„Du Gott der Liebe, so reich an Gnaden…“ (aus Lied Nr. 247, Chorbuch; Textdichter unbekannt), gespielt von Orgel und Flöte, drückte schon vor dem Gottesdienst musikalisch aus, was wohl nicht nur im Herzen der beiden Ehejubilare, Marianne und Walter Köhler, lag.
An einem Sonntagmorgen, der schon äußerlich, nach und nach kam die Sonne heraus, ein besonders strahlender in der kleinen Gemeinde im Gäu wurde. Die Kirche war gut gefüllt. Angehörige, Freunde und Gäste des Jubelpaars sowie Gemeindemitglieder und auch viele ehemalige „Kollegen“ des Priesters im Ruhestand und ihre Frauen waren in den Herrenberger Teilort zum Gottesdienst gekommen, um sich mit den beiden noch recht jungen „diamantenen“ Eheleuten zu freuen. Wer früh zum Gottesdienst kam, konnte einen umsichtigen Gemeindevorsteher beobachten, der mit Sorgfalt und Liebe „seine“ Kirche für den Festtag herrichtete, ganz allein. Hier noch ein zusätzlicher Stuhl, da noch etwas zurechtgerückt, so lange, bis alles perfekt war.
„Wiederum gleicht das Himmelreich einem Netz, das ins Meer geworfen ist und Fische aller Art fängt.“ (Mt 13, 47)
Ein Bild, das nicht zu hundert Prozent übertragbar ist, begann der Leiter des Bezirks Tübingen, Klaus von Bank, das zu Beginn verlesene Bibelwort zu erklären. Schließlich ist ein Netz voll mit allem Möglichem, Wertvollem wie anderem, was gleich wieder fortgeworfen wird. Aber, es geht darum, dieses Netz mit der göttlichen Liebe zu vergleichen, sie uns vor Augen zu halten. Sie „greift“ in die Vielzahl der Menschen und auch da – tritt allerlei zutage. Das ist für Gott kein Problem. Das Netz der Liebe kennt keine Unterschiede. Gottes Liebe auch nicht. Er will, dass allen Menschen geholfen wird. Das machte sein Sohn sichtbar: Der immer wieder Wunder tat. Wasser zu Wein, Tote lebendig…und das drastischste Beispiel, der Verbrecher, der neben Jesus am Kreuz hing, dessen Glauben nur der Gottessohn sah. Das „Netz der Liebe“ spannend verhieß er diesem „bösen“ Menschen das Paradies. Die Samariterin am Brunnen, damals mindestens einer als drittklassig angesehenen Gruppe von Menschen angehörend und durch leichtfertiges Leben galt sie als moralisch zweifelhaft. Jesus war frei von Vorurteilen. „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Die Botschaft ist: Keine Seele muss Angst haben.
Nach Christi Himmelfahrt wurden seine Jünger zu Aposteln. Mit allen Vollmachten: Was Ihr auf Erden los macht, soll es auch im Himmel sein. Die spätere Apostelgeschichte zeigt, dass sie Größeres, Weitergehendes vermochten als es zuvor geschehen war. Ihr Wirken in der damaligen Zeit, die weiten Reisen, von denen berichtet wird. Alles, um das Netz der Liebe auszuspannen. Wie es die Apostel heutiger Zeit weltweit tun, um Seelen fürs Himmelreich zu gewinnen.
Und wie sieht es mit unserem Wirken aus? Wir können helfen, humanitär tätig zu sein. Im täglichen Umfeld hier und da trösten. Ein wachsames Auge im guten Sinne für den Nächsten zu haben. Wenn jeder das an seinem Platz tut – der Bezirksälteste erwähnte die Jugendlichen, die bei der Rottenburger Vesperkirche wieder mitgeholfen haben als Beispiel, dann ist das Netz der Liebe ausgespannt. Vorurteilsfrei anderen begegnen. Es wird immer Menschen geben, die problematisch sind. Die nicht unseren Vorstellungen entsprechen. Trotzdem ist es unsere Aufgabe, allen Jesus nahe zu bringen. Er hat da auch nichts unversucht gelassen. Und versprochen, dass das Himmelreich „mitten unter euch“ ist. „Und dazu soll jeder Zugang haben, das hat die Liebe Gottes so gewollt,“ schloss der Bezirksvorsteher.
Er war nicht allein nach Kuppingen gekommen, sondern zusammen mit seinen beiden Vertretern. Bezirksevangelist Werner Lampprecht schloss in seinem Beitrag zum Gottesdienst an das gerade verklungene vom gemischten Chor gesungene Lied an: „Der Heiland sorgt für dich…“ (Chorbuch Nr. 158, Textdichter unbekannt). Daran glauben, sich darauf verlassen. Auf dieses „Netz“. Schon im Natürlichen kann man sein Netzwerk aus früheren und gegenwärtigen Zeiten, Kommilitonen, Kollegen, Freunden, haben. Und man entscheidet selbst, was daraus werden kann. Vorurteile meiden, den guten Kern in einem Menschen überhaupt erkennen. „Arbeiten wir daran, die Liebe und nicht menschliche Bedenken wirken zu lassen!“
Bezirksevangelist Ulrich Güttler erwies sich als profunder Kenner des Fische Fangens. Ohne, wie er betonte, Anglerlatein von sich geben zu wollen, erinnerte er sich: Er war mit einem Freund zusammen in einem Boot zum Fischfang unterwegs. Ein Fisch ging an die Angel, der zu groß war, um ihn im Kescher unterzubringen. Was tun – ein Wunder geschah, irgendwie verfing sich die Beute außen am Netz und konnte so ins Boot gezogen werden. Was das zeigt? Nun, es ist relativ egal, wie der Mensch ins Netz der göttlichen Liebe hineinkommt und von ihm Gebrauch macht. Das auch göttliches Leben bedeutet. Dieses Netz ist engmaschig und greift nicht nur die „dicken Fische“ ab. „Lasst uns mit diesem Wissen arbeiten, es dient uns zum Leben!“
Nach der Feier des heiligen Abendmahls trat Klaus von Bank zu dem in vorderster Reihe stehenden „diamantenen“ Ehepaar. Schon zu Beginn des Gottesdienstes hatte er die beiden ganz speziell begrüßt. Er habe seinem Ordner mit „Gewesenem“ durchgeschaut und dabei festgestellt, vor 10 Jahren, am 22.Februar 2004, sei doch erst die goldene Hochzeit gewesen… Je älter man wird, umso schneller scheint die Zeit zu vergehen. Aber heute, so der Bezirksvorsteher, gehe es darum, in Dankbarkeit Gott gegenüber im Kreis der Familie und Freunde den Tag freudig zu feiern. Bevor er den Segen zur diamantenen Hochzeit spendete, ging K. von Bank auf den Segen Gottes ein, der mit den beiden die Jahrzehnte hindurch war. Und der sie auch zukünftig begleiten und schützen möge. Das Ehepaar hat Jahrzehnte lang in der Gemeinde Kuppingen segensreich gewirkt. Und der Auftrag im Gemeindeleben hört nicht auf. Immer im Bewusstsein, was ich für andere tue, tue ich damit für mich. „Ruhe, Frieden und Sicherheit, Marianne und Walter, wünsche ich euch.“
„Bewahr auf deinen Wegen mich, Herr, mit starker Hand; gib deinen reichen Segen zu meinem Pilgerstand,…“ (Neuap. Gesangbuch Nr. 315, Text Hermann Ober)
erklang es vom gemischten Chor, bevor Gemeindevorsteher Volker Reutter das Mikrofon übernahm. Er hatte sich auch mit der Historie, der der Gemeinde Kuppingen, beschäftigt und würdigte das Ehepaar als „Pioniere der zweiten Generation“. Mehr als vierzig Jahre als Amtsträger in der Gemeinde tätig, davon vierunddreißig im Priesteramt, das wurde dem Jubilar attestiert. Beide tatkräftig dabei, so lange es ging, bei der Pflege der Außenanlage des Kirchengebäudes. Und die Ehefrau bis heute seit bald siebzig Jahren im Chor als Sängerin mitwirkend. Ein Geschenk gab es auch in Form von drei Flaschen mit vergorenem Traubensaft. Wir sind in Schwaben: „Wenn man sich die gut einteilt, alle vier Monate eine Flasche davon, dann reicht das biblische Getränk für ein Jahr,“ hieß es.
Ein fröhlicher Stehempfang schloss sich an, zumal es noch einen Anlass zum Feiern gab: Einer der früheren Gemeindevorsteher durfte genau an diesem Sonntag seinen Geburtstag feiern.