…vom göttlichen Geheimnis… Dieser Gottesdienst sollte laut Plan von Bischof Georg Kaltschmitt geleitet werden.
Aber, wie K. von Bank zu Beginn sagte, jeder Tag liegt in Gottes Hand. Der Mensch nimmt sich morgens etwas vor und – abends kann es völlig anders aussehen, als er es sich vorgestellt hat. So war es Bischof Georg Kaltschmitt gegangen, der krankheitsbedingt seinen Besuch in der Gäugemeinde hatte kurzfristig absagen müssen. Dennoch, so der Bezirksvorsteher, auch wenn nicht alles wunschgemäß ausfällt, nehmen wir jeden Tag mit Dank aus Gottes Hand. Und gehen mit Liebe ans Werk, griff er das „Motto 2014“ auf, das Stammapostel Jean-Luc Schneider im Gottesdienst am Jahresanfang neuapostolischen Christen für die kommenden Tage mitgegeben hatte. In Nebringen hing vorn am mit Frühlingsblumen liebevoll geschmückten Altar eine Tafel, auf der das Jahresmotto geschrieben war.
Nach Nebringen eingeladen waren die Glaubensgeschwister aus Öschelbronn. Viele Gemeindevorsteher und die beiden stellvertretenden Leiter des Bezirks Tübingen hatten sich eingefunden. Nach und nach waren rechtzeitig bis zum Beginn des Gottesdienstes – an einem Werktagsabend kann nicht jeder früh kommen - auch die Mitglieder eines großen gemischten Chors und des Orchesters eingetroffen. Erst spielte vor dem Gottesdienst die Organistin allein, etwas später hatte sich eine Spielerin dazu eingefunden, also hörte man Orgel und Flöte, und so ging es weiter, bis schließlich die gesamte linke Hälfte des Kirchenschiffs mit Sängern und Instrumentalisten gefüllt war, der Dirigent in der Worte wahrer Bedeutung aus dem Vollen schöpfen konnte. Was er mit sichtlicher Freude auch tat, so dass alle gemeinsam musikalisch Gott „Preis und Anbetung bringen“ konnten. (Nr. 152 neuap. Chorbuch, Text nach Psalmworten). Dieses Lied erklang gleich zu Beginn des Gottesdienstes, andächtig vorgetragen.
„Auch ich, liebe Brüder, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten und hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten.“ (1. Kor 1, 1 u.2)
„Paulus `kam nicht mit Worten und hoher Weisheit´“, ging K. von Bank auf das zu Beginn verlesene Bibelwort ein. „Obgleich er ein gebildeter Mann war. Aber, nach allem, was wir wissen, waren seine Predigten weniger beindruckend und wortgewaltig als seine Briefe.“ Allein wichtig war für ihn Jesus. Obgleich er kein Jünger war, der den Gottessohn zu dessen Lebzeiten gekannt hat. Paulus hatte das Wesentliche erkannt: Jesus war der Erste, der von den Toten wiederauferstanden war.
Das Geheimnis Gottes zu verkünden meint nicht das Evangelium zu lehren. Vielmehr geht es um das, was nicht offenkundig ist und uns aufgeschlossen werden muss. Stammapostel Jean-Luc Schneider hat darauf hingewiesen, dass gerade nicht selbstverständlich und sofort dem Menschen alles klar ist – wäre es so, würde er sich unbedingt danach ausrichten in seinem Handeln. Tut er aber nicht. Es ist wichtig, die Predigt im Gottesdienst gleichsetzen mit dem Wort Gottes, das aus dem Heiligen Geist kommt. Sie ist nicht immer perfekt…und trotzdem. Gott gefällt es wohl, durch törichte Predigt selig zu machen. Er hat bei diesem und jenen Anlass, das lesen wir in der Bibel, Engel zu den Menschen geschickt. Das könnte er auch heute. Tut er nicht, vielmehr ist deren Glaube gefordert. Da kann es geschehen, dass in einem Gottesdienst auch mal eigene, menschliche Gedanken geäußert werden. Wer die richtige Einstellung hat, lässt sich dadurch in seinem Glauben nicht irritieren. Paulus wusste, dass die Apostel nicht von jedem als solche angesehen wurden. Das war ihm nicht wichtig. Entscheidend war der eigene Glaube, um die Apostel als die zu erkennen, die sie waren.
Ein „Geheimnis“ ist auch die Gemeinschaft. Nicht die äußerliche, sondern die geistige. Da geht es um Höheres als um menschliche Dinge. Die mag man kontrovers diskutieren. In der geistigen Gemeinschaft eint ein Ziel und Streben, da können alle eins sein.
Gnade ist auch ein „Geheimnis“. Viele sagen, ich tue mein Bestes und bleiben dabei stehen. Es braucht aber Einsicht und den Willen zur Besse- rung. Um dahin zu kommen, bedarf es des Aufschließens dieses Geheimnisses. Das heilige Abendmahl, Jesus` Fleisch zu essen, klingt kannibalisch. Das muss „aufgeschlossen“, nachgefragt werden. Warum ist es so – Jesus hat es gestiftet. Und es gibt auch Dinge, da gibt es heute noch keine Antwort. Wenn wir alles hinterfragen wollten, wäre es ein Fass ohne Boden.
Ein weiteres „Geheimnis“ ist die Zukunft. Dass Jesus wiederkommen wird. Dessen immer sicher zu sein, ist nicht einfach. Da muss immer wieder der Glaube gestärkt werden.
Das „Geheimnis“ der Zeitverhältnisse – was muss alles durchlebt werden, zum Teil unvorstellbares Leid, ein Grund zum Verzweifeln. Das zu ertragen, braucht Glauben und Erkenntnis: Gott hat es zugelassen und prüft den Menschen darin. Das gilt auch für die mancherorts rückläufige Entwicklung innerhalb der Kirche. Wie kann das sein? Früher hätte man gedacht, da müssen noch viele dazukommen…ein Muss gibt es da nicht.
Noch ein „Geheimnis“ ist die Führung durch den Heiligen Geist, der uns gespendet worden ist. Was kommt alles auf uns zu. Begegnen wir dem immer im Sinn des Heiligen Geistes, lassen wir uns von ihm führen, bitten wir ernsthaft darum. Gott nimmt Werkzeuge, um seinen Willen zu verkünden. Er fordert den Glauben und lässt den Menschen seine Hilfe erleben. Der Glaube mag verloren gehen, aber Gott weist immer wieder den Weg dazu zurück und macht ihn aufs Neue erlebbar.
Evangelist Carsten Dehner, Gemeinde Tübingen, erinnerte an Antoine de Saint-Exupérys „Kleinen Prinzen“. Dem verrät ein Fuchs ein großes Geheimnis: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Die Augen erkennen das Wesentliche nicht. Göttliche Dinge lassen sich nicht mit dem Gehirn ergründen, wohl aber mit Herz und Seele. Jesus sprach oft in Gleichnissen, die er seinen Jüngern auch erläutern musste, weil sie nicht selbsterklärend waren. „Lasst uns mit dem Herzen sehen und so in die göttlichen Geheimnisse hineinkommen!“
Dietmar Marquardt, Gemeindevorsteher in Nufringen, wies auf das große Geheimnis hin, das Gnade heißt, wie es von der Gemeinde später im Bußlied vor dem Vaterunser gesungen wurde (neuap. Gesangbuch Nr. 250, Vers 2, Text Jakob Breiter, 1845 – 1893). Das bedeutet, dass wir demütig, in der Einstellung des Zöllners, nicht in der selbstgerechten des Pharisäers um die Vergebung unserer Sünden bitten, knüpfte K. von Bank später noch einmal an diesen Gedanken an. D. Marquardt erinnerte weiter an das, was Jesus über seine Wiederkunft gesagt hat, auch ein Geheimnis. Dass nicht alle entschlafen und alle verwandelt werden. Darauf leben wir zu, das ist der Mittelpunkt unseres Glaubens.
Der gemischte Chor und das Orchester sorgten für den passenden musikalischen Schlusspunkt: „Herr, Herr, wir danken dir…“ (neuap. Chorbuch Nr. 259, Text nach einem unbekannten Dichter) erklang es und erfüllte den Kirchenraum. In dem Lied heißt es weiter: „Du hast gesegnet, bist uns begegnet…“ – auch ein „Geheimnis“, wie das sein kann.
Und der Bischofsbesuch im Gäu wird so bald als möglich nachgeholt, versprach der Bezirksvorsteher und machte daraus – kein Geheimnis.