„Der Heiland sorgt für dich…“ (aus dem neuap.
Chorliederbuch I, Nr. 399) sang der gemischte Chor vor dem Beginn des Neujahrsgottesdienstes in Rottenburg, der Gemeinde im Bezirk, die zumindest gefühlsmäßig, ob auch geographisch, stehe dahin, genau zwischen den beiden „großen“ Gemeinden im Bezirk Tübingen liegt. Der, die ihm den Namen gibt und Herrenberg, die Zentralgemeinde im Gäu. Wie im Verlauf des Gottesdienstes mit leichtem Schmunzeln angemerkt wurde, ist Rottenburg in der Auflistung der Tübinger Gemeinden immer die letzte. Aber, zum einen sagt die Bibel, werden die Letzten die Ersten sein, auch das kam zur Sprache, und zum anderen versteht es der fürsorgliche Gemeindevorsteher, Evangelist Lothar Dopf, auch gut, darauf aufzupassen, dass „seine“ Gemeinde stets präsent ist. Und welche/r Jugendliche im Bezirk hat sie nicht kennen gelernt, verbindet nicht die eine oder andere Erinnerung gerade mit diesem 1979 errichteten Kirchengebäude, in dem die Jugendgottesdienste des Bezirks, i. d. R. einmal im Monat, stattfinden. Vielleicht mag dort auch so die eine oder andere „zarte Bande“ für spätere Zeiten geknüpft worden sein…
Die Chronik der Kirchengemeinde, die L. Dopf im Gottesdienst verlas, reichte von Anfängen 1947 über die Gründung der selbstständigen Kirchengemeinde exakt am 1. Januar 1953, wechselnde Lokalitäten für die Gottesdienste, ein eigenes Kirchengebäude 1961 (zuerst ein umgebautes, vorher landwirtschaftlich genutztes Objekt) bis in die heutige Zeit. Namen tauchten auf, solche, die nur den Einheimischen etwas sagen. Und solche, deren Träger lange, z. T. bis heute aktiv, früher in Rottenburg und später auf Bezirksebene seelsorgerisch und/oder im musikalischen Bereich präsent waren und sind. Die „ganz normale Chronik“ einer in den 1950er Jahren entstandenen Kirchengemeinde in Süddeutschland. In dem Fall exakt 90 Jahre nach Gründung der Neuapostolischen Kirche, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen feiert. Einzelne Glaubensgeschwister, die zuvor Kontakt mit der Kirche in anderen Gemeinden bekommen hatten, Mitglieder geworden waren, verschlug es nach Rottenburg. Und, um das biblische Beispiel heranzuziehen, der „Samen“ fiel auf fruchtbaren Boden. Heute sind es 233 Kirchenmitglieder, 206 Erwachsene, 27 Kinder, betreut von 15 Amtsträgern und 6 Lehrkräften. Ein in sich harmonisch und geschlossen wirkender gemischter Chor (37 SängerInnen), von dessen Können die Gottesdienstbesucher auch am Neujahrsmorgen einen Eindruck vermittelt bekamen, sorgt für einen an“sprechenden“ musikalischen Rahmen.
„Ganz normal“ und doch – für den, der persönliche Erinnerungen damit verbindet, an bestimmte Personen, an eigene Erlebnisse in „seiner“ Gemeinde, für den ist dieses 60-jährige Jubiläum etwas ganz Besonderes und das soll und muss gewürdigt werden. Wie konnte das besser geschehen als im Neujahrsgottesdienst 2013.
„So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit“ (Eph 6,14)
So lautete das Bibelwort, dass Ulrich Güttler, Bezirksevangelist und stellvertretender Leiter des Bezirks Tübingen, zu Beginn des Gottesdienstes verlesen hatte. Nachdem die Chronik der Gemeinde von deren Vorsteher vorgetragen und das Gemeindejubiläum gewürdigt worden war, ging es um den Text aus dem Schreiben des Paulus` an die Epheser. „Er beschreibt eine `Bewaffnung` im Geistigen. Der Kampf gegen das Böse wird auch im Jahr 2013 für alle präsent sein.“, begann U. Güttler. Es ist der Kampf gegen die Sünde. Suchen wir dazu Gottes Hilfe und wir werden sie bekommen. Es sind Auseinandersetzungen, die sich oft nur im Inneren eines Menschen abspielen. Beides – das Gute wie auch das Böse – versucht, Wirkung zu entfalten. Aber es gibt den „Gürtel der Wahrheit“. Das ist Jesus. So, wie seinerzeit ein Gürtel die Kleidung zusammenhielt, lasst uns, mit Jesus gerüstet und stark gemacht, die Auseinandersetzung zwischen gut und böse aufnehmen. „Panzer der Gerechtigkeit“ – er soll uns schützen vor menschlicher Ungerechtigkeit, die nicht ausbleibt. Sie soll und kann uns nicht verletzen, denn über allem steht als Schutz die göttliche Gerechtigkeit. „Das Ungerechte soll uns nicht von Gott wegführen. Er hat alles im Blick und wird auch das regeln.“, so U. Güttler. „So steht nun fest“ – fest auf dem Grund des Evangeliums. Das bedeutet, festhalten am Glauben, im Einssein mit unseren Vorangängern, in der Liebe zum Nächsten und zu Gott. An der Hoffnung auf die Wiederkunft Jesu.
„In dieser Weise lasst uns das neue Jahr gestalten,“ ermunterte der Bezirksevangelist. „David stand Gott in dessen scheinbar aussichtslosem Kampf bei. Er wird auch uns helfen, zu gewinnen. Mein Wunsch für die Gemeinde Rottenburg zum Neujahr und zum Gemeindejubiläum lautet: Freude, Segen und Gotterleben.“
Lothar Dopf verwies in seinem Beitrag zum Gottesdienst auf ein weißes, unbeschriebenes Blatt, mit dem oft das ganz junge, unverbrauchte Jahr verglichen wird. Es könnte sich dennoch bei genauem Hinschauen ein schwarzer Punkt darauf befinden von etwas, das aus dem vergangenen Jahr stammt und „abgefärbt“ hat. „Nicht immer wieder darauf sehen. Vielmehr nur am Alten festhalten, soweit es gut war. Und zu jeder Stunde Neues bauen. Alle zusammen, im Segen und in der Freude miteinander. Dann ist auch schnell der übrig gebliebene kleine schwarze Punkt beseitigt. Gemeinsam wollen und werden wir das schaffen!“
Der Chor hatte zu Beginn des Gottesdienstes die eingangs zitierte tröstliche Zusage gemacht. Der musikalische Schlussbeitrag ergänzte sie mit dem Wunsch für die „über die Erde wandelnde heilige Schar“ (Neuap. Chorliederbuch I, Nr. 275), der nicht nur für Jubiläumsgemeinden zum neuen Jahr gilt:
„Ach, dass sie (die Schar) für immer festhielt ihre Krone!“