Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses…“ (Nr. 32, Chorliederbuch I der Neuapostolischen Kirche nach Ps 26,8 und 95,6) sang u. a. der gemischte Chor im Gottesdienst, der unter Leitung von Klaus von Bank, Vorsteher des Kirchenbezirks Tübingen, stattfand.
Obwohl die äußeren Umstände nicht das Entscheidende für die Liebe zum Gotteshaus sind: Die Mötzinger können sich nach Monaten, in denen sie in anderen Gemeinden am Gottesdienst teilgenommen haben, über ein renoviertes, im frischen Ambiente strahlendes Kirchengebäude freuen. Ein Holzfußboden ersetzt den alten Teppichbelag. Die Wände sind alle in Weiß gestrichen, das im Gegensatz zur vorherigen eher düsteren Farbe das in Blau gehaltene Fenster vorn links im Kirchenschiff zum beeindruckenden Strahlen bringt. Eine neue, zwar gebrauchte Orgel, die an diesem Sonntagmorgen zum Leidwesen der Spielerin noch nicht ganz so klang wie sie eigentlich sollte, aber das wird sich richten lassen. Ein in hellem Holz gehaltener, durch seine Schlichtheit beeindruckender Altar, an einem kalten Wintermorgen mit vielen Gefäßen voller Wildtulpen liebevoll geschmückt und Frühlingsahnen vermittelnd. Und statt der vorherigen Kirchenbänke jetzt bequemere Stühle. Das gab ein völlig anderes Bild und Gefühl als in der „alten“ Kirche aus dem Jahr 1955.
Klaus von Bank freute sich, außer den Gemeindemitgliedern viele Gäste, darunter auch den Bürgermeister von Mötzingen, Marcel Hagenlocher, begrüßen zu können. Der Bezirksvorsteher drückte seinen Dank an die beteiligten Handwerker aus. Und den an die Gemeindemitglieder, die durch ihre Spenden die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass die Arbeiten durchgeführt werden konnten.
„Wie köstlich ist deine Güte, Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben! Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom.“
(Ps 36, 8,9)
Zum Bezug einer „neuen“ Kirche bestimmte dieses Wort aus den Psalmen des Königs Davids den Inhalt des Gottesdienstes. Es drückt aus, was mit einem Kirchengebäude verbunden sein sollte – Geborgenheit, Wärme. Die, auch an diesem Sonntagmorgen, mitnichten mit der äußeren zusammenhängt. Es war in der Nacht von Samstag auf Sonntag durch einen technischen Defekt die Heizung in der Kirche ausgefallen und sie konnte erst vor dem Gottesdienstam Sonntagmorgen wieder in Gang gesetzt werden. Herzenswärme ist wichtiger und die brachten die Gottesdienstbesucher mit. (Und die äußere stellte sich auch schnell ein.)
Klaus von Bank sagte, auf den Psalm eingehend: “Das menschliche Leben ist eine unvollkommene Angelegenheit. Deshalb bedarf es der Güte Gottes. Nur mit seiner Gnade und seinem Frieden, nicht dem fragilen der Welt, der zwar etwas Wunderbares ist, so es ihn gibt, hat der Erdenbewohner eine zuverlässige Zuflucht. Und seine Gnade ist wichtig. Schön, wenn wir auch Vergebung von unseren Mitmenschen bekommen, weil wir Fehler eingestehen können, sie uns leid tun und man sie uns verzeiht. Aber darüber steht die göttliche Gnade, die durch Jesus´ Opfertod allen zuteilwerden kann, die bereit sind, sich auf göttliche Vergebung einzulassen. Satt werden – kein Problem in unseren Breiten, weltweit sieht es anders aus. Fürs natürliche Leben braucht der Mensch seine Energiezufuhr. Im Physischen wie im Psychischen – was für eine Kraft hat die Liebe, die man von einem Menschen erfährt. Man kennt sich selbst nicht wieder. Aber seelische Nahrung in schönster Form ist die Liebe Gottes, der seinen Sohn geopfert hat für das Heil der Menschen. Gnade und Hoffnung braucht der Mensch. Gläubige Christen schöpfen diese Hoffnung aus der Gewissheit der Wiederkunft Christi, der verheißen hat, dass er dann die zu sich nehmen will, die an ihn geglaubt haben. Wie würde der Mensch ohne Glauben leben? Er hätte sein natürliches Dasein mit allen Höhen und Tiefen. Aber über allem steht das Ziel christlichen Lebens: Auf ewig bei Gott sein zu können.“
Alies Mack vermochte danach als Gesangssolistin auszudrücken, was Künstler mit Text und Musik versucht haben, zu vermitteln, soweit das menschliches Vorstellungsvermögen überhaupt kann: „O, wie lieblich ist Zion, unsres Gottes Stadt !“ (aus „Wie lieblich ist Zion…, neuap. Chorliederbuch I, Nr. 285).
Der stellvertretende Leiter des Bezirks Tübingen, Werner Lampprecht, der als „Aushilfsvorsteher“ in Mötzingen eine Zeit lang tätig gewesen war, verwies in seinem Beitrag zum Gottesdienst darauf, dass es schon Kindern oft ein Bedürfnis ist, sich spielerisch eine Höhle, eine Zuflucht zu bauen. Dieses zum Menschen gehörende Verlangen kann Gott befriedigen, indem er anbietet: Komm, ich gebe dir Frieden, Gnade – wenn du es willst! „Ich wünsche den Mötzingern Kirchenstühle, die immer alle besetzt sind, weil dort Gottes Nähe erlebt werden kann,“ waren die guten Wünsche des ehemaligen Vorstehers zum Schluss.
Der amtierende, Alexander Schade, verwies auf die Zuverlässigkeit Gottes: „Menschliches kann sich ganz schnell ändern. Gott bleibt wie er ist. Wir sind froh, dass wir hier in Mötzingen diese Stätte der Zuflucht zu ihm haben!“
Was von den Umbaumaßnahmen noch nicht erwähnt wurde: Es gibt nun auch eine Teeküche in der Kirche, u. a. mit einer Geschirrspülmaschine. Da kam gleich der Härtetest. Nachdem durch blitzschnelles Beiseiteräumen der Stühle (wäre mit den alten Bänken nie gegangen) und Heranschaffen von Stehtischen im Kirchenschiff ein Raum zum zwanglosen Gedankenaustausch untereinander geschaffen war, konnte man sich den Köstlichkeiten ausgiebig zuwenden, die von den Gemeindemitgliedern in Hülle und Fülle liebevoll vorbereitet worden waren. Das war auch gut so, denn nach und nach trafen aus den Nachbargemeinden viele Besucher und Gäste ein, die sich zusammen mit den Mötzingern über die Kirche im neuen Erscheinungsbild freuen wollten.