„Herr, mein Leben, es sei dein…“ (neuap. Gb. Nr. 373, Text Frances Ridley Havergal, 1836 – 1879) Am Samstag zuvor waren es in Freiburg noch Temperaturen von mehr als 30 Grad (im Schatten). In der Nacht folgte eine gewaltige Abkühlung und eher regnerisches Wetter gab es am Sonntagmorgen.
Kein strahlender Sonnenschein empfing die Gäste aus dem Schwäbischen, wohl aber strahlende Gesichter der Freiburger bei der Begrüßung. Die Mehrzahl der Tübinger hatte sich schon früh um 7.30 Uhr mit einem Bus von Herrenberg aus auf den Weg über die A 81 – B 31, zuletzt das Höllental nicht scheuend, ins Dreisamtal begeben. Ein herzlicher Empfang war allen, die kamen, sicher: Jugendliche, ihre Bezirks- und z. T. auch Gemeindevorsteher sowie zahlreiche Amtsträger, die in der Jugendarbeit tätig sind. Vor dem Gottesdienst gab es zum wach Werden nicht nur Kaffee, sondern auch mit wechselndem württembergisch-badischen Dirigat eine gemeinsame Gesangstunde, so, wie sich auch später im Gottesdienst Dirigentin/Schwäbin und Dirigent/Badener, einander abwechselnd, ihre Aufgabe teilten. Das Ergebnis konnte sich sehen, oder besser, hören lassen.
Bezirksältester Karl-Friedrich Braun leitete den Gottesdienst in einer bemerkenswerten Kirche, die weder von außen noch von innen etwas mit der zu tun hat, die es vor dem Umbau in Freiburg in der Seminarstraße gab. Die Kirche war beeindruckend und noch dazu war sie von fleißigen Händen mit wunderschönem Schmuck, Sommerblumen in allen Formen und Farben, liebevoll herausgeputzt worden. K.-F. Braun hieß alle, besonders die von weiter her Angereisten herzlich willkommen. „Tübingen, Freiburg – das Reich Gottes soll mitten unter uns sein.“, erinnerte er noch einmal an das Motto des ersten Internationalen Kirchentags der Neuapostolischen Kirche 2014 in München. Und, um den Nicht-Einheimischen jedwedes Rätselraten zu ersparen, was schon der Fall gewesen war bei Besuchern, für die die Freiburger Kirche neu war, erläuterte der Bezirksvorsteher die Symbolik der auf den ersten Blick als Kletterwand wirken könnenden linken Seite (von hinten gesehen) des Kirchenschiffs. Sie ist ausgestattet mit großen und kleinen, an ihr fixierten, meist blauen, Glasschalen, größeren und kleineren, auf einer weiß gestrichenen Wand. „Es wird das Sternenbild `Kreuz des Südens` dargestellt, das in der Nautik zur Orientierung dient. Eine Hilfe für die Ausrichtung eines Schiffs, die Sicherheit und Geborgenheit gibt“, hieß es.
„Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.“ (1. Petr 5,8)
So lautete das zu Beginn des Gottesdienstes verlesene Bibelwort. „Nüchtern und wachend sein, heißt, es droht eine Gefahr. Christsein bedeutete zu allen Zeiten eine Herausforderung. Es ist und war so, dass Christen in aller Welt verfolgt wurden und werden. Es gibt ihn wirklich, den Teufel und Satan, damals und heute.“, begann K.-F. Braun auf den Bibeltext einzugehen. Damals im Paradies kam der Teufel als Schlange. Was, ihr dürft von allem genießen, nur von dem einen Baum nicht? Da blieb das viele Gute, was es im Paradies gab, auf der Strecke. Der Blick wurde eingeengt auf die einzige Ausnahme. Es war eine Stimme des Bösen, die Folgen hatte, wie wir alle wissen. So findet der Teufel auch heute Wege und Möglichkeiten. Aus seiner Sicht ist es am besten, mit ihm gar nicht zu rechnen, zu denken, ihn gibt es gar nicht. Eine falsche Sicherheit wird da vorgespiegelt. Deshalb heißt es: Nüchtern und wachsam zu sein. Besonnen ins Leben schauen, denn es drohen Gefahren. Nein, der Teufel kommt nicht immer als ein „brüllender Löwe“. Genau darin liegen Brisanz und Gefährlichkeit.
Der Löwe macht nie einen Generalangriff auf eine geschlossene Herde. Er beobachtet, wenn sich ein Tier daraus entfernt, um genau dann zuzuschlagen. Deshalb heißt es, Gemeinschaft zu halten und zu pflegen. Sich nicht irritieren zu lassen und sich nicht daraus zu entfernen. Intoleranz und Vorurteile stören die Gemeinschaft. Jesus als Vorbild nehmen, der sich gerade besonders um die gekümmert hat, die in der Gesellschaft nicht gelitten waren. Ohne Rücksicht auf irgendwelche Konsequenzen. Sich in einer gläubigen Gemeinde geborgen fühlen können, auch wenn es mal Spannungen geben mag. Wir sind alle nur Menschen, das gilt auch für Amtsträger, Jugendleiter u.a. Trennen wir das Göttliche von dem, was durch menschliche Unzulänglichkeit passieren kann.
Satan propagiert „grenzenlose Freiheit“. Die kann es nicht geben, denn die Folge wären Chaos, ein großes Durcheinander, in der Konsequenz der Verlust der Orientierung. Seien wir dankbar, dass wir uns am Evangelium ausrichten. An dem wird sich nie etwas ändern. Halten wir an dem fest, was Gott uns für unser Leben geschenkt hat. Das bringt Früchte.
Klaus von Bank, Leiter des Bezirks Tübingen, freute sich erst einmal, nun in Freiburg sein zu können. Ein neuer, vergrößerter Apostelbereich, dieses „Freiburg/Tübingen“. Vor Monaten hätte vielleicht mancher gesagt, wie soll das denn gehen…jetzt ist es Realität. Und die Freude darüber ist groß, wie sie es immer ist, wenn eine Familie wächst, wie z. B. durch Heirat oder Nachwuchs. Da feiert man ein Fest, weil man sich über die Bereicherung freut. Auf den Teufel, die Schlange oder den „brüllenden Löwen“ eingehend, hieß es, der wisse schon, welche Taktik im Einzelfall angebracht ist, um schaden zu können. In der Gemeinschaft gibt es auch große Vorbilder, das ist ein Segen. Man muss nicht jeden Fehler selbst machen. Und der Gedanke, sich schon am Morgen eines jeden Tags der Fürbitte einer großen Gemeinschaft sicher sein zu können, der bedeutet Freude und Trost. Bei einem verliebten Paar weiß jeder um die Schwächen des anderen und – liebt ihn/sie trotzdem. Niemand ist perfekt. Wenn ich meine Firma, in der ich arbeite, schätze, kündige ich nicht wegen eines Fehlers, der dort immer mal passieren kann. Die Dinge nüchtern, besonnen, im rechten Licht sehen – dieser Rat gilt für jeden bis zum letzten Lebenstag.
Werner Lampprecht, stellvertretender Vorsteher des Bezirks Tübingen wertete diesen Gottesdienst als „Update unseres Virenscanners gegen den Teufel“. Damit wir gerüstet sind, nicht auf etwas hereinzufallen, was gut gemeint wirkt und sich dann als teuflische Sache entpuppt. Gott hat sich zu allen Zeiten Menschen als Werkzeuge genommen. Im vollen Bewusstsein, dass die nun einmal nicht perfekt sind, sein können. Und trotzdem hat Gott sie eingesetzt. Der Teufel nimmt sich auch Menschen, aber mit anderer Zielsetzung: uns zu schaden. Es gibt ihn heute immer noch, und deshalb heißt es, auf der Hut zu sein. Auch innerhalb der Kirche passieren Fehler. Es gilt trotzdem, die Kirche heilig zu halten. Sie ist das Werk Gottes und wird vollendet werden.
Das eingangs zitierte Lied wurde auf der Orgel und dem Klavier zu Beginn der Austeilung des heiligen Abendmahls gespielt. Den musikalischen Abschluss des Gottesdienstes machte der Jugendchor mit Klavierbegleitung:
„Praise the Lord, praise the Lord, let the earth hear his voice!”
(aus “To God be the glory,…”, neuap. Jugendliederbuch Nr. 72, Text Francis Jane Crosby (1820 – 1915)
Bleibt, last, not least, noch zu erwähnen, dass sich die Tübinger im Anschluss an den Gottesdienst von badischer Gastfreundschaft überzeugen konnten: Im Untergeschoss war für Speis und Trank gesorgt worden. Niemand musste hungrig oder durstig die Rückfahrt antreten. Herzlichen Dank dafür an die Freiburger.