessen“, hieß es einleitend, bevor das Erzählen von Agathe, Emma und der Gans losgehen konnte. In früheren wirtschaftlich schlechten Zeiten gelang es den Damen, frühzeitig vor Weihnachten einen sehr mageren befederten, noch lebenden zweibeinigen Weihnachtsbraten zu ergattern. Der würde sich bis zum Fest bei ausreichender Pflege und Fütterung sicher noch prächtig entwickeln. Fortan teilten die drei ihr Leben in der Etagenwohnung. Die Gans entwickelte sich zum geschätzten Hausgenossen, so dass es schwer wurde, sie ihrem eigentlichen Verwendungszweck zuzuführen, als es am 23. Dezember so weit war. Agathe verschwand flugs zum Einkaufen. Emma musste nun notgedrungen zur Tat schreiten…als die andere zurückkam, fand sie eine gerupfte Gans vor ohne jeden Anschein von verbliebenem Leben. Zum Glück scheinbar leblos, denn Emma hatte das Tier mit Tabletten nur betäubt, aber nicht um sein Leben gebracht. Und Agathe verschob die Erledigung ihrer Aufgabe, das Ausnehmen, auf den 24. Dezember. Es hätte ihr sonst das Herz gebrochen. Aber, siehe da, das Federvieh, das nicht wirklich noch ein richtiges war, marschierte auch am Morgen des Heiligen Abends, wie man es von den Wochen vorher gewohnt war, wenn auch jetzt zitternd und frierend, so doch fröhlich schnatternd ins Schlafzimmer, um „ihre“ Menschen zu wecken. Ende gut, alles gut: Gegen das Frieren mit nackter Haut wurde ein Pullover gestrickt. Sieben Jahre später durfte die Gans einen sanften, natürlichen Tod sterben. Zufriedener Applaus des Publikums über das glückliche Ende, und es folgte das Lied von den nie süßer als zur Weihnachtszeit klingenden Glocken. Danach weiter Heiter-Besinnliches…u. a. die Geschichte vom Schwaben an der Himmelstür, dem Petrus, anders als z. B. einem Sachsen oder Berliner, dort oben leider nichts Besseres anzubieten hat, als der Süddeutsche es von der Erde her gewohnt ist: „Schöner als im Schwabeländle ist`s auch im Himmel net!“ Es regte sich kein Protest bei den Zuhörern. Danach wurde erfahren nickend und auch mit viel Applaus die Geschichte von einer edlen Spende kommentiert. Eine arme Frau erbittet mit einem Brief ans Christkind hundert Euro. Der erreicht auf verschlungenen Wegen die Mitarbeiter eines Finanzamts. Die sammeln, bekommen aber nur siebzig Euro zusammen, die sie der Frau schicken. Sie bedankt und beschwert sich beim Christkind gleichzeitig. Nächstes Mal, bitte, die gute Gabe ohne den Umweg übers Finanzamt und sofortigen Steuerabzug...
Das war es dann schon – fast. Es folgten noch drei Weihnachtslieder. Besungen wurden die brennenden Lichter am Weihnachtsbaum, die fröhliche, selige, Gnaden bringende Weihnachtszeit und die „Stille, heilige Nacht“. Da war es dunkel und Zeit geworden, den Heimweg anzutreten. Na ja, manche blieben noch etwas länger beieinander hocken, während die fleißigen HelferInnen - an sie ein herzliches Dankeschön, besonders an Renate und Fred Kächele, die alles prächtig organisiert hatten - schon mal ans Ab- und Aufräumen gingen.