Ein strahlend schöner Spätsommermorgen im Herbst erfreute die Gottesdienstbesucher am vorletzten Sonntag im Monat Oktober.
Wer um die Kirche herum einen Parkplatz suchte, konnte sich mit einem BB-Kennzeichen irgendwie als Minderheit fühlen. Denn Fahrzeuge mit einem RW am Nummernschild standen schon auffallend viele in den Straßen um die Kirche herum. Warum – nun, die Öschelbronner hatten ihre „Partnergemeinde“ Rötenberg/Bezirk Dornhan zum Gottesdienst mit Gästen eingeladen und deren Mitglieder waren zahlreich gekommen. In Öschelbronn gab es einen besonderen Anlass: Die Gemeinde kann im Jahr 2014 auf ihr 90-jähriges Bestehen zurückblicken. Und Partnergemeinde? Nun, man hatte sich bei der Aktion „Schuhkarton“ im Rahmen des Ersten Internationalen Kirchentags 2014 in München beteiligt. Einen Karton für andere gepackt und einen von anderen bekommen. Der Öschelbronner ging in die Gemeinde Ehingen bei Ulm. Die Glaubensgeschwister dort waren zum Gemeindefest im Sommer 2014 eingeladen worden. Die Öschelbronner durften sich am Rötenberger Karton erfreuen und also gab es nun zahlreiche Besucher aus dem Schwarzwald im Gäu. Die erwarteten ein Festzelt auf dem Kirchenparkplatz, eine in den gelb/orange Tönen des Herbstes geschmückte Kirche und offene Herzen der Öschelbronner und Nebringer. Die Mitglieder der Nachbargemeinde sorgten auch mit für eine gut gefüllte Kirche und einen großen gemischten Chor mit sich abwechselnden Dirigenten. Nicht zu vergessen die Instrumentalgruppe, die u. a. den Gemeindegesang begleitete. Gleich zu Beginn des Gottesdienstes ließen sich so ganz fröhlich Lieder singen (neuap. Gb. Nr. 275, Textdichter unbekannt).
Als Bibelwort diente für den Gottesdienst in Öschelbronn noch einmal der Text aus Eph 3, 20 u. 21 (siehe Bericht vom Gottesdienst mit Bischof Georg Kaltschmitt am 15.10.14 in Rottenburg). „Doppelt genäht hält eben besser,“ so K. von Bank zur Auswahl des Textes aus dem Brief des Paulus. Angesichts der „90 Jahre Öschelbronn“ war es dem Bezirksvorsteher schon im Eingangsgebet ein besonderes Anliegen, für den Bestand und die Entwicklung der Gemeinde zu bitten: Es gilt, auf Vorhandenem aufzubauen, Neues zu schaffen und das Alte zu bewahren. Er wäre auch im strömenden Regen gern nach Öschelbronn gefahren, aber so, bei strahlendem Sonnenschein, war es natürlich viel besser, so der Bezirksälteste zu Beginn. 90 Jahre Bestehen einer Kirchengemeinde sind kein Datum für die politische Gemeinde, kein offizielles, das so wichtig ist, dass es in die Ortschronik einginge. Aber Grund genug, es in der Kirchengemeinde und im –bezirk zu feiern, sich zusammen zu finden und ein Jubiläum zu feiern. Es ist schon etwas, dankbar zurückblicken zu können.
König David wusste das wunderschön auszudrücken: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat:…“ (Ps 103,2), gab der Bezirksvorsteher der Jubiläumsgemeinde mit auf den Weg. Die Worte des Psalmisten erinnern an das, was wirklich wichtig ist. Wir vergessen so oft im Alltagsgeschehen mit den damit verbundenen Sorgen auch Dinge, die bleiben sollten. Muss so nicht sein, dass das Vergangene überlagert wird. Wenn man sich eine Chronik, die der Gemeinde Öschelbronn anschaut, dann ist große Dankbarkeit angemessen. Bei der Missionsarbeit in der Ukraine konnte bewusst werden, dass nichts selbstverständlich ist. Kein Chor, keine Orgel…Genau das haben die Vorfahren in Öschelbronn auch erlebt, aber es wurde etwas daraus. Schon 1923, im Jahr vor der Gemeindegründung empfingen 23 Öschelbronner in der Gemeinde Herrenberg das Sakrament der Heiligen Versiegelung. Zahlen, von denen man heute nur träumen kann. Da ist man schon froh über zwei.
Der Bezirksälteste wandte sich der Historie der politischen Gemeinde Öschelbronn zu: Heute reden wir im Bezirk von den Tübinger und den Gäugemeinden. Dabei gehörte auch Öschelbronn vor langer Zeit zum Kloster Tübingen-Bebenhausen wie z. B., am ganz anderen Ende des Schönbuchs gelegen, die Gemeinde Tübingen-Pfrondorf. Es hat schon vor langen Zeiten einmal alles zusammen gehört. So kam auch der erste Vorsteher der Gemeinde Öschelbronn, Johann Georg Gimmel, aus der Gemeinde Tübingen.
Entscheidend ist immer die Antwort auf die Frage, was machen wir aus dem, was vor unserer Zeit schon geschafft wurde. „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.“, wurde J. G. Goethe zitiert. „Was machen wir draus? Wir sind erwählt zu etwas. Diese Aufgabe gilt es anzunehmen. Am Alten festhalten und Neues schaffen,“ sagt uns der Heilige Geist. Dazu gehört neue Erkenntnis im Glauben. Bei den Veränderungen, die sich in meiner Kirche ergeben, glücklicher werden oder nur am Vergangenen hängen? Es bedauern, was vielleicht an nicht so Schönem war, dabei stehen bleiben oder die Gegenwart bewusst wahrnehmen, sie mitgestalten und sich daran freuen können?
Klaus von Bank ging anschließend auf das zu Beginn verlesene Bibelwort ein. Dazu soll an dieser Stelle auf den Bericht zum Gottesdienst mit Bischof Georg Kaltschmitt am 15.10.14 in Rottenburg verwiesen werden. Was nicht heißt, dass insoweit die beiden Gottesdienste inhaltlich identisch waren. Aber hier soll das Gemeindejubiläum im Vordergrund stehen.
Abschließend mahnte der Bezirksvorsteher: „An unserem Glaubensziel festhalten, auch wenn, so ist nun mal die Entwicklung, die `Herden` in den Gemeinden zahlenmäßig schrumpfen. Sich auf die Gemeinschaft in der ewigen Herrlichkeit freuen dürfen, und das gemeinsam. Wir vertrauen auf Gott, jeden Tag aufs Neue, wie auch immer die Zeiten sein mögen.“
Gemeindevorsteher Frank Bitzer war es sichtlich ein Anliegen, alle herzlich willkommen zu heißen. An diesem Sonntag, der lange zuvor geplant worden war. Der 1. Januar 1924, Gründungsdatum der selbstständigen Kirchengemeinde Öschelbronn, das liest sich so einfach, aber einfach war es damals nicht in den 1920er Jahren in Deutschland. Prekäre Verhältnisse und trotzdem wurde die Gemeinde gegründet. Wo stehen wir heute? Was erleben wir heute? Seit 36 Jahren gibt es das jetzige Kirchengebäude in der Vogelsangstraße. Aber wichtiger ist, was die Seelen miteinander erleben. Auf der Basis von heute einen Blick in die Zukunft werfen können. Gott gemeinsam erleben zu dürfen. Denn, wenn er uns etwas schenkt, können wir seine Gaben, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben; auch annehmen. Darauf, was er gibt, auch zukünftig achten und in Freude etwas davon abgeben.
Die Öschelbronner sind eine sangesfreudige Gemeinde. In dem Fall durften sie sich über die zusätzliche Verstärkung aus Nebringen und Rötenberg freuen. Und so erklang mit Orchestereinsatz noch einmal das Lied vom Internationalen Kirchentag in München 2014: Singt ein Lied von Gott (neuap. Chorliederbuch Nr. 344, Text und Melodie Peter Strauch, geb. 1943).
„Gott ist da. Er ist unbegreiflich nah!“
„Hausherr“ Frank Bitzer übernahm nach dem Gottesdienst die Regie. Nein, keine Chronik sollte es werden, versprach er, doch noch mal die Namen aller seiner Vorgänger im Amt des Gemeindevorstehers nennen, das war ihm sichtlich ein Bedürfnis. Eine lange Aufzählung folgte. Danach wünschte er viel Freude in der Gemeinschaft diesen Tag.
Und, s. o. , Musik ist ganz wichtig in Öschelbronn, zwei junge Glaubensschwestern mit ihren Streichinstrumenten und Orgelbegleitung - Text und Musik auch Peter Strauch, Jugendliederbuch Nr.51 - brachten den Wunsch aller Gemeindemitglieder (und sicher auch der Gäste) für die Zukunft auf den Punkt: „Herr, wir bitten: Komm und segne uns,…“
Der Vollständigkeit halber muss es jetzt ganz profan weitergehen mit dem Bericht. Bei immer noch strahlender, wenn auch schon herbstlich tief stehender Sonne gab es draußen auf dem Parkplatz einen Sektempfang. Und in einem mobilen, ehemaligen und jetzt umgewidmeten Müllcontainer- selbstverständlich ein hygienisch einwandfreier, im Inneren zum Grill umgebauter- drehten sich schon seit mindestens zwei Stunden diverse aufgespießte Rollbraten, damit ausreichend fürs leibliche Wohl an diesem Tag gesorgt war. Niemand musste durstig oder hungrig wieder heimfahren, dafür hatten die Gastgeber mit viel Liebe gesorgt.