„ von der Freiheit…“ Dem Gottesdienst lag der Text aus Joh 8, 36 zugrunde: „Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.
“ Das Kapitel im Evangelium des Johannes ist überschrieben: „Die wahre Freiheit“…ein Thema, das die Menschheit seit Alters her beschäftigt, Philosophen, Theologen, Psychologen…Was also ist sie, die „wahre Freiheit“? W. Bott griff zu Beginn des Gottesdienstes diese uralte Frage auf: „Haben wir uneingeschränkte Freiheit in allen Dingen – oder gibt es Grenzen?“ Mal ganz abgesehen von denen, die sich daraus ergeben, dass auch die Freiheit der Mitmenschen zu respektieren ist. Der Apostel zitierte J. W. von Goethe: „…das Muß ist hart, aber beim Muß kann der Mensch allein zeigen, wies inwendig mit ihm steht. Willkürlich leben kann jeder.“
W. Bott formulierte zunächst das Ziel neuapostolischen christlichen Glaubens: Am Tag des Herrn „dabei zu sein“, bei denen, die auf ewig bei Gott sind. Um dieses Ziels willen „muss“ der Mensch Manches tun und anderes unterlassen. Es folgten Beispiele: Schon im Paradies gab es nicht die absolute Freiheit. Waren es Neid, Neugier oder anderes, die die ersten Menschen dazu verleiteten, die verbotenen Früchte zu genießen? Keiner bilde sich heute ein, er hätte der Versuchung damals widerstanden. Auf jeden Fall – mit der Verlockung, du bist ja nicht wirklich ganz frei, schafft es zu allen Zeiten der Böse, dass sich der Mensch in ein Abhängigkeitsverhältnis zu ihm begibt. Kain hegte Zorn gegenüber seinem Bruder. Gott hatte davor gewarnt, vergeblich: Der Zorn führte zum Brudermord, machte den Täter unfrei. Der reiche Jüngling, der letztlich Sklave seines Besitztums war. Er musste traurig gehen, weil er sich davon nicht trennen konnte. Der Pharisäer, der trotz strikter Gesetzestreue Opfer seiner Überheblichkeit und Selbstgerechtigkeit wurde. Im Gegensatz zu dem von ihm verachteten Zöllner, der für sich als Sünder um Gottes Gnade bat. Hiob, der Zwänge und Not erleben musste, dann aber doch seinen Glauben über alles zu setzen imstande war. Die ersten Apostel hatten sich vor dem Hohen Rat, der für Jesus` Verurteilung zum Tod verantwortlich gewesen war, zu verteidigen. Sie wurden bestraft, gegeißelt und…gingen fröhlich weiter, sie konnten nicht schweigen. Das war trotz aller äußeren Zwänge ihre Freiheit.
„Wie kommt man zur wahren Freiheit?“ W. Bott verwies auf Joh 8, 31 u. 32: „Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Des Wortes Wahrheit, die Feier des heiligen Abendmahls – Jesus in uns und wir in ihm, das macht frei. Wenn man Gottes Geist regieren, ihn das eigene Handeln bestimmen lässt, dann macht das frei. Mit der Sündenvergebung die Freiheit von der Last der Vergangenheit erleben und für die Zukunft das Böse mit dem Guten überwinden. Nicht nur mit ersterer Gnade erleben, sondern dies dazu nutzen, so zu werden wie Christus, um zur wahren Freiheit zu kommen.
Der Gemeindevorsteher von Herrenberg, Hirte Klaus Giringer, ging im Gottesdienst auch noch einmal auf das „Muss“ ein: „Sicher ist nur, dass der Mensch sterben ´muss`. Alles andere liegt in seiner eigenen Entscheidung. Wenn unser Ziel ist, bei unserem himmlischen Vater zu sein, dann erleben wir die Freiheit in Gott. Wir wollen uns in seine Hand, seine Gnade begeben, um auf ewig bei ihm sein zu können.“
Vier Kindern wurde durch den Apostel der Heilige Geist gespendet. „Nach der heiligen Wassertaufe, dem ersten Heilsversprechen an den Menschen, bedeutet die Heilige Versiegelung den ewigen Bund mit Gott“, so Wolfgang Bott.
Nach der Austeilung des heiligen Abendmahls kam dem Apostel keine ganz leichte Aufgabe zu: Er musste drei Priester in den Ruhestand verabschieden, zwei aus Altersgründen und einen aus gesundheitlichen. Die Gemeinden Jettingen, Herrenberg und Nebringen müssen nun jeweils auf einen ihrer aktiven Priester verzichten, aber diese werden sicher dem Wunsch des Apostels gerecht werden, auch zukünftig in ihren Kirchengemeinden alles, was sie können, einzubringen und das zu tun, wozu kein priesterliches Amt notwendig ist. Alle drei, so W. Bott, wurden von ihren jeweiligen Vorstehern „bestens beurteilt“. Jeder nach seinen Fähigkeiten, der eine lange Jahre als Sonntagsschullehrer, als Verfasser der Gemeindechronik, der andere als Jugendleiter, Fremdsprachenbeauftragter und Betreuer von betagten Glaubensgeschwistern tätig, um nur ein paar besondere Funktionen der drei zu nennen. Sie alle hilfsbereite und freudige Mitarbeiter, eben „gute Geister, die alles geben, was sie haben, nämlich das Beste. Einen gesegneten, schönen Ruhestand“ wünschte ihnen der Apostel.
Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst von einem großen gemischten Chor, der sich zusammensetzte aus Mitgliedern aller zum Gottesdienst eingeladenen Gemeinden aus dem Bezirk Tübingen, geografisch gesehen von Rottenburg bis Gärtringen. Auch dieses Mal wieder unter der trotz des jugendlichen Alters der Dirigentin schon bewährten, in Liedauswahl und Dirigat kompetenten Leitung von Julia Haß.