Here I Am Lord.
(Ich bin hier, Herr.)
(aus Nr. 388 neuap. Chorbuch, engl. Text und Musik Daniel L. Schutte, geb. 1947; ins Deutsche übersetzt von Renate Ramlau, geb. 1953) erklang es vom gemischten Chor mit Orchesterbegleitung am Donnerstagabend in einer vollen Kirche in Nebringen, zu der auch, ebenso wie zur Musik, die Öschelbronner beigetragen haben. Es war ein Werktagsgottesdienst, deshalb konnte nicht jede/r früh in der Kirche sein. Vor dem Gottesdienst ging es daher musikalisch erst mal mit Orgel und „nur“ einer Flöte los und steigerte sich mit vielen Instrumentalisten bis zur „Gäu-Philharmonie“, wie Apostel Martin Schnaufer nach dem Gottesdienst anmerkte. Er griff zu Beginn das eingangs zitierte, gerade verklungene Lied auf: „`Ich bin hier, Herr. Meinst du mich, Herr?`“. Gott kann auch uns in eine Situation rufen, die wir so nicht erwartet haben. Meinst du jetzt wirklich mich? Plötzlich befindet sich der Mensch an einem Wendepunkt und weiß nicht, was kommt. Aber Gott weiß, dass das, was kommt, zu unserem Besten ist. Schritte in eine unbekannte Zukunft widerstreben dem Menschen. Ihm sind in der Regel eher Beharrungsvermögen und eine gewisse Trägheit zu eigen. Warum was ändern…da bedarf es gelegentlich eines Anstoßes von außen, eines Wachrüttelns, damit sich der Mensch vom Vertrauten zu lösen und über eigene Grenzen zu gehen vermag. Da heißt es, Gott zu vertrauen, denn er weiß, wo wir stehen sollen, wenn sein Sohn kommt. Jesus wusste von Petrus, obwohl er dessen Schwächen kannte, dass er der Richtige sein würde, um die Christen zu führen. Wer hätte deren Verfolger Paulus „auf der Rechnung gehabt“ – und doch war er genau das passende Werkzeug in Gottes Hand.
„Von der Stellung zum Nächsten“ ist das Kapitel im Lukasevangelium überschrieben, dem das im Gottesdienst zu Beginn verlesene Bibelwort entnommen ist (Lk 6, 37 u. 38):
Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.
Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch wieder messen.
M. Schnaufer bezeichnete die Aussage im Evangelium als etwas sehr Grundlegendes: Gnade kann man sich nicht verdienen. Sie ist immer ein Geschenk. Aber wir können uns den Weg dazu verbauen. Wie gehen wir mit unserem Nächsten um? – Mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch wieder messen. Nehmen wir uns Jesus als Vorbild, der niemanden abgewertet hat. Haben wir damit ein Problem? Prüfen wir uns, wie wir es mit der Demut halten. Nicht mit der verbalen, sondern der des Herzens. Mir als schwachem Menschen steht es nicht zu, andere zu bewerten. Und haben wir Gottesfurcht? Denken wir an David. Als er König war, von anderen mit Steinen beworfen wurde, wollte er sich nicht mit Gewalt verteidigen lassen. David konnte hinter dem Angriff Gottes Willen sehen. Der junge König damals hatte Gottesfurcht. Er wusste, dass Gott um das weiß, was ihm geschieht, weil der Herr im Himmel ihm damit etwas sagen wollte. Jesus konnte über anderer Schwächen hinwegsehen, sonst hätte er keinen einzigen Jünger berufen können.
Vergebt, so wird euch vergeben. – Jesus` Gleichnis sich bewusst machen. Nicht nur sieben Mal, nein, sieben mal siebzig Mal vergeben. Soll nicht wörtlich genommen werden, sondern als Hinweis darauf, dass man nie genug vergeben kann. Anders als der Schalksknecht, dem selbst hohe Schulden erlassen worden waren und der seinen eigenen Schuldner wegen viel geringerer gnadenlos verfolgte. Wer hätte das Recht, angesichts eigener Verfehlungen anderen nicht zu vergeben? Gott, der Allmächtige, schenkt dir Gnade und du anderen nicht? Der Respekt vor ihm gebietet, niemanden zu verfolgen. Wie großzügig war Jesus – Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Daran sei erinnert.
Richtet nicht, so werdet ihr nicht gerichtet. Wenn in unserem Herzen Demut und Gottesfurcht sind, verbietet es sich von selbst, andere zu verurteilen.
Gebt, so wird euch gegeben. Wenn wir wissen, dass alle gute Gabe von Gott kommt, dann geben auch wir. Ohne Berechnung, selbst belohnt zu werden, auch wenn in der Bibel von Gottes 30-, 60,- 100-fältigen Segen zu lesen ist. Vielmehr sich bewusst sein: Gott hat mir alles gegeben, deshalb geben auch wir gern dem Nächsten.
Ein volles und gerütteltes Maß gibt Gott – da ist kein Platz für einen Hohlraum, so durchdrungen ist das Evangelium, die Frohe Botschaft, von Friede, Freude und Zukunftsperspektive. Und, auf den folgenden Sonntag eingehend, an dem neuapostolische Christen wie immer am ersten Sonntag im November in Fürbitte der Seelen entschlafener Seelen gedenken, hieß es: Lasst uns ein Zeichen setzen. Wie es im Vaterunser heißt, um Vergebung eigener Schuld bitten, so, wie auch wir vergeben. So das heilige Abendmahl feiern und ein ganz besonderes Erleben verspüren können. Wie schön, wenn dann die letzte Seele dazukommen könnte. Lasst uns betend uns unserer Aufgabe dabei bewusst sein. Aus voller Seele Fürsprecher für andere sein. Barmherzigkeit öffnet eine Tür, bevor jemand anklopft, wurde der vor kurzem verstorbene Bezirksapostel und Kirchenpräsident i. R. der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland, Klaus Saur, zitiert. Im Weiteren wurde besonders betont: Für Fehler kann man zwar um Entschuldigung bitten, aber weder Worte noch Taten werden dadurch ungeschehen.
Bezirksvorsteher Klaus von Bank griff die Überschrift im Lukasevangelium auf: Von der Stellung zum Nächsten. Der Mensch bezieht ständig irgendwo Stellung. Er urteilt und beurteilt. Aber niemand kann uns hindern, dem anderen das zu geben, was wir auch von ihm erwarten. Es ist unsere Sache, Gutes zu tun und Ungutes zu lassen. Des Bruders Bild mild zu sehen, ist eine Herausforderung. Wenn jeder das tut, ist es der richtige Weg, Gottes Herrlichkeit und Vollkommenheit zu erlangen.
Im Gottesdienst wurden einem Erwachsenen und einem ganz kleinen Kind auf dem Arm seiner Mutter das Sakrament der Heiligen Versiegelung durch den Apostel gespendet. Sich dabei ganz Gottes Wesen hingeben im Bewusstsein, er war es, der mich gezogen, auf mich gewartet und mich lieb hat. Dass dieses Kind geboren wurde, war auch kein Zufall. Vielmehr Gottes Wille. Das Kleine, das er den Eltern anvertraut hat, zu deren Freude, aber auch zu ihrer Verantwortung. Es kann keine größere Freude geben, als in diesem Bewusstsein das eigene Leben zu gestalten als Erwachsener. Und mit dieser Einstellung ein Vorbild für das Kind zu sein als Vater und Mutter. Glaubwürdigkeit ist da gefragt. Dabei sich immer bewusst sein zu dürfen: Gott ist da. Gottesfurcht ist der Beginn von Weisheit. Sie lehrt uns, die Dinge so zu sehen, wie Gott es tut. Und auch die Aufgaben zu erkennen und wahrzunehmen, die jeder in der eigenen Gemeinde hat.
Der letzte Wunsch des Apostels an die Eltern nach der Heiligen Versiegelung war der, gute Gedanken haben zu können, wenn der Kleine für schlaflose Nächte sorgt. Erstere sind sicher jedem zu wünschen, egal, weshalb der Schlaf die Augen flieht…