„Siehe…“ Es war das erste Mal, dass „der andere“ Bischof in den Bezirk Tübingen kam.
Und zwar der aus dem Bischofsbereich Freiburg, Urs Heiniger. Zum Gottesdienst in die festlich adventlich geschmückte Nufringer Kirche waren auch die Glaubensgeschwister aus den Gemeinden Kuppingen und Gärtringen eingeladen. Bezirksvorsteher Klaus von Bank, seine beiden Vertreter und (fast) alle Gemeindevorsteher des Bezirks Tübingen nahmen auch am Gottesdienst teil.
„Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das,was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk.“ (Jes 65, 18 u.19.)
Der gemischte Chor unter der Leitung von Alexandra Gottschalk unterstrich musikalisch die Aufforderung des Propheten. „Tochter Zion, freue dich…“ erklang es, gesungen von SängerInnen aus allen drei Gemeinden. Der Bischof griff das auf mit der Frage „Freut ihr euch immer, wenn Besuch kommt?“ und erinnerte sich an Kindertage. Damals war nicht jeder angekündigte Besuch für ihn die reine Freude. „Wir heute sollen uns freuen, auf den, der zu uns kommt. Dafür entscheidend ist, zu wissen, wer kommt. Im Gottesdienst kommt, unabhängig von dem der auf dem Altar steht, der himmlische Vater zu uns. Dann ist es wichtig, dass du zu ihm `einen guten Draht´ hast oder ob er für dich ein wenig fremd geworden ist. Jeder in der Gemeinde arbeitet in ihr mit in dem Bewusstsein, nur einer steht in der Mitte: Gott. Kann ich das noch erkennen?“
„Freut euch…“ , sagte damals der Prophet. Auch dann, wenn der Mensch gerade einen herben Verlust erlitten hat? Der vielleicht klagt, weil es schlimm und traurig in ihm aussieht. Aber, es ist nicht die Aufforderung seitens eines Menschen. Vielmehr möchte der himmlische Vater sagen, freu`dich, dass du ein Gotteskind sein darfst. Nicht in der Weise reagieren, dass man sagt, na, der hat gut reden. Bei meinen Problemen sich auch noch freuen? Nein, auch dann einen Draht zum himmlischen Vater haben. Der alles sieht und alles weiß. „Kommt, liebe Gotteskinder, lasst uns als eine Gemeinde ein großes Erlebnis haben!“
Jesaja damals schrieb an das Volk Israel, das zu der Zeit in der Fremde war, in Babylon. Jerusalem war zerstört und niemand konnte sich vorstellen, jemals dorthin wieder zurückzukommen. Manche konnten sich vielleicht am äußeren Prunk Babylons erfreuen. Aber, so der Bischof, freue dich nicht am Irdischen. Freue dich an dem , was der große Gott noch schaffen will. Wenn man sich nur auf das Diesseits kapriziert, fällt es schwer, sich auf das Himmlische zu freuen. Unser Blick soll in die Zukunft gehen. Habe ich den Draht zum himmlischen Vater?
Katastrophen geschehen. Immer drängt sich dabei die Frage auf, ja, wenn es Gott gibt, dann…sagt der Verstand. Aber nur im Glauben kann ich erfahren, dass Gott Trost gibt bei allem, was geschehen kann und könnte. Gott ist Liebe. Das lässt sich nur mit dem Herzen fühlen, nicht mit dem Verstand. Der himmlische Vater möge uns die Augen dafür öffnen, dass wir richtig sehen und seine Macht erkennen können. Er ist gerecht und macht nichts zufällig.
Sehen wir das immer wieder? Sehe ich wirklich, wie er ist oder sehe ich nur meine Probleme? Sehe ich wirklich und habe eine Vorfreude auf jeden Gottesdienst und letztendlich auf das Kommen Jesus`?
Bezirksvorsteher Klaus von Bank griff das Bild vom Draht auf als Sinnbild für die Verbindung zu Gott und damit die Vollendung der Seele. Dazu kommt der „Draht“ unter- und zueinander in der Gemeinde. K. von Bank erinnerte sich an einen Gottesdienst mit Bezirksapostel und Kirchenpräsident Neuapostolische Kirche Süddeutschland i. R., Klaus Saur. Dessen Thema war, darzustellen, was Gotteskinder gemeinsam haben. Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis alles aufgezählt war. Und auch das kann dazu gehören – im Nachbarbezirk Nagold war gerade ein Gemeindevorsteher im Alter von nur 47 Jahren verstorben. Wie mag es dort um das Empfinden der Angehörigen und der Gemeindemitglieder bestellt sein? Bange Frage, denn Freude lässt sich nicht „befehlen“. Aber in der Trauer kann man eine andere Form der Freude empfinden, die der tiefen inneren Sicherheit. Die man nur im Gefühl des geborgen Seins spüren kann. Im Gottesdienst freuen wir uns, Glaubensbrüdern und -schwestern begegnen zu können, sich sicher, wohl und verstanden zu fühlen. Gnade zu bekommen, die in die Freude mündet, von allem Belastenden frei zu sein. Und, auf den Besuch aus dem Alemannischen eingehend, wir freuen uns auf den nächsten Besuch des Bischofs!
Der ging noch einmal auf den „Draht“ zum himmlischen Vater ein. In Trauer, bei Enttäuschungen in der Partnerschaft, Sorgen am und um den Arbeitsplatz nicht nur nach der eigenen Lösung suchen, sondern immer den „Draht nach oben“ im Blick haben. Und, auf eigene Erfahrungen als Amtsträger eingehend, Gott gibt nicht nur eine Aufgabe, sondern auch Brüder und Geschwister, die für mich beten. In der Gebetskraft liegt eine große Macht. Diesen Reichtum dürfen wir miteinander haben. Lasst ihn uns ergreifen. Das Adventslicht des Glaubens an Christi Wiederkunft möge hell leuchten. Die wird keinen Augenblick zu spät sein, eher für manche/n vielleicht zu früh. „Kommt, lasst uns nicht nur in die Ferne schauen. Jetzt kommt er und hält Abendmahl mit dir und mir. Er ist ganz nah und seine Liebe so groß, dass sie alle Sorgen wegnimmt. Das Irdische wird vergehen. Es soll nicht im Vordergrund stehen und uns gefangen nehmen. Im richtigen Sehen liegt die Kraft. Es ist schlimm und kann traurig machen, wenn nicht jedes, das eigentlich dazugehört, auch da ist. Aber sicher ist, der himmlische Vater hält Ausschau nach dem Verlorenen Sohn. Voller Hoffnung, dass er wieder zurück kommt. Wir geben auch in der Gemeinde nicht auf, bis wir das große Weihnachten miteinander feiern können.
Nach dem Gottesdienst mit diesem ersten tief-alemannisch/schwäbischen Zusammenkommen in einer Gemeinde des Bezirks Tübingen ging U. Heiniger auf die (mögliche) Frage ein, ob er sich wohl gefühlt habe. Seine Antwort darauf, man möge auf die Uhr sehen (es war so gegen 10.50 Uhr). Dazu ist anzumerken, dass die „stille Tübinger Bezirkspost“ die Nachricht hatte herumgehen lassen, die Gottesdienste mit dem Bischof aus dem tiefsten Süden der Republik könnten etwas länger dauern. Also waren alle auch darauf vorbereitet. Aber für die Dauer gibt es einen ganz sachlichen Grund – wenn man in Schwyzer Deutsch denkt und alles übersetzen muss, hieß es, das brauche eben Zeit…
Haben wir verstanden. Auch fürs nächste Mal Bischof U. Heiniger ein herzliches Willkommen im Bezirk Tübingen. Dessen Vorsteher schon ausgerechnet hat, dass es bei den vielen Gemeinden im neuen Apostelbereich Freiburg/Tübingen rein statistisch wohl bis zum Sommer 2014 dauern werde. Schade.