…Macht hoch die Tür, die Tor`macht weit;…“ Diesen Text des altvertrauten Kirchenlieds (Neuap. Gb. Nr.1, Text Georg Weissel, 1590 – 1635) hatten vier Kirchengemeinden im Bezirk Tübingen sehr wörtlich genommen und zum ersten Sonntagsgottesdienst im Advent 2012 Freunde und Gäste eingeladen, wobei die Gemeinde Nufringen neben anderen rund 60 ganz besondere Gäste in ihren Reihen haben durfte: Die musikalische Umrahmung des Gottesdienstes übernahm unter Leitung seiner Dirigentin Christiane Holzenbecher der gemischte Chor des Nufringer Gesangvereins, TonAb.
Die SängerInnen füllten fast eine gesamte Hälfte des Kirchenschiffs, aber der Raum war gut genutzt…
„Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der Herr…“ (Sach 2, 14,15), lautete die Verheißung des Propheten im Alten Testament, die den Inhalt des Gottesdienstes unter Leitung von Klaus von Bank, Leiter des Bezirks Tübingen, bestimmte. Freudig und beschwingt gab es gleich zu Beginn, von TonAb vorgetragen, das Adventslied (s. o.), in dem vom Trost in Not und Tod, „mein Tröster früh und spat“, Jesus Christus, der freudig erwartet wird, gesungen wird. Wie schon im Gebet zu Beginn des Gottesdienstes ging K. von Bank auf das gerade aktuelle, erschütternde Geschehen im Südwesten Deutschlands ein: In einer Behindertenwerkstatt waren durch eine Brandkatastrophe 13 dort Tätige und eine Betreuerin ums Leben gekommen. Viele Menschen, die vom Schicksal ohnehin nicht gerade begünstigt waren und den besonderen Schutz der Gesellschaft brauchen. „Es gibt Situationen, Schicksale, da ist keine Freude. Darunter auch Vieles, was nicht in den Medien erscheint. Und dennoch, was bleibt uns…Petrus seinerzeit hat gesagt, wo sollen wir hingehen, wo soll der Mensch Trost finden, und es gab die Antwort `Du allein hast Worte des ewigen Lebens.` Und im für jeden risikobehafteten Alltag kann es nur um eine Sekunde gehen, in der man versagt und andere kommen zu Schaden. Unsere Trauer soll den Opfern gelten, und wenn ein persönliches Versagen für etwas ursächlich ist, dann braucht es viel Kraft, mit der eigenen Schuld umgehen zu können, da ist man ganz besonders auf die Gnade Gottes und die der Mitmenschen angewiesen.“
Es war ein klassisches Adventswort, das dem Gottesdienst zugrunde lag. In einer Zeit formuliert, in der der Tempel, das Heiligtum, dem Erdboden gleichgemacht worden war. Und nun spricht der Herr durch den Propheten: „Ich will bei euch wieder einen Tempel bauen, es wird wieder einen Tempel geben. Gleichzeitig war es ein Hinweis auf Jesus. Er, der Gottessohn ist es, der bei den Menschen wohnen will. „Und, als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn und wir sahen seine Herrlichkeit.“, zitierte Klaus von Bank den Bibeltext. „Da mag mancher Christ heute sagen, ach wenn ich das miterlebt hätte, da hätte ich leicht glauben können. Ist so aber nicht richtig, denn in dem Nazarener Gottes Sohn erkennen? Es war auch damals eine kleine Schar. Gott hat zu allen Zeiten Glauben von den Menschen gefordert. Der eine weiß zu wenig, der andere zu viel, um glauben zu können. Aber, jedem, der glauben will, ist es auch möglich. Das Ziel ist, ich will bei Gott sein, er wird bei uns sein. Mit dem Verstand nicht zu fassen. Aber jeder, der mit wachen Augen und bereitem Herzen sein Leben lebt, wird in vielen kleinen Dingen sehen, dass Gott da seine Hand im Spiel gehabt, für Schutz gesorgt hat. Und wenn es schon im Kleinen so ist, dann gewiss auch im Großen.“, schloss der Bezirksvorsteher.
Begeisternd griff TonAb musikalisch den Gedanken auf „Freut euch, freut euch, Groß und Klein, selig, selig sollt ihr sein“ (engl. Originaltext Charles Wesley, 1739, vertont von F. Mendelssohn-Bartholdy, 1809 – 1847). „Lebendig und inbrünstig vorgetragen, wie Ulrich Güttler, stellvertretender Leiter des Bezirks Tübingen, in seinem Beitrag zum Gottesdienst, sichtlich beeindruckt, anmerkte. „Dass Gott bei uns wohnen kann – funktioniert nur, wenn unser geistiges Zuhause bei ihm ist. Gott bietet seine Nähe an und wir müssen die Tore weit machen. Ein Zuhause, von Nächstenliebe geprägt und mit einem Gebetsleben. Jesus kommt wieder, so sollte die innere Geisteshaltung eines Christen sein, der entsprechend er sein Leben gestaltet. Ich wünsche mir, dass dieser Advent in diesem Licht steht.“
Gemeindevorsteher Dietmar Marquardt ergänzte: „ Ich freue mich über diese heutige Festgemeinde, in der viel Freude vom Gesang auf jede/n eingewirkt hat. Freude ist ansteckend. Sie braucht Nähe, damit wie bei einer Kerze das Feuer überspringen kann. Was ihr uns gesungen habt, war Freude pur und die hat uns angesteckt.“
Es gab einen entsprechenden musikalischen Schlusspunkt von TonAb, der so, wie er vorgetragen wurde, in anderem Ambiente die Zuhörer hätte von den Sitzen reißen können:
„Hört, es klingt vom Himmelszelt
Das Lied der Christenheit,
das Lied vom Frieden auf der Welt,
denn es ist Weihnachtszeit…“
(Verfasser unbekannt)
Auch in einem Kirchengebäude waren Standing ovations der mindeste Lohn für die SängerInnen. „Für uns war es eine riesengroße Freude, herzlichen Dank. Und die Sonne ist auch noch herausgekommen. Bis auf ein Wiedersehen!“ drückte K. von Bank das Empfinden aller aus. Na ja, und fürs leibliche Wohl aller war anschließend auch noch von den gastfreundlichen Nufringern gesorgt worden.
Als der Chronist nach Hause fuhr, spielte man im Radio den „Gesang der seligen Geister“ (C. W. Gluck), auch wunderschön. Aber der Geister bedarf es nicht unbedingt. Engagierte, gesangstüchtige und probenwillige Menschen, die mit Leib und Seele beim Singen dabei sind, reichen schon aus…