„Wohl mir, dass ich Jesum habe…“ ….hatte zu Beginn des Gottesdienstes, an dem die Glaubensgeschwister aus Tübingen, Pfrondorf, Ammerbuch-Pfäffingen, Rottenburg und Jettingen sowie Amtsträger aus dem gesamten Kirchenbezirk, aktiv und im Ruhestand, mit ihren Ehefrauen teilnahmen, der gemischte Chor, begleitet von einem Instrumentalensemble, gesungen.
M. Schnaufer griff das „Wohl mir“ auf. Ein Gefühl, das ausdrückt: Was kann mir eigentlich passieren, und die Möglichkeit gibt, viele Dinge anders zu sehen und anzugehen, als man es sonst tun würde. „…dass ich Jesum habe“: Weil er meine Zukunft und heute meine Sicherheit ist, weil ich weiß, dass er auf alles verzichtet hat, um uns eine ewige Zukunft zu bereiten. Er vertritt uns als Fürsprecher vor dem Thron Gottes. Er macht unser Leben reich. Wohl mir, weil…da gibt es so viele Teilaspekte, diese Aufzählung kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
„Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.“ (Ps 126,6)
„Sie gehen hin und weinen…“ ging der Apostel auf das zu Beginn des Gottesdienstes verlesene Wort aus den Psalmen ein. Es gibt Lebensumstände, die sehr schwer sein können. Man fragt sich, wo soll das enden, die Welt allgemein und meine persönliche? Der Mensch sorgt sich um Dinge, auf die er keinen Einfluss hat. Entscheidend ist, wie man mit diesen Belastungen umgeht. Der Psalmist sagt „trotzdem“ – mit Tränen säen. Trotzdem – in unserer Zeit, vor der Wiederkunft Christi, vor dem Erreichen unseres Glaubensziels den Blick über den Tellerrand gehen lassen, dabei verinnerlichen: Es wird nicht so bleiben. An Jesus denken, der traurig war und weinte. Er hatte es nur gut gemeint und war nicht mit offenen Armen aufgenommen worden. Vielmehr stieß er auf Ablehnung. Sie wollten nicht. Na, das war`s dann wohl? Nein, Jesus blieb nicht dabei stehen. Er ließ sich nicht davon aufhalten.
Der Mensch läuft oft Gefahr, sich als Maß aller Dinge zu nehmen. Er nimmt an, genau über alles Bescheid zu wissen. Ist das wirklich so? Wir wollen nicht die sein, die Jesus` Angebot nicht annehmen. Vielmehr die Zeit nutzen als Reifezeit, in der wir täglich auf die Wiederkunft Christi warten.
Jesus damals fragte, Vater, ist es möglich, dass mir erspart wird, was kommen soll – und fügte sich dann. Nicht sein, sondern Gottes Wille sollte geschehen. Da gab es keine Diskussion, keine Überlegung, ob es nicht doch andere Alternativen geben könnte. Die kirchlichen Glaubenspioniere vor 150 Jahren, die die Neuapostolische Kirche gründeten, haben nur auf das geschaut, was sich ihnen erschlossen hatte, und trotz aller Widerstände „gesät“. M. Schnaufer zitierte den unlängst verstorbenen Kirchenpräsidenten und Stammapostel Richard Fehr: „Wir sind die heutigen Glaubenspioniere, auf die unsere Kinder einmal zurückblicken können sollen als die, die sich nicht haben beirren lassen.“. Jean-Luc Schneider, derzeitiger Stammapostel und Kirchenpräsident, rät, sich nicht entmutigen zu lassen. „Es wird gesehen, wie wir mit unserem Glauben umgehen.“ Und wir glauben, dass Jesus sein Werk vollenden wird, so der Apostel. Vieles benötigt Zeit…ein Olivenbaum z. B., der, so sagt man, 7 Jahre braucht, bis die ersten Früchte geerntet werden können. Und trotzdem wird er gepflanzt. Trotz Widerständen, trotz trüber Aussichten, widriger Umstände sich nicht vom Tun abhalten lassen. So wie Luther es formuliert haben soll, den Apfelbaum pflanzen, auch wenn es aussieht, als ob die Welt morgen untergehen könnte. Daran glauben, dass Gott und sein Sohn gnädig zu den Menschen sind und ihnen ein Morgen bereiten, das alles überstrahlen wird.
Das zu erreichen, setzt Bußfertigkeit voraus. Geh hin und sündige nicht mehr, hieß damals Jesus` Aufforderung. Das bedeutet, den Vorsatz zu haben, etwas zu verändern. Die Vollendung in Christus ist das Ergebnis vieler Veränderungen. Vieles verstehen wir heute noch nicht, denn „Seine Gedanken sind nicht unsere Gedanken“. Lassen wir uns von Gott etwas sagen!
Hirte Klaus Giringer, Vorsteher der Gemeinde Herrenberg, ging noch einmal auf das „Wohl mir, dass ich Jesum habe…“ ein. „Wohl mir, dass ich in kurzer Zeit dreimal aus der Quelle eines Apostelgottesdienstes schöpfen durfte.“ (Der „neue“ Apostel für den Bereich Freiburg/Tübingen leitete an diesem Abend in kurzer Folge zum dritten Mal im Bischofsbereich Tübingen einen Gottesdienst, siehe die beiden vorhergehenden Berichte.) Wohl mir, denn ich darf ein Gotteskind sein. Ich habe eine Zukunft. Ich lasse mir den Glauben nicht nehmen. Ich darf und will glauben, die Hoffnung nicht verlieren, mich „aus dem Staub erheben“ und will bei Gottes Werk bleiben, so der Vorsatz des Hirten und sein Appell an alle.
M. Schnaufer knüpfte daran an. Wenn man die Nachrichten in den Medien verfolgt, es gibt so Vieles, das schlimm aussieht. Das beschäftigt uns, aber soll uns nicht lähmen und blockieren. In Europa, und das betrifft auch die demografische Entwicklung innerhalb der Neuapostolischen Kirche, gibt es immer weniger Kinder und Jugendliche. Das darf nicht dazu führen, weil man den Blick aufs Ganze verloren hat, aufzugeben.
Bischof Georg Kaltschmitt bekam auch gern die Gelegenheit, in „seinem“ Tübingen etwas zum Gottesdienst beizutragen. „Sie gehen hin und weinen und kommen mit Freuden…“, zitierte er noch einmal den Psalmisten. Wie oft kommt man belastet in den Gottesdienst, mit schwerem Herzen. Und dann begegnet uns der Herr in den Worten der Amtsträger. Im Idealfall – geht man wieder mit Freude und in Frieden. Der Bischof empfahl, nicht immer nur das Negative zu sehen. Zu allen Zeiten haben sich die Menschen gefragt, wie mag es wohl mal unseren Kindern gehen und bang in die Zukunft geblickt. „Du darfst schon mal mit Tränen kommen. Aber schau auf das, was Gott für Dich bereit hält. Heute schon und erst recht in der Zukunft, dann hast du allen Grund, mit Freuden nach Haus zu gehen!
M. Schnaufer schloss sich dem an. In seiner Zeit als Bezirksvorsteher vor vielen Jahren hatte er einmal dem damaligen Apostel Michael Ehrich, heute Bezirksapostel und Präsident der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland, sein Leid geklagt angesichts eines nur spärlich besuchten Wochengottesdienstes. „Freu dich über die, die da gewesen sind!“, war die Antwort. Man macht sich manchmal unnötig Sorgen um Dinge, die man nicht ändern kann. Gibt „Vollgas im Leerlauf“, was nur unnötig Energie kostet und nichts bringt. “ Aber, es muss nicht so bleiben, dass man immer wieder über dieselben Dinge stolpert. Lasst uns die Kraft nutzen, die Gott uns schenkt.“, so leitete der Apostel zur Feier des heiligen Abendmahls über.
Das war nicht das einzige Sakrament in diesem Gottesdienst. Ein Elternpaar trat mit seinem kleinen Kind an den Altar. Es sollte das Sakrament der heiligen Versiegelung, den Heiligen Geist gespendet bekommen. „Ihr werdet ein Gotteskind mit nach Haus nehmen.“, so der Apostel in seiner Ansprache an die Eltern. Sein Rat, dem Kind die Sicherheit zu vermitteln, dass es den Herrn auf seiner Seite hat. Ihm die Sehnsucht nach der Gemeinschaft mit Gott mitgeben. Auch, wenn man nie wissen kann, wie sich das Kind entscheiden wird: Nichts ist verloren, wenn die Eltern mit Geduld und Weisheit dem Kind ein Vorbild sind.“ Nicht nur der Apostel hatte sichtlich seine Freude an dem Kleinen, das trotz relativ später Stunde in ungewohnter Umgebung vertrauensvoll und gelassen im Arm seines Vaters lag.
„Befiehl du deine Wege…“
Diesen altvertrauten Choral, Text Paul Gerhardt, der ihn in grausiger Zeit verfasst hat, sang zum Schluss einfach und schlicht vorgetragen und gerade dadurch beeindruckend der gemischte Chor, von den Instrumentalisten begleitet.
Nachtrag: Den Rat des Bischofs aufgreifend, nicht immer nur das Negative zu sehen, zum Schluss noch etwas, was Hoffnung macht, dass es immer weitergehen muss und wird: Zwei Enkeltöchter hatten an diesem Abend durch ihren persönlichen Einsatz nicht zum ersten Mal dafür gesorgt, dass ihre Großeltern bzw. ihre Großmutter, die nicht mehr selbst zum Gottesdienst fahren können und die nicht in Tübingen wohnen, liebevoll dort hin- und von dort auch wieder zurückgefahren und begleitet wurden. Geht doch!