Das war der Tenor der Führung im Tübinger Kloster Bebenhausen, deren Teilnehmer – die Organisatorinnen, einige Mütter, ein Großvater, ein Vater und eine große Anzahl Kinder – sich zur Mittagszeit auf dem großen Parkplatz vor den Toren des Klosters eingefunden hatten.
Einen Platz fürs Auto zu finden, war keine Herausforderung gewesen. Das Wetter, na ja. Pünktlich zum Wochenende war ein Superhoch, das für Frühling gesorgt hatte, von einem Tief verdrängt worden, so dass die Besuchermassen, die in Bebenhausen bei schönem Wetter den Schönbuch überströmen, fehlten. Aber es sollte ja eh ins Kloster gehen und da war es sowieso, um das vorwegzunehmen, grottenkalt. Da war dann der Kontrast zwischen draußen und drinnen nicht ganz so schlimm. Der Hinweis bei der Einladung, zur Besichtigung warme Kleidung anzuziehen, hatte schon seine Berechtigung gehabt.
Vom Parkplatz zum Kloster ging es bei leichtem Nieselregen. Ein „Mönch“ empfing die Gruppe, führte sie in einen Raum an der Pforte, wo auf einem Kleiderständer die Kutten hingen. Deren Träger damals mussten zum Teil recht klein gewesen sein, es ging von Größe 145 bis 168. Zum Glück, denn so fanden alle kleineren und größeren Kinder etwas Passendes. Noch ein Foto von allen Mönchen – Sophie, steck das Handy weg – war noch zu hören, denn sonst wäre der Mittelaltereindruck nicht perfekt gewesen, und es konnte losgehen. „Man lernt mit dem Ohr!“ hieß es vom Klosterbewohner. Damit war Stille geboten, denn bei den Zisterziensern, die das Kloster vor mehr als 800 Jahren gebaut hatten, herrschte Redeverbot oder Schweigepflicht, kann man ausdrücken wie man will. Die Jungmönche des 21. Jh. bekamen damit im Lauf der zweistündigen Führung doch so ihre Probleme, und das Handyverbot, na ja, hinter den dicken Mauern gab es ein faktisches, aber sobald man draußen im Klostergarten war…
Zuerst ging es in die Apotheke, den Kräutergarten. Pfefferminze für den Magen und gegen Mundgeruch, Kamille gegen Entzündungen und vieles mehr werden dort angebaut. Ein Schaukasten im Inneren des Gemäuers zeigt die Klosteranlage, wie sie ursprünglich bestanden hatte. Das Dorf drum herum, der heutige Tübinger Ortsteil Bebenhausen, noch keine Spur davon. Man lebte autark, hatte seine eigene Wasserversorgung und sich auch einen kleinen See angelegt. Unter anderem wegen des Fischfangs, denn den Zisterziensern war dunkles Fleisch von vierbeinigen Tieren verboten, da blieben nur die Kiementiere und Geflügel, das man sich hielt. Ackerbau wurde betrieben. Denn Mensch und Tier brauchen Nahrung. Eine Wassermühle gab es, um das Getreide zu mahlen fürs eigene Brot. Bienenkörbe hatte man, denn Wachs wurde gebraucht, um Kerzen ziehen zu können für die Beleuchtung. Eine Backstube und eine Küche gab es. Letztere nur vom Koch zu betreten und vom Papiermacher, der dort seine Produkte trocknete. Dabei war die Küche attraktiv, denn dort war es schön warm, anders als in den übrigen Räumen. Aber ein Mönch hat sich zu kasteien. Es gilt das Gebot „Ora et labora et lege“ – bete, arbeite und lies (das Wort Gottes). So jedenfalls für die „richtigen“ Mönche. Daneben gab es die Laienbrüder, die die notwendige physische Arbeit zu verrichten hatten.
Der Turm des Klosters mit 20 m Höhe über dem Dachfirst des Gebäudes war nach Ordensregeln zu hoch, 6 m wären erlaubt gewesen. Der schlitzohrige Abt Peter, er kam von der Alb, sah nicht ein, den wunderschönen Turm zu entfernen. Konnte er beim besten Willen auch nicht, denn, wie auf einem Wandbild in der Klosterkirche zu sehen ist, hatte er ihn bereits der Gottesmutter Maria verehrt und der den Turm wieder wegnehmen ging nun wirklich nicht. Nach dem frühen Aufstehen um 2.00 Uhr (!) trafen sich die Mönche im Kapitelsaal zum gemeinsamen Gesang und zum Gebet. Wehe dem, der es wagte, da sehr viel oder gar häufiger zu spät zu kommen. Dabei müssen die Mönche eigentlich schon durch eigenes Magenknurren von allein wach geworden sein. Die letzte Mahlzeit am Tag davor gab es bereits um 11 Uhr!
Mit der Reformation konvertierte auch der württembergische Herrscher und ordnete die Säkularisierung des Klosters an, so dass es bis heute nicht mehr als ein solches genutzt wird und ein Museum ist. Das Langhaus wurde entfernt und mit dessen Steinen ein Schloss ausgebaut. Was sich im Nachhinein als nicht so ganz geschickt erwies, denn der Turm verlor den Halt. Bedeutete zwar nicht, dass man das Langhaus wieder errichtete, aber um den Turm herum setzte man, so ist das in Schwaben, da wird gespart, ein paar höhere kleine Gebäudeteile, damit er wieder Halt bekam, was der Klosteranlage ihr heutiges zum Teil recht ungewöhnliches Aussehen gibt.
Wie schon erwähnt, geredet werden durfte nicht, nur im sogenannten Parlatorium, aber auch dessen Benutzung war streng reglementiert. Und wer sich nicht an die Regeln hielt, nun, dafür gab es das Purgatorium, den „Strafraum“. Dort sprach der Abt sein Urteil über die Mönche, die gegen Regeln verstoßen hatten. Das konnte von Zusatzaufgaben bis hin zur körperlichen Züchtigung gehen. Nicht verboten war es, sich durch Zeichensprache zu verständigen. Der „Führungsmönch“ war gern bereit, einen Schnellkurs in Zeichensprache mit den Nachwuchsmönchen zu machen. Bei der folgenden praktischen Anwendung gab es aber doch noch Verständigungsschwierigkeiten, da bedarf es vermutlich längerer Praxis.
Das Dormatorium hoch oben im Dachgeschoss wurde auch in Augenschein genommen. Ursprünglich ein großer Raum, erst später teilte man Zellen ab. Ein Fenster, ein „Bett“ mit Stroh gefüllt, das war es dann schon. Die Jungmönche durften probieren, wie es sich dort so liegt. Insoweit war es vielleicht gar nicht schlecht, dass die Schlafenszeit so kurz war. In einen Teil des Dormatoriums hatte man ein Bad, sogar beheizbar eingebaut, und sonstige sanitäre Anlagen. Daneben zwei Doppelzimmer, die Betten tatsächlich mit blütenweißen Kopfkissen und Zudecken. Hatte den Charme der frühen 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts, aber wirkte nicht gerade mittelalterlich. War es auch nicht. Der württembergische Landtag hatte nach dem Zweiten Weltkrieg bis Anfang der 50er Jahre seinen Sitzungssaal im Kloster von Bebenhausen. Und für Abgeordnete von weiter her hatte man dort diese spartanischen Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen.
Die Führung endete im Refektorium, gleich neben der Küche gelegen. Einst der Speisesaal. Bekannt als das Bebenhauser Sommerrefektorium, in dem heutzutage Konzerte stattfinden. Schon Mitte des 14. Jh. so entstanden und, Abt Peter hatte einen guten Geschmack, mit Säulen ausgestattet, die wie Palmenstämme wirken. Deren „Zweige“ ergeben wunderbare Deckenreliefs. Das Ganze, überhaupt nicht zisterziensisch schlicht, mit „Blütenträumen“ bemalt. So wurde in Verbindung mit vielen hohen bunten Glasfenstern ein luftiges sommerliches Ambiente geschaffen.
Das weitere Nachmittagsprogramm sah „Lkw satt“ in der Tübinger Kirche vor. Eine der Organisatorinnen war zur Vorbereitung schon mal dorthin gefahren. War auch dringend nötig, etwas Warmes zu haben gegen die kalt gewordenen Füße. Der mitgereiste Vater wollte die Vorfreude trüben – für Mönche kein Lkw, da ist das falsche Fleisch drin. Und außerdem – es war inzwischen 15.30 Uhr – da isst ein Mönch nichts mehr, erst wieder am nächsten Tag (Anmerkung des Verfassers). Da war es doch gerade recht, die Mönchskutten wieder ablegen und als ganz normale Kinder ins Dasein des 21. Jh. zurückkehren zu können.
Schöne Idee, dieser Ausflug ins mittelalterliche Klosterleben. Herzlichen Dank an alle, die sich bei Planung und Umsetzung viel Mühe gemacht haben.