Am Sonntagabend waren die Orgelklassen der evangelischen Hochschule für Musik in der Neuapostolischen Kirche Tübingen zu Gast und führten alle achtzehn Leipziger Orgelchoräle von J. S. Bach, mit denen sie sich über das Semester hin beschäftigt hatten, vollständig auf.
Die Dozenten Martin Kaleschke, der bei einigen der Choralbearbeitungen für einen erkrankten Studenten einsprang, und Ingo Bredenbach begleiteten sie. Kantor Ingo Bredenbach bedankte sich zu Beginn für die Möglichkeit, in einem exzellenten Raum an einem exzellenten Instrument exzellente Musik aufführen zu können. Gleichzeitig warb er dafür, die sicher nicht einfach zu hörenden Choralbearbeitungen entspannt auf sich wirken zu lassen, denn das Konzert dauerte beinahe zwei Stunden. Ein sehr informatives Programmheft mit Erklärungen zu jedem einzelnen Stück, mit Text und Melodie jedes Chorals half den Besuchern beim Hören und Verstehen. Die Leipziger Choräle sind groß angelegte Orgelbearbeitungen über bekannte Choralmelodien. Bach feilte und änderte an den in den unterschiedlichsten Formen gehaltenen Werken noch in seinen letzten Lebensjahren.
Auch wenn der Abend ausschließlich aus Orgelmusik bestand, so war er für die ungefähr 70 Zuhörer durch den Wechsel der Organistinnen Regina Böpple, Clara Hahn, Annerose Niedworok und der Organisten Jonathan Hiese, Arno Krokenberger, Markus Piringer, Daniel Tepper und Martin Kaleschke, für den erkrankten Christoph Rothfuß, sowie durch ausgesuchte und klanglich vielfarbige Registrierungen der Orgel spannend und unterhaltsam bis zuletzt. Prächtig war der volle Klang beim ersten Stück, der Fantasie über „Komm, heiliger Geist, Herre Gott“. Danach wurde die Orgel in vielerlei Abstufungen und Klangkombinationen bis hin zum sehr dezenten „Von Gott will ich nicht lassen“ eingesetzt. De n Abschluss bildete der Sterbechoral „Vor deinen Thron tret ich hiermit“, an dem Bach bis kurz vor seinem Tod gearbeitet hatte. Auf die mit fragilem Klang gespielte Solostimme folgte lange Stille, bevor wohlverdienter Applaus aufkam.