Näher, noch näher… Es war in Rottenburg nicht anders als am vorhergehenden Sonntag beim Jugendgottesdienst in Tübingen – zu Beginn des Gottesdienstes sang der gemischte Chor dasselbe Lied (neuap. Chorbuch Nr. 117). Lag sicher nicht daran, dass Arndt Bayer wieder der Chorleiter war und ihm nichts anderes eingefallen wäre.
Vielmehr hatte sich an diesem Wunsch nichts geändert, Jesus nahe zu sein. Warum auch. M. Schnaufer griff das Gesungene auf: „Ich wünsche, dass uns dieser Schritt gelingt, hin zum Altar, hinaus aus dem Alltag und in die Nähe Gottes. In Freude und Schmerz, wie es in dem Lied weiter heißt. Unsere Haltung zu Gott soll sich nicht danach richten, wie es gerade um einen steht. Im Schmerz mag man sogar noch mehr Gottes Nähe suchen, in der Freude besteht die Gefahr der Gleichgültigkeit. Nach einem Gottesdienst anhand dessen Auswirkung sagen können, Gott war da, seine Nähe habe ich spüren können, so soll es sein. Denn in meiner Seele ist jetzt Ordnung und ich habe meine Orientierung wiedergefunden.“
Zum Gottesdienst in Rottenburg waren auch die Glaubensgeschwister aus den Gemeinden Ammerbuch-Pfäffingen, Bondorf und Mötzingen gekommen und fast alle Gemeindevorsteher des Bezirks Tübingen sowie dessen Vorsteher und seine beiden Vertreter.
„Denn er selbst, der Herr wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, wieder auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.“ (1. Thess 4, 16 u. 17)
Auf das zu Beginn verlesene Bibelwort eingehend betonte M. Schnaufer das „gemeinsam Entrücktwerden der Lebenden und der Toten.“ Es ist ein Trost bei jeder Trauerfeier, sagen zu können, so haben wir sie/ihn gekannt und so werden wir uns wiedersehen. Dann ist die Trennung von Zeitlichkeit und Ewigkeit aufgehoben in der Gemeinschaft mit Gott und seinem Sohn. Das ist eine Zukunft, die uns reich macht, auch wenn ein Leid geschieht. Wunderschön kann es sein, von Glaubenserfahrungen zu reden. Aber wichtig ist, zu fragen, wie ist meine Entwicklung hin zur Wiederkunft Christi? Wir sind aus Gottes Geist geboren. Um auf ewig beim Herrn sein zu können. Erfüllt dieser Glaubensinhalt noch meine Seele? Das Ziel unseres Lebens wird leicht von den Anforderungen des Alltags überlagert. Aber der Tag wird ein anderer, wenn ich mir am Morgen bewusst mache: Heute könnte die Wiederkunft Christi sein.
Zum Glauben gehört auch der an die Kirche Christi. Die von Aposteln geführt wird, weil Jesus das so wollte. Er wollte sie als Mittler des Heils. Unseren Glauben macht auch die enge Gemeinschaft mit Jesus im Abendmahl aus. Und nicht zuletzt die Liebe – Tu das, was du tust, in Liebe. Dafür ist Jesus das beste Beispiel und Vorbild. Sich seine Eigenschaften vor Augen halten. Er scheute keinen Tabubruch, wenn er sich den Sündern zuwandte. Sie liebte. Sich von der Sünderin die Füße salben und sie damit ganz eng zu sich herankommen ließ. Den Vorwurf aushaltend, man hätte die Salbe doch verkaufen und den Erlös den Armen geben können. Und damit einen anderen Schwerpunkt setzte, als es der üblichen Gutmeinung entsprochen hätte. Die Zuwendung zu Jesus, das Erleben seiner Nähe kann durch nichts ersetzt werden.
Gelebte Christenliebe ist die Folge der Liebe zu Jesus. Ihn so zu lieben, wie er war, in seiner Demut und Bereitschaft, für andere alles aufzugeben, selbst sein Leben. Der uns zugute hält, was wir für einen seiner Geringsten tun und getan haben, denn das haben wir ihm getan. In seiner Liebe leben und handeln ist das Gebot.
Aber, im Gegensatz zum Sohn Gottes ist der Mensch ein unvollkommenes Wesen und daher auf Gnade angewiesen. Wichtig ist, mit der richtigen inneren Einstellung um diese zu bitten. Will ich wirklich so werden wie Jesus, dann zeige ich Reue und bin selbst auch gnädig anderen gegenüber. Kein Schubladendenken, wer was verdient haben könnte oder nicht. Das ist menschliches Gerechtigkeitsgefühl, das nicht der Gnade Gottes entspricht. Es verändert sich für niemanden etwas zum Schlechteren, wenn andere dasselbe bekommen, obwohl sie, oft auch nur vermeintlich, weniger verdient hätten.
Die göttliche Gnade ist ein großer Trost, gerade wenn es um die Wiederkunft Christi geht. In der Bergpredigt verheißt Jesus den Menschen, vollkommen sein zu können wie ihr Vater im Himmel. Das ist nur mit dessen Gnade möglich.
Mit jedem Tag kommen wir um 24 Stunden dem Tag der Wiederkunft Christi näher. Aber es gilt, der auch innerlich entgegenzuwachsen, damit sie kommen kann. Wie Paulus im Brief an die Thessalonicher schreibt, wird bei der Wiederkunft Christi die Verwandlung der Menschen nicht auf der Erde stattfinden. Gott strebt diese Verwandlung an, auch wenn der Mensch noch nicht vollkommen ist. Dessen Aufgabe ist, daran zu arbeiten, Jesus` Wesen anzunehmen. Wir lassen uns den Glauben an unsere Zukunft nicht nehmen. Ein jetzt schon beruhigender Gedanke: In der Zukunft in Gottes Gemeinschaft sein zu können – und das kann noch heute geschehen!
Walter Huber, Gemeindevorsteher in Pfrondorf, wies auf die Wirkung der Worte Gottes hin, die so sein möge, dass sie tief ins menschliche Herz gehen und der Seele Schwingen verleihen. Dem Menschen das Bewusstsein vermittelnd, zu leben, um den unumkehrbaren Zustand erreichen zu können, auf ewig bei Gott zu sein. Seine Gnade gibt Trost auf dem Weg, lässt das Herz aus dem Alltag herausschauen und macht es still und zufrieden.
Bezirksältester Klaus von Bank ging noch einmal auf die Nähe zu Gott ein, in Freude und Schmerz. Wenn man kraftlos völlig am Boden zerstört ist, Mühe hat, zu leben, dann daran denken, dass viele Gebete dich tragen. Und aus der Freude Kraft nehmen. Immer mit einem geduldigen Herzen schauen, wie wir in die Nähe des himmlischen Vaters kommen können. Auf das Bibelwort eingehend hieß es, es sei das einzige, in dem chronologisch der Ablauf bei der Wiederkunft Christi, diese Zukunft, aufgezeigt wird. Warum gibt es nicht mehr Texte, die davon handeln? K. von Bank verwies auf Jesus, der sagte, er könnte Vieles mehr sagen, aber die Menschen würden es noch nicht ertragen können. Es gilt, das Wirken Gottes in der Gegenwart zu erkennen, wobei das in der Vergangenheit Erlebte ein Reichtum und ein solides Fundament sein kann.
M. Schnaufer ging noch einmal auf das wenige Wissen um die Zukunft ein, die Details, die vielen Fragen, die offen sind. Der liebe Gott wird es schon recht machen, so des Apostels 100%ige Überzeugung. Paulus sprach davon, dass es so sein werde, wie es noch kein menschliches Auge je gesehen habe. Wenn ein ungeborenes Kind seine Mutter fragen würde, wie es auf der Welt zugeht, von der es noch nichts wissen kann – wie sollte sie ihm irgendetwas erklären können, das Wasser, die Luft, Natur, Musik; eine grüne Wiese, einen sommerlichen Waldspaziergang, eine Umarmung … Verlass dich drauf, es wird so sein, dass es alles andere, was du kennst, in den Schatten stellen wird!“
Die musikalische Bestätigung gab es vom Chor, wieder, wie schon gelegentlich beim vorher Gesungenen, am Klavier begleitet von Jan-Thilo Bayer:
„Er kommt, er kommt, der starke Held voll göttlich hoher Macht! Sein Arm erfasst , die er erwählt, und holt sie aus der Nacht.“
(neuap. Chorbuch Nr. 410, Textdichter unbekannt)