Durch die Umstrukturierungen in der Gebietskirche Süddeutschland ist ein baden-württembergischer Apostelbereich in des Wortes wahrster Bedeutung entstanden: Freiburg/Tübingen. In Herrenberg fand der erste Gottesdienst mit Apostel Martin Schnaufer im (schwäbischen) Bezirk Tübingen statt.
Ein „Drei-Apostel-Jahr“ ging damit zu Ende und gleichzeitig gab es einen Anfang unter neuer Leitung. In der Gäumetropole sorgte ein sanfter Septemberspätsommertag im Herbst fürs angenehme Äußere am frühen Samstagabend, an dem ausnahmsweise der „Sonntagsgottesdienst“ stattfand. Bis auf die Mitglieder der beiden Tübinger Gemeinden waren Glaubensgeschwister aus dem gesamten Bezirk zum Gottesdienst eingeladen und gekommen: Eine volle Kirche sorgte für einen angemessenen Empfang des Apostels.
„Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen.“ Um diesen Text aus dem Brief des Paulus an die Epheser (2, 10) ging es im Gottesdienst. Im Eingangsgebet bat der Apostel darum, dass es gelingen möge, sich vom Alltag ab- und sich Gott zuzuwenden. Der gemischte Chor erleichterte lebhaft, nachdrücklich und mitreißend das Abschalten vom Irdischen und Ausrichten auf das Himmlische: „Jauchzet und singet in dankenden Chören! Großes hat Gott, unser Vater getan!“ (Neuap. Chorliederbuch I, Nr. 225) klang es von der Empore herab. M. Schnaufer griff zu Beginn die „Halleluja-Stimmung“ auf, die der Gesang bereiten kann, nicht ohne die Tage anzusprechen, an denen man weit von jeder Euphorie entfernt sein kann. Große Sorgen, Niederlagen, Begegnungen, die keine Freude machen, und trotzdem: Jeder Tag ist ein von Gott gemachter. Dieses Grundvertrauen, diese Grundstimmung dürfen nicht verloren gehen, damit man, auch wenn man mal nicht in Dur, sondern in Moll gestimmt ist, immer den Weg zum „Halleluja“ wiederfindet.
Auf das Bibelwort eingehend knüpfte M. Schnaufer an die Erwählung des Menschen durch Gott an, von der Paulus zu Beginn des Briefs an die Epheser schreibt und die letztlich nicht zu erklären ist. Jesus damals in Jericho begab sich durch die Menschenmengen, sie ignorierend, hindurch zu Zachäus, den er sich bewusst herausgesucht hatte. Der sollte an diesem Tag die Chance bekommen, ein neues Leben anfangen zu können. Warum gerade er - das ist nicht zu erklären. Die Reaktion darauf sollte aber sein, die Möglichkeit, die einem geboten wird, für sich in Demut und Verantwortung anzunehmen. Wenn Paulus schreibt, „geschaffen zu guten Werken in Christus Jesus“, dann ist das eine Chance. Gott hat den Menschen Jesus und sein Opfer gegeben, er hat ihnen das Evangelium geschenkt – welche Werke folgen daraus? Wenn der Mensch freudig demütig und dankbar Gott gegenüber ist, dann gibt der Mut und Kraft, um seinen Willen umzusetzen. Stammapostel Jean-Luc Schneider hat einmal in einem Jugendgottesdienst appelliert: „Ihr, liebe Jugend, seid verantwortlich dafür, dass man Gottes Werke sieht!“, daran erinnerte M. Schnaufer.
An Pfingsten damals sandte Gott den Menschen den Heiligen Geist, um ihnen die Kraft zu geben, gute Werke schaffen zu können. Welche sind das? Viele Menschen bringen große Opfer für andere und sie werden ihre Belohnung dafür bekommen. Das Evangelium lehrt, nicht wegzuschauen, wenn jemand Hilfe braucht. Ein offenes Herz und eine eben solche Hand spielen bei wahren Christen eine große Rolle.
Gute Werke – Paulus, der Christenverfolger, war sich zu 100 Prozent sicher, dass er die richtige Richtung vertrat. Bis Jesus vor ihn trat. Paulus hatte die Größe, eine Kehrtwende zu machen, das schafft nicht jeder.
Gut gemeint – ist nicht gut gemacht. Ein gutes Werk entspricht dem Willen Gottes. Da hat es so viele Momente in den Gottesdiensten, in denen der Herr Impulse gibt. Hören wir also genau hin. Verstehen kann sie jeder. Grandios, dass eine Lehre so einfach ist, hat J.-L. Schneider einmal gesagt. Jesus wollte Nachfolge. Das bedeutet, sein Wesen sich in uns entwickeln lassen. Dabei freiwillig zu handeln, denn der Gottessohn sprach: „Wer mir nachfolgen will …“. Ja sagen zu dem, was Gott zugelassen hat, auch wenn die Randbedingungen nicht unbedingt zusagen. „Nicht mein, sondern Dein Wille geschehe“, bedeutet, sich selbst zu verleugnen. Ein ganz hoher Anspruch. Sich führen zu lassen, auch wenn Behauptungs- und Durchsetzungsvermögen im Irdischen eine wichtige Rolle spielen. Nicht nur reden, sondern handeln. Der Reiche Jüngling konnte von sich behaupten, alle Gebote gehalten zu haben. Er scheiterte daran, dass er Jesus nicht nachfolgen konnte. Gefordert ist der Indikativ, nicht der Konjunktiv. Sich an Jesus` Vorbild orientieren. Dabei die Sehnsucht nach seiner Wiederkunft zum Wachsen bringen. Erwählt zu werden lag in Gottes Hand. Damit ist es aber nicht getan. Vielmehr braucht es die Nachfolge und das Hochhalten des Glaubens an die Wiederkunft des Sohnes Gottes. Die Gnadentage nutzen bis zum großen Halleluja: Jesus hat sein Werk vollendet und wir das unsere auch!
Bezirksvorsteher Klaus von Bank würdigte in seinem Beitrag zum Gottesdienst das fürsorgliche Mahnen des Apostels, um den ihm Anvertrauten zu helfen und zu dienen. Große Sorgen, existenzielle Nöte können den Menschen beugen. Trotzdem die Nähe Gottes erleben zu können, zu fühlen, nicht allein zu sein, ist ein Geschenk.
Und letztlich der Appell des Bezirksältesten, von ganzem Herzen, mit ganzer Seele für den Herrn das zu tun, was man vermag, um vollenden zu können.
Das hatten zwei, ein Priester und ein Diakon aus der Gemeinde Nufringen, mehr als vierzig Jahre lang getan, die nach der Feier des heiligen Abendmahls von M. Schnaufer in den Ruhestand verabschiedet wurden. Sie waren in einem Schreiben des Nufringer Gemeindevorstehers, das der Apostel auszugsweise verlas, als Amtsträger gewürdigt worden, die mit Leib und Seele bemüht waren, den ihnen Anvertrauten den Zugang zum Herrn zu schaffen und in Demut göttliche Freude zu vermitteln. Mit unermüdlicher Schaffenskraft und freudiger Energie, eigene Belange dabei zurückstellend. Dafür gilt ihnen der Dank ihrer Gemeinde, den der Apostel im Namen aller ausdrückte. Große Blumensträuße gab es auch für beide.
„Das war mein erster Schritt in den Bezirk Tübingen,“ verabschiedete sich M. Schnaufer. „Ich werde wohl wiederkommen!“
Wollen wir stark hoffen.