„May the dear Lord bless you…” Das Eingangszitat entstammt einer Strophe des an diesem Sonntag nach dem Gottesdienst von allen mit viel Freude gesungenen „deutschen“ Geburtstagsständchens „Happy birthday to you…“. G. Kaltschmitt war es ein großes Anliegen, das war deutlich zu spüren, damit einem ganz besonderen Geburtstagskind zu gratulieren, das auch nach Rottenburg gekommen war.
Aber, der Reihe nach:
Ein Apriltag zum Gruseln, was das Wetter anbelangte, aber trotzdem waren viele Jugendliche der Einladung ihres Chorleiters zur Ansingprobe schon um 8.45 Uhr gefolgt. Ein Novum, dieses Üben vor dem Gottesdienst am Sonntag und nicht am Freitagabend davor. Und tatsächlich, mit geringfügiger Verspätung von 10 Minuten ging es auch schon los. Der Dirigent war vom Ergebnis des Probens so beeindruckt, dass er vorschlug, zukünftig vielleicht schon nach dem morgendlichen Joggen um 7 Uhr von 8.00 bis 9.00 Uhr eine Chorprobe vor dem Jugendgottesdienst einzulegen??? Die Resonanz blieb verhalten.
„Denn wenn wir mit ihm verbunden und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir mit ihm auch in der Auferstehung gleich sein.“ (Röm 6,5) lautete das zur nachösterlichen Zeit passende Textwort.
Es war ein Gottesdienst mit und für Jugendliche. Deshalb war es dem Bischof ein besonderes Anliegen, sich schon im Eingangsgebet zu wünschen, dass Schule, Ausbildung, Arbeit, Partnersuche und -wahl sowie alles andere, was den Menschen gerade in diesen Lebensjahren beschäftigt und vereinnahmen kann, nicht dazu führen mögen, dass er dadurch zu einem fremdbestimmten wird.
Auf die besondere Zeit im Kirchenjahr eingehend hieß es zu Beginn: „Ostern ist das tollste Fest, das uns am zwingendsten nach oben zieht!“ Der Gottesdienst gab die Erklärung:
Ostern – das Fest der Auferstehung Jesus` ist Kernpunkt christlichen Lebens und Glaubens. Wie im Brief an die Thessalonicher geschrieben, werden bei der Wiederkunft Christi zuerst die Toten, die in ihm gestorben sind, auferstehen, dann die Lebenden. Das ist das große Geschehen der Ersten Auferstehung, der Sieg des Geistigen über das Irdische. So wie beim Ostergeschehen vor rd. 2000 Jahren, als nichts mehr war wie vorher. Die Frauen, die Jesus` Leichnam salben wollten, fanden ein leeres Grab. Der schwere Stein davor fehlte, die Wachen lagen da wie tot, alles, was vorher von Menschen gedacht und geplant worden war, war zur Farce geworden. Das Geistige hatte gesiegt, ohne sich auch nur im Geringsten an die Gesetze des Irdischen zu halten. Auch unsere Auferstehung, wie in der Bibel vorhergesagt, ist in irdischen Gesetzmäßigkeiten nicht vorstellbar. Es gelten nur die Gesetze des Geistes.
Damit wurde und wird auch das Vergangene völlig unbedeutend. Jesus damals verlor keinen Satz über seine Leiden, zeigte seine Nägelmale nur, um Zweifel auszuräumen. Auch für uns heute wird die Vergangenheit dann keine Rolle mehr spielen. Das, worüber man nicht so glücklich war, womit man sich geplagt hat, womit man hadert. Das gilt auch für die Dinge, die man vielleicht falsch gemacht hat. Jesus damals hielt sich nicht damit auf, dass ihn die Emmausjünger nicht sogleich erkannten, dass gezweifelt wurde, ob er der Auferstandene war, auch wenn er den Unglauben seiner Jünger schalt. Er blickte nach vorn, schickte sie aus in alle Welt, um das Evangelium zu verkünden.
„Friede sei mit euch“, lautete sein Wunsch für die Seinen als Auferstandener. Friede, innere Ruhe haben, nichts befürchten müssen, was einen verletzen könnte. Das Gegenteil von Streit. Ich darf jetzt in Gott sein, Gottes Friede regiert.
So viel zum zweiten Teil des Textworts „mit ihm auch in der Auferstehung gleich sein“ . Und zum ersten Teil, der Prämisse für den zweiten „mit ihm verbunden und ihm gleich geworden“ :
Im Urtext dazu heißt es, wenn ihr mit ihm zusammengewachsen seid in den Sakramenten, dann, so der Bischof, wächst er, Christus, uns entgegen. Was bedeutet das? Im Garten Gethsemane rang Jesus mit seinem Vater, aber letztlich…nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Es mal nehmen wie es ist, nicht mit seinem Schicksal hadern. Im Verhör und bei seiner Verurteilung hat der Sohn Gottes souverän geantwortet, zu vielen Lügen und Ungerechtigkeiten geschwiegen. Der Mensch verliert dagegen oft schnell die Contenance – eine große Aufgabe, Selbstbeherrschung. Oft ist es schwierig, den göttlichen Willen überhaupt zu erkennen. Als Jesus mit Waffengewalt verhaftet wurde, wusste er um die Macht seines Vaters, der ihm Legionen von Engeln hätte schicken können. Er bat nicht darum, denn das hätte nicht dem Willen Gottes entsprochen. Wie erkennen wir den? Nicht einfach, also müssen wir darum beten. Unsere Zugehörigkeit bekennen – wie Jesus, der auf die Frage, ob er der Sohn Gottes sei, auch „keine Kurven flog“. Er antwortete wahrheitsgemäß, obgleich er wusste, dass ihm das als Gotteslästerei ausgelegt werden würde. Zum Christsein gehört auch die Zuwendung zum anderen. Selbst am Kreuz in Todesangst war Jesus der Schächer am Kreuz nicht gleichgültig. So, wie Christus dafür sorgte, dass Maria und Johannes, sein Jünger, nicht allein zurückblieben, sondern sich trösten konnten, weil er ihnen ein „Zuhause“ miteinander gab.
Der Leiter des Bezirks Tübingen, Klaus von Bank, knüpfte in seinem Beitrag noch einmal an das „grandiose“ Fest, Ostern, an. Bei der Missionsarbeit vor 20 Jahren in der Ukraine war er beeindruckt von der Freude und Intensität, mit der orthodoxe Christen dieses feiern. Und, auf das „Hineinwachsen“ eingehend, sprach der Bezirksvorsteher aus eigener langjähriger Erfahrung: “Das ist ein Prozess, der Pflege braucht. Dabei Dinge zurücklassen, die dem im Wege stehen, macht nicht traurig. Vielmehr leben wir freudig und trotzdem warten wir dabei auf den Herrn.“
G. Kaltschmitt erwähnte anschließend noch einmal besonders das Alter der Anwesenden. „Das, was sich in der Herrlichkeit öffnen wird, stellt alles in den Schatten, was gerade Jugendliche so auf der Agenda haben. Gott ist weise von alters her und so jung oder alt, wie du es bist, das wird die Auferstehung aufschließen.“
Bei der Überleitung zur Feier des heiligen Abendmahls sprach der Bischof noch einen Punkt des Zusammenwachsens mit Jesus an, den er bewusst zurückgestellt hatte: Vergebung. „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Der Gottessohn sah nicht die Tat seiner Feinde, sondern schaute dahinter: Sie haben mich und meinen Auftrag nicht kapiert, nicht gesehen, dass ich keine politischen Ziele verfolge. Also, nicht gleich auf die Palme gehen, wenn man Anstoß nehmen könnte. Wie oft kennt man den Hintergrund nicht, der zu einer Aussage, einem Verhalten führt.
Zum Schluss folgte nach dem Gottesdienst ein Geburtstagsständchen, aber das, s. o., hatten wir schon…